Sonntag, 7. Dezember 2025

Nicht so voreilig, Herr Söder!

Nachdem am 26. Oktober 66,4 Prozent jener Münchener Einwohner, die ihre Stimme abgegeben haben, für die Austragung Olympischer Sommerspiele 2036, 2040, 2044 oder am St. Nimmerleinstag entschieden haben, hat Bayern sagenhafter Ministerpräsident, der Möchtegern-Bundeskanzler Markus Söder (CSU), kaum fünf Tage gebraucht, um den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) aufzufordern, beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) unverzüglich eine Bewerbung für die bayerische Landeshauptstadt abzugeben und die drei anderen deutschen Bewerbern – Berlin, Hamburg und Metropolregion Rhein-Ruhr – aufzufordern, ihre Bemühungen einzustellen, weil man sie nicht mehr braucht.

Herr Söder, den es mit Ehrgeiz, List und Tücke von Nürnberg nach München verschlagen hat, hat blitzschnell verdrängt, dass sich die vier Bewerber gemeinsam mit dem DOSB darauf geeinigt hatten, dass dessen Mitgliederversammlung 2026 den einzigen Vorschlag an das IOC bestimmen wird, und zwar durch geheime und demokratische Wahl, nachdem alle Bewerber die Möglichkeit hatten, die Bürgerinnen und Bürger zu befragen und sich den Mitgliedern des DOSB vorzustellen. Es entscheidet also der Sport, nicht Herr Söder.

Der warf sich allerdings nach dem positiven Votum der Münchener in die Brust und zählte – flink wie auswendig gelernt – auf, warum nicht Berlin, die Bundeshauptstadt, Hamburg, die Schöne, und Rhein-Ruhr, die Entrußte, sondern München, die Teure, Deutschlands Bewerberin sein solle: Bayern, sagte der selbstbewusste MP, sei das schönste Bundesland, ein Freistaat sogar, es habe die stärkste Wirtschaftskraft, die besten Universitäten, die modernsten Sportstätten und die geringste Kriminalität.

„Der Mann lügt!“, krächzte mein Papagei und schlug wütend mit den Flügeln. Das Federvieh lieferte sofort Beweise: Bayern habe die marodesten Schulen, einen so eklatanten Lehrermangel, dass sogar schon Studierende im vierten Semester als Lehrkräfte eingestellt werden müssten, BMW in München und Audi in Ingolstadt gehe es miserabel, und wirtschaftlich sei Bayern gerade noch nur halbtot, weil dort besonders viele Rüstungsproduzenten, also Kriegsgewinnler, beheimatet seien. „Die frechste Lüge aber betrifft die Kriminalität, die in Bayern viel höher ist als in Berlin, Nordrhein-Westfalen oder Hamburg“, stampft mein Papagei zornig im Käfig auf.

Er kennt sich aus und glaubt nur den Statistiken, die er selbst gefälscht hat. Mein Papagei schaltet nämlich immer dann, wenn kein Biathlon kommt, schon am Nachmittag den Fernseher ein und weiß, dass allein in der Stadt Rosenheim mit ihren knapp über 65.000 Einwohnern jährlich rund 300 Morde aufzuklären sind. Diese geschehen meistens am späten Abend, in der Nacht, wenn anständige Bundesbürger ihren Rausch ausschlafen, oder am frühen Morgen, so dass die Kriminalsekretärin Miriam Stockl jeden Tag das Kaffeekochen unterbrechen muss, um die Kommissare zu informieren, dass „mir a Leich ham.“

Es ist ein tägliches Ärgernis: Der stämmige Kommissar Tobias Hartl konnte 2025 nicht ein einziges Mal in Ruhe frühstücken, Hauptkommissar Anton Stadler wird immer grantig, wenn er vor Mittag an einen Tatort gerufen wird, und Kripochef Gert Achtziger ist wegen der Fülle der Straftaten allzu oft genötigt, seine Leitungstätigkeit für die Musikschule zu unterbrechen, seine ehrenamtliche Mitarbeiterin Marie Hofer in den „Times Square“ zu entlassen und sich selbst in die Ermittlungen einzuschalten.

Die vielen Verbrechen und die Überlastung seiner Beamten hat der Herr Ministerpräsident offenbar überhaupt nicht mitbekommen. „Dabei stapeln sich in der Pathologie bei Frau Dr. Eckstein die Leichen, die arme Frau kommt mit dem Schnippeln überhaupt nicht mehr nach“, hat mein Papagei erfahren und fällt über den Dienstherrn in München ein vernichtendes Urteil: „Der lässt seine Kripo hängen und will sich Olympia unter den Nagel reißen. So einer ist das, so einer…“

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