Dienstag, 27. Juli 2021

Donnergrollen im Taubertal

Kritisch ferngesehen (II)

 

Mein Papagei ist ein vernünftiger Vogel. Obwohl er klimafreundlich fliegt, hat er auf eine Reise nach Tokio verzichtet. Als Fernsehzuschauer traf er Bekannte, Stimmungen fing er bei spritfreien innerdeutschen Flügen ein.

 

Im ZDF-Sendezentrum in Mainz empfing ihn Carlos Soteras Merz (30), der Kapitän der deutschen Siebenerrugby-Nationalmannschaft, der als Experte gemeinsam mit Reporter Oliver Schmidt das olympische Turnier kommentiert. Der Wirtschaftsingenieur stammt aus Stuttgart, war mit Pforzheim 2015 deutscher Meister und wirkt seit zwei Jahren für die Rudergesellschaft Heidelberg und seinen Arbeitgeber, die Bundeswehr-Sportfördergruppe in Todtnau. „Ich bin meinen Vorgesetzten dankbar, dass sie mir das Engagement beim ZDF erlaubt haben“, ließ Soteras Merz, dessen chilenischer Vater Jorge seit Menschengedenken Kapitän der baden-württembergischen Oldies-Auswahl ist, meinen Papagei wissen.

 

Gemeinsam sahen sie das Match zwischen Titelverteidiger Fidschi und Kanada (28:14) und trafen mit dem Flügelflitzer Theo Sauder (25) einen Bekannten. Der Schlussmann der Toronto Arrows in der Major League gastierte 2012 mit den Dog River Howlers aus Saskatchewan bei den SAS Institute Heidelberg Juniors Sevens. Im November 2018 spielte Sauder bei der WM-Qualifikation in Marseille gegen Hongkong und Deutschland, und beim 65:19-Sieg Kanadas gegen Kenia legte er zwei Versuche.

 

Vorgestern schaute mein Papagei im lieblichen Taubertal vorbei und vernahm am Friedhof ein Donnergrollen, das nichts mit dem Klimawandel zu tun hat. Der dort seit 2006 ruhende Friseur- und Fechtmeister Emil Beck reagierte auf das Olympia-Aus der Würzburgerin Leonie Ebert (21) im Achtelfinale des Florett-Einzelwettbewerbs. Die vierfache deutsche Meisterin hatte sechs Jahre lang für Becks FC Tauberbischofsheim gefochten, war aber 2018 mit Carolin Golubytskyi und Anne Sauer zum sechs Kilometer entfernten Future Fencing Werbach gewechselt, „weil wir in einem vertrauensvollen Umfeld fechten wollen.“ 1988 hatte der FC TBB sein bestes Jahr: Anja Fichtel holte Gold, Sabine Bau Silber, Zita Funkenhauser Bronze. In Tokio war Ebert die einzige deutsche Fechterin überhaupt.

 

Mein Papagei ist nicht nur vernünftig, sondern auch neugierig. „Was treiben die eigentlich den lieben langen Tag in ihrem Bundesstützpunkt?“, stellte er eine kluge Frage in den Raum.

 

Claus-Peter Bach am 28. Juli 2021 in der Rhein-Neckar-Zeitung



Schneller schlauer mit der Rhein-Neckar-Zeitung!  

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