Donnerstag, 16. August 2018

Über die Sprache im Sportjournalismus

 Deutsche Sprache – schwere Sprache

 Was tun an einem Tag, an dem es nureinmal regnet? Bei „Sky Bundesliga“,in der „Sportschau“ und im „Sportstudio“gab’s wenigstens ein paar Toremit verblüffenden Kommentaren.Kurz zusammengefasst haben wir dasgehört: „In der 47. Minute spielte A nach einem unnötigen Fehlpass von Beinen langen Ball auf C, der von D aufder Strafraumgrenze gefoult wurde. Eerzielte mit dem Elfmeter, den F beinaheumden Pfosten gelenkt hätte, das1:0.“ In der Pressekonferenz sagteTrainer G Folgendes: „Obwohl meineTruppe präsenter war und auf Augenhöhegespielt hat, sind wir durchdiesen unnötigen Elfmeter in Rückstandgeraten. Meine Erwartungshaltungwurde aber nicht enttäuscht,denn die Nachwuchstalente haben gutgespielt. Dennoch tut die Niederlageweh, weil sie unnötig ist.“ Hier zappt mein Papagei zu 3sat oder ARTE.

Wirklich um Inklusion bemühteImmigranten versichern, dass diedeutsche Sprache eine sehr schwereSprachesei.Manchefürchten,Deutschmit all den Substantiven für ein unddieselbe Sache und den vermaledeitenunregelmäßigen Verben nie richtigzu lernen. Die Gefahr steigt, je häufigersie Sport im Fernsehen guckenoder dem Radio lauschen. Verwirrendesfindet man aber auch in derRNZ: Da galoppieren Nachwuchstalentewie weiße Schimmel durch dieSpalten, und aus einem Landesliga-Spielbericht erfuhren wir, dass derentscheidende Treffer per Kopf gefallensei, obwohl man Tore im Allgemeinenmit einem Ball schießt. Derallerdings ist nie lang, sondern immerrund – das wusste schon Sepp Herberger,der gelebt hatte, als man dieWahrheitenunserer Zeitnochnicht beiWikipedia googeln konnte.

"Deutsche Sprache,
schwere Sprache"
What it means:
German is hard
 
"Beschreiben Sie die deutsche Sprache!"
"Umfahren ist das Gegenteil von umfahren."

 
Von unnötigen Niederlagen
 
Das Geplapper vom unnötigen Fehlpassund dem unnötigen Foul bewegtmeinen Papagei und mich im Innersten. Es kann ja sein, dasssich eine unnötige Niederlage im Kopfeines Trainers zu einer nötigen Niederlagemausert, weil sie allzu sorglosenSpielern die Augen öffnet, denTrainingseifer erhöht und für bessereKonzentration im nächsten Matchsorgt. Doch muss man sich fragen, obes nötige Fehlpässe oder nötige Foulswirklich gibt. Das eine würde jederTrainer strikt verneinen, während wenigstenseiner aus der Zunft der Fußballlehrergegenüber dieser Zeitungkleinlaut zugegeben hat, dass er Foulsnicht grundsätzlich für unnötig hältund manchmal sogar trainieren lässt –nach dem Motto: Lieber ein Foul als einGegentor.DaswirfteinschlechtesLichtauf die Branche,denneigentlich soll derSport gut und edel sein.

Es ist schön, dass eine Mannschaftam Samstag um 15.30 Uhr präsent ist.Wäre sie nicht da, könnte das Spielnicht beginnen. „Daer“ als da kannman freilich nicht sein, präsenter als präsent auch nicht. Ja, es gibt in unsererMega-Sprache Worte, die mannicht steigern kann, wohl aber werdentagtäglich neue Begriffe erfunden.Vor einigen Jahren zog im Morgenblau die „Erwartungshaltung“ inunser Land und löste dank ihrer FürsprecherPhilipp Lahm und Jogi Löwfast unbemerkt die Jahrhunderte alte „Erwartung“ ab. Das ist vielleicht nicht so schlimm. Dann aber schlichsich die „Augenhöhe“ in unser Leben;seither ist nichts mehr, wie es war. Wurde früher mit Fußballstiefelnauf dem grünen Rasen gekickt, so spielendie Volkshelden unserer Zeit lieber„auf Augenhöhe“ – wie bei Mainzgegen Hoffenheim. Bildlich betrachtet stellen wir uns das lustig vor, wie sieda rennen und schießen und jubeln –alles einen Meter siebzig über dem Boden,also auf Augenhöhe, wobei es beiLahm und Mario Götze rund zwanzigZentimeter tiefer heiß hergeht. Das hatdie Natur so gewollt. Den Greenkeepern,
die früher Platzwart hießen, gefällt’snatürlich, wenn auf Augenhöhegegrätscht wird. Es schont den Rasen.

Wir aber fragen uns, wo bei denen,die auf Augenhöhe unnötige Foulsmachen, die Stirnhöhe liegt, und rufenvor der „Sportschau“ am nächstenSamstag verzweifelt: Herr, lass’Hirn regnen!
 
(Linksaußen am 7. Oktober 2013)
 

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