Sonntag, 29. August 2021

Michael Volle ist der beste Hans Sachs der Welt

Ein Fazit nach den 109. Bayreuther Festspielen


Bei den 109. Richard-Wagner-Festspielen in Bayreuth, die am 25. August zu Ende gegangen sind, haben drei Frauen Ovationen des Publikums erfahren. Die ukrainische Dirigentin Oksana Lyniv, die als erste Frau überhaupt eine Oper im Festspielhaus dirigieren durfte und den „Fliegenden Holländer“ ebenso flott wie feinfühlig anbot, die litauische Sopranistin Asmik Grigorian, die sich mit ihrer Interpretation der Senta in die Reihe der ganz großen Wagner-Sängerinnen einreihte, und Lise Davidsen aus Norwegen, die in der konzertant dargebotenen „Walküre“ eine Sieglinde verkörperte, die man nie vergessen wird. Beide Sängerinnen stehen am Anfang einer Weltkarriere: Grigorian wurde bei den International Opera Awards 2019 als „Sängerin des Jahres“ ausgezeichnet, Davidsen wurde diese Ehre 2021 zuteil.

 

Künstlerinnen und Künstler, die während ihrer prägenden Engagements an nordbadischen Bühnen bleibende Eindrücke hinterlassen hatten, wurden von den pandemiebedingt nur 911 Besuchern im Festspielhaus gefeiert. Der 61-jährige Freudenstädter Michael Volle ist – das darf man nach Bayreuth 2021 feststellen – gegenwärtig der beste Hans Sachs der Welt. Ausgebildet von Kammersänger Josef Metternich in Köln und Professor Rudolf Piernay an der Musikhochschule Mannheim, hatte Michael Volle sein erstes Engagement am Nationaltheater Mannheim, wo er sich in den 1990-er Jahren die großen Bariton-Rollen der Wagner-Welt erarbeitet hat. In Bayreuth zählt Michael Volle seit 2007 zu den „Meistersinger“-Solisten, zunächst als Stadtschreiber Sixtus Beckmesser und seit 2017 als Schustermeister Sachs.

 

Der aus Trento in Südtirol stammende Bariton Armin Kolarczik, der sich nach dem ersten Staatsexamen auch Magister Juris nennen darf, ist seit 2007 am Badischen Staatstheater Karlsruhe engagiert und feierte dort als Wolfram von Eschenbach im „Tannhäuser“, Beckmesser in den „Meistersingern“ und Kurwenal in „Tristan und Isolde“ Erfolge. In Bayreuth ist er seit 2017 als Spenglermeister Konrad Nachtigal zu erleben – musikalisch und komödiantisch ein Vergnügen.

 

Der im polnischen Lodz geborene Bariton Tomasz Konieczny, dessen Stammhaus seit 2009 die Wiener Staatsoper ist und der im Bayreuther „Lohengrin“ von 2018 den Friedrich von Telramund gab, musste Ende Juli eine ganz schwierige Aufgabe meistern. Nachdem Walküren-Wotan Günther Groissböck in der Generalprobe Stimm- und Textprobleme hatte, sprang Konieczny ein und erntete reichen Dank des Publikums. Tomasz Konieczny war von 2002 bis 2005 Ensemblemitglied des Nationaltheaters Mannheim und hatte als bester Nachwuchssänger den vom Intendanten ausgelobten Arnold-Petersen-Preis erhalten.

 

Anfang der 2000-er Jahre war Mannheim ein Sprungbrett für Talente, zu denen von 2001 bis 2007 auch der 52-jährige Bariton Markus Eiche aus St. Georgen zählte, der neben seinem Engagement in Wien und seinen Gastspielen in aller Welt seither auch immer wieder in Bayreuth singt. Seit 2019 verkörpert er den Wolfram von Eschenbach im „Tannhäuser“ – man darf von einer Idealbesetzung sprechen.

 

Die Sopranistin Daniela Köhler wurde während ihres Studiums bei Professor Ingrid Haubold an der Musikhochschule Karlsruhe vom Zonta Club Karlsruhe und dem Lions Club Durlach gefördert und gab nun die Walküre Helmwige. Am Nationaltheater Mannheim wird sie in der neuen Spielzeit als Senta im „Holländer“ zu erleben sein.

 

Die Sopranistinnen Nelly Palmer aus Ludwigshafen und Tatjana Petersen aus Mannheim, die Altistin He Mi Kwon aus Karlsruhe, Tenor Gimoon Cho aus Mannheim und Bass Oliver Pürckhauer aus Ludwigshafen sangen im fabelhaften Festspielchor, und im Festspielorchester trugen die beiden Nationaltheater-Musiker Orlando Fellows in den 2. Violinen und Alexander Michael Petersen mit der Viola zum großartigen Klang bei.

 

Der Richard-Wagner-Verband Heidelberg, der den Sopran Felicity Förster aus Frankfurt/Main, den südkoreanischen Bariton Joonyeop Kim von der Musikhochschule Mannheim und die aus Peru stammenden Brüder Lorenzo Costa (Violine) und Leonardo Costa (Cello) mit Stipendien zur Festspiel-Teilnahme ausgestattet hatte, feiert am 19. September im Palais Prinz Carl sein 100-jähriges Bestehen mit Musik und Festvorträgen – man darf sich vorfreuen.



Schneller schlauer mit der Rhein-Neckar-Zeitung!  

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