Sonntag, 20. Juni 2021

Toulouse gegen La Rochelle

Im französischen Rugby-Endspiel 2021

Titelverteidiger Stade Toulousain und Stade Rochellais-Atlantique bestreiten am Freitag (25. Juni) um 20.45 Uhr im Stade de France in St. Denis das Endspiel der französischen Rugby-Meisterschaft. Toulouse möchte seinen 21. Meistertitel gewinnen, La Rochelle steht erstmals im Finale. Toulouse hatte in der Top 14-Liga mit 81 Punkten Platz eins belegt, La Rochelle mit 78 Zählern Platz zwei. Toulouse hat den europäischen Champions Cup am 22. Mai in Twickenham mit 22:17 Punkten gegen La Rochelle gewonnen und ist mit fünf Titeln Rekord-Europapokalsieger.

 

Wer am Freitagabend den schweren Eschenholz-Schild „Bouclier de Brennus“, geschaffen im Jahr 1892 von Baron Pierre de Coubertins Freund Charles Brennus, aus dem Stadion tragen darf, ist nach den spannenden Halbfinals völlig offen. La Rochelle setzte sich vor 5000 Zuschauern, der Coronavirus-bedingten Maximalzahl, in Lille mit 19:6 (16:6) gegen Racing 92 Paris durch und dominierte die Hauptstädter im Sturm eindeutig. Außendreiviertel Arthur Retière (30.) legte den einzigen Versuch der Partie. Der neuseeländische Verbindungshalb Ihaia West fügte die Erhöhung und vier Straftritte hinzu, während Racing, das 1892 das erste französische Endspiel mit 4:3 gegen Stade Francais Paris gewonnen hatte,  nur mit zwei Straftritten von Maxime Machenaud punktete. 1892 war Pierre de Coubertin, der Gründer der Olympischen Spiele der Neuzeit, Schiedsrichter des Finalspiels vor 2000 Zuschauern im Stade Bagatelle. In den letzten 17 Minuten war das erste Halbfinale von Lille von orkanartigem Regen beeinträchtigt.

 

Auch am Samstag stürmte es heftig, doch es blieb trocken. Toulouse besiegte, wiederum in Lille und in Anwesenheit des Premierministers Jean Castex, die US Bordeaux-Bègles mit 24:21 (14:7). Bordeaux legte zwei Versuche durch den 30-jährigen neuseeländischen Außen Ben Lam, dessen Vater Pat 1988 mit den Junior All Blacks in Heidelberg gespielt und mit 28:0 gegen Deutschland gewonnen hatte. „Kickwunder“ Matthieu Jalibert traf mit einer Erhöhung und drei Straftritten, allesamt aus mehr als 45 Metern Entfernung. Toulouse erzielte ebenfalls zwei Versuche durch Romain N’Tamack und Thomas Ramos, doch Schlussmann Ramos traf mit einer Erhöhung und vier Straftritten und buchte somit 19 Punkte.

 

Spielmacher N’Tamack wurde nach einem brutalen Kopfstoß des Australiers Ulupano Seuteni in der 58. Minute vom Platz getragen und wird im Endspiel höchstwahrscheinlich fehlen. Der 27-jährige Innendreiviertel Seuteni wurde für seine Untat mit der roten Karte bestraft und wird sicherlich für längere Zeit gesperrt. Er habe seinen Gegner nicht verletzen wollen, sagte er nach einem Foul, für das er zehn Meter Anlauf genommen hatte. Das klingt etwa so, als wenn ein Scharfrichter dem Delinquenten den Kopf abschlägt und dann behauptet, er habe das nicht mit Absicht getan. Toulouse ohne N’Tamack und die ohnehin verletzten Yoann Huget, Maxime Medard und Richie Arnold – das wird schwer gegen ein hungriges La Rochelle-Team beinahe in Bestbesetzung und mit dem irischen Toptrainer Ronan O’Gara.

 

Für Cameron Woki, den starken Flankenstürmer von Bordeaux und fünfmaligen französischen Nationalspieler, ist mit dem Ausscheiden ein Kindheitstraum geplatzt. Der vor 22 Jahren in St. Denis geborene Woki wollte so gerne zum Endspiel ins Stade de France zurückkehren, in dessen Schatten er als kleiner Schulrugby-Spieler aufgewachsen war.  

 

Das Endspiel wird von France 2 und Canal+ live übertragen und ist auch in deutschen Wohnungen über TV5 Monde zu sehen.



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Dienstag, 8. Juni 2021

Ein Aufsteiger mit Potenzial

Über die deutschen Siebenerrugby-Frauen beim ersten EM-Turnier 2021

Die deutsche Siebenerrugby-Nationalmannschaft der Frauen hat beim ersten von zwei Turnieren um die Europameisterschaft 2021 mit einem starken zweiten Tag ihre Zugehörigkeit zur Division 1 bekräftigt und deutliches Potenzial auf den Klassenverbleib angedeutet. Die junge Mannschaft von Nationaltrainer Max Pietrek (Heusenstamm), der während des Turniers von Athletikcoach und Verbandsarzt Colin Grzanna (Berlin) unterstützt wurde, belegte als Aufsteiger in die Eliteliga den siebten Platz und sieht dem zweiten EM-Turnier in drei Wochen in Moskau freudig entgegen.

 

„Der Klassenverbleib ist unser Ziel. Das können wir schaffen“, sagte der 32-jährige Max Pietrek, der seit Februar Vater des kleinen Lino ist und fünf Mal pro Woche um fünf Uhr an den Bundesstützpunkt nach Heidelberg fährt, um um sieben Uhr die Frauen und am Nachmittag gemeinsam mit Baden-Württembergs Landestrainer Jan Ceselka die U18-Junioren zu trainieren.

 

In Lissabon starteten die deutschen Frauen mit zwei Niederlagen ins Turnier. Beim 12:26 gegen Rumänien erzielten Johanna Hacker und Gesine Adler die beiden Versuche, Katalina Bechtel traf mit einer Erhöhung. Beim 0:39 gegen Russland notierten die Trainer Schwächen in der Verteidigung, beim Gasseneinwurf und im Kickspiel.

Als Gruppendritter hatte das Team am ersten Tag zwei weitere Herausforderungen zu bestehen. Beim 10:20 gegen Spanien zeigte die Mannschaft eine sehr gute erste Halbzeit und legte durch Steffi Gruber und Gesine Adler zwei Versuche. Das 7:35 gegen Polen war hingegen eine Enttäuschung, da nur Johanna Hacker mit einem Versuch und Steffi Gruber mit einer Erhöhung punkten konnten.

 


Am zweiten Turniertag in der Platzierungsrunde um die Ränge sieben bis neun fand die deutsche Mannschaft allerdings zu einer starken Form und sorgte dafür, dass Max Pietrek und Colin Grzanna „eine gute Moral nach den Dämpfern des ersten Tages“ und „ein erfreulich starkes Angriffsspiel“ erleben durften.

 

Es gelangen zwei Siege. Gegen die große Rugby-Nation Wales gewannen die deutschen Frauen mit 12:10 und feierten die beiden Versuche von Steffi Gruber und Sarah Gossmann sowie Grubers Erhöhung. Und gegen Rumänien machten die Deutschen den Eindruck des ersten Tages vergessen, drehten den Spieß energisch um und siegten mit 25:7. Lea-Sophie Predikant (3), Steffi Gruber und Katharina Epp gelangen fünf Versuche. Das Setzkick-Treten zu den Goalstangen aber muss in den nächsten Wochen geduldig geübt werden. Turniersieger wurde Russland durch ein 25:5 über Spanien.

 

Max Pietrek, der das Team seit Ende 2018 unter seinen Fittichen hat und dem 2019 auf Anhieb der Titelgewinn in der EM-Division 2 gelungen war, wird weiter viel Wert auf die Basisarbeit und die Förderung der mentalen Stärke legen und hofft, dass sich seine Zwölfergruppe dauerhaft in der Division 1 etablieren kann. Dann winken auch Möglichkeiten, sich für die World Sevens Series, die Siebenerrugby-WM und die Olympischen Spiele zu qualifizieren.

 

Bildtext

 

Die deutsche Mannschaft, hinten v.l.n.r.: Nationaltrainer Max Pietrek, Athletiktrainer Colin Grzanna, Lea Predikant (SC Neuenheim), Katalina Bechtel (TSV Handschuhsheim), Katharina Epp (Germania List), Sarah Gossmann (SCN), Julia Braun (RK 03 Berlin), Lara Bürger (Heidelberger RK), Steffi Gruber (SCN)Wissenschaftstrainerin Nina Gras und Physiotherapeut Vasco Marcante; vorne v.l.n.r.: Zoe Würmli (HRK), Gesine Adler (Germania List), Johanna Hacker (HRK), Sophie Hacker (HRK) und Annika Nowotny (TSV Handschuhsheim).

 


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Sonntag, 6. Juni 2021

Die Titelverteidigung ist möglich

Über die deutsche Siebenerrugby-Nationalmannschaft in der EM 2021

Die deutsche Siebenerrugby-Nationalmannschaft der Männer hat die Europameisterschaft 2021 auf überzeugende Weise begonnen. Beim ersten von zwei Turnieren am Wochenende in Lissabon spielten sich die Titelverteidiger bis ins Finale vor, das sie aber mit 17:19 verloren. Der zweite Platz in Lissabon lässt den Deutschen alle Chancen für das finale Turnier in zwei Wochen in Moskau.

 

Die deutschen Frauen, Aufsteiger in die EM-Division 1, feierten am zweiten Tag Siege gegen Wales (12:10) und Rumänien (25:7). Sie kamen unter neun Teams auf Rang sieben ins Ziel und können sich in Moskau steigern.

 

Das Männer-Team der beiden Nationaltrainer Damian McGrath und Clemens von Grumbkow (Heidelberg) gewann alle drei Vorrundenspiele. Beim 26:5 gegen Litauen legten Tim Lichtenberg (3) und Sam Rainger vier Versuche, von denen der früh am Arm verletzte Fabian Heimpel und Phil Szczesny (2) drei erhöhten. Beim 29:0 gegen Georgien erzielten Szczesny, Jack Hunt (2), Anjo Buckman und Lichtenberg die fünf Versuche, Szczesny gelangen zwei Erhöhungen. Im ewig jungen Duell mit dem siebenmaligen Europameister Portugal jubelten die Deutschen über einen 10:5-Sieg. Die Versuche glückten Lichtenberg und dem Kapitän Carlos Soteras Merz – in der letzten Spielminute.

 

Der zweite Tag begann für die Deutschen mit einem 17:7 (5:7)-Viertelfinalsieg über Polen. Die drei Versuche erzielten Lichtenberg, Buckman und Soteras Merz, und der bandagierte Heimpel traf mit einer Erhöhung.

 

Im Halbfinale bewies die deutsche Mannschaft beim 7:5 (7:5)-Erfolg über den zweimaligen Europameister Russland starke Nerven. Nach einem von Heimpel erhöhten Versuch von Hunt stand die Endspielteilnahme fest. Deutschland gegen Spanien – das waren in den letzten 20 Jahren immer besonders wichtige Rugbyspiele mit wechselndem Ausgang. Diesmal hatten die Iberer mit 19:17 (14:7) das bessere Ende für sich. Die drei Versuche von Lichtenberg, Szczesny und Rainger und die Erhöhung von Heimpel reichten nicht für einen deutschen Finalsieg. Doch zur Revanche kommt es in 14 Tagen in der russischen Hauptstadt.

 

In der französischen Eliteliga Top 14 sind die Entscheidungen erst am 26. und letzten Spieltag gefallen. Der Titelverteidiger und europäische Champions Cup-Sieger Stade Toulousain ging mit 81 Punkten als Erster durchs Ziel und hat wie der zweitplatzierte RC Rochelais-Atlantique (78) das Halbfinale erreicht. Dritter wurde Racing 92 Paris (78) vor der US Bègles-Bordeaux (72), dem AS Montferrand-Auvergne (71) und Hans-Peter Wilds Stade Français Paris (70). Der Klub des Eppelheimer Getränkeproduzenten gewann das Spiel in Bayonne durch einen Straftritt des Verbindungshalbs Joris Segonds sechs Minuten vor dem Schlusspfiff mit 9:12 und behauptete den Playoff-Platz hauchdünn vor Castres Olympique (69) und dem RC Toulon (66).

 

Castres mit dem in der 67. Minute eingewechselten Heidelberger Julius No-stadt gewann das letzte Punktspiel gegen Toulon nach großartiger Leistung mit 46:24, hat aber im Laufe der Saison einmal zu viel verloren. Im Viertelfinale kommt es zum Pariser Derby zwischen Racing 92 und Stade Français und zum Knüller zwischen Bordeaux und Clermont-Ferrand.

 

Meister der Pro D2-Liga und Aufsteiger in die Top 14 wurde die US Arlequin Perpignan, die im Finale in Montpellier mit 33:14 gegen Biarritz Olympique gewann. Perpignan gehört zu den Traditionsklubs am Mittelmeer und war zwischen 1914 und 1955 sechs Mal französischer Meister. Biarritz, fünf Mal Champion zwischen 1935 und 2006, hatte im Halbfinale den RC Vannes mit dem Heidelberger Christopher Hilsenbeck mit 34:33 ausgeschaltet und hat eine zweite Aufstiegschance im Relegationsspiel gegen Aviron Bayonnais, den Vorletzten der Top 14. Direkter Aufsteiger ist die US Agenais, die in 26 Spielen nur zwei Punkte einsammeln konnte.

 

Meister der drittklassigen Ligue Nationale wurde die US Bressane durch ein 26:16 im Endspiel gegen den RC Narbonne, der ohne seinen verletzten Spielmacher Raynor Parkinson auskommen musste. Der deutsche Nationalspieler war zuletzt Erfolgsgarant beim Heidelberger Ruderklub. Beim 12:9-Halbfinalsieg gegen Nizza hatte Parkinson neun Punkte erzielt. Bourg-en-Bresse und Narbonne steigen in die Pro D2 auf.



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Samstag, 5. Juni 2021

Die Körpersprache ist schon titelreif

Über die Fußball-Nationalmannschaft kurz vor der EM

Besser, liebe Leserin, lieber Leser und liebes Leserlein, geht es nicht! Das erste und vorletzte Vorbereitungsspiel auf die Fußball-EM hat meinem Papagei und mir so gut gefallen, dass wir den Vorrundenprüfungen gegen die Franzosen, Portugiesen und Ungarn nun ebenso gelassen entgegensehen wie die deutschen Spieler, die 13 Tage vor dem Match gegen den Weltmeister alles zeigten, was im modernen Fußball wichtig ist.

 

Da wäre die Körpersprache: Kimmich, Gnabry, Hummels, Süle und ihre Spielkameraden zeigten über 90 Minuten so breite Brüste, dass sie an das Orang Utan-Männchen Kembali erinnerten, das der Frankfurter Zoo aus Frankreich importiert hat und das meinem Papagei und mir von „Giraffe, Erdmännchen & Co.“ vorgestellt wurde. Mehr Selbstbewusstsein geht nicht, weshalb sich die Dänen während der ersten Halbzeit kaum über die Mittellinie trauten.

 

Auch für das Spielelement Kommunikation gab’s eine glatte Eins. Natürlich hat sich die Mitwirkung von „Radio Müller“ sofort positiv ausgewirkt, doch auch die anderen Spieler riefen sich ständig so viele Informationen zu, dass Joachim Löw sich überhaupt nicht einmischen musste. Da jeder viel zu sagen hatte, fragte mein Papagei in der Halbzeitpause: „Wer ist da eigentlich der Chef?“ Es ist der eher stille Torwart Manuel Neuer, der auch das Kopfballspiel beherrscht.

 

Großartig war die Harmonie im deutschen Team, zu dem man außer den Spielern auch die Trainer und das Kommentatoren-Duo von RTL zählen darf. Der neue Verhaltenskodex des DFB schreibt offenbar vor, dass niemand – auch nicht die Leute vom Fernsehen – schlecht über das DFB-Personal reden darf. Als sich während der zweiten Halbzeit die sinnfreien Flanken auf den dänischen Torwart häuften und Joachim Löw seinem Assistenten Marcus Sorg ein paar Worte zum Mitschreiben ins Ohr flüsterte, raffte sich der RTL-Experte Steffen Freund zu einer ganz und gar unbotmäßigen Frage auf: „Ist das jetzt eigentlich ein gutes Spiel?“ – „Was der sich traut! Wie renitent!“, schimpfte mein Papagei und befürchtet, dass Löw, wenn er das Spiel überdacht und sich frisch eingecremt hat, diesen frechen „Experten“ aus dem EM-Aufgebot streichen wird.

 

Das Match war schon ziemlich alt, als sich die deutschen Spieler endlich, endlich daran erinnerten, dass Sport allen Beteiligten Spaß und Freude bereiten soll. Deshalb ließen die Abwehrspieler flugs mal einen Ball zu Yussuf Poulsen durchflitzen, der mit dem 1:1 dafür sorgte, dass auch die Dänen einen herrlichen Abend erlebten. Joachim Löw machte im Interview einen gelösten Eindruck und hatte allen Grund dazu. Seine Elf hat besser gespielt als beim 0:6 gegen Spanien – das ist doch was, 13 Tage vor der ersten EM-Mutprobe.

 

Dass das Toreschießen noch nicht so gut klappt, ist nicht weiter tragisch, schließlich kommt es beim Fußball unserer Tage auf andere Dinge an: Auf die Körpersprache, die Kommunikation, die Harmonie und den Spaß an der Freude.

 

Mein Papagei und ich freuen uns sehr auf die EM-Generalprobe gegen Lettland, finden es aber echt blöd, dass Bayerns Ministerpräsident Markus Söder es vor lauter Corona-Interviews ganz vergessen hat, Robert Lewandowski einzubürgern. Der wüsste, wie man Tore schießt, wird das aber leider weiterhin für Polen tun. Da hat der „Kanzlerkandidat der Herzen“ wirklich krass versagt.

 

Claus-Peter Bach am 5. Juni 2021 in der Rhein-Neckar-Zeitung