Donnerstag, 29. Juni 2023

Das Endspiel der 100. deutschen Rugby-Meisterschaft

Neuenheim fordert Frankfurt heraus

Am 1. Juli 2023 um 15 Uhr wird im Stadion des Titelverteidigers SC Frankfurt 1880 (Feldgerichtstraße 29, neben dem Hessischen Rundfunk) der 100. deutsche Rugby-Meister ermittelt. Es ist das 98. Endspiel seit 1909, als der nicht mehr existierende FC 1897 Hannover auf dem Cannstatter Wasen den FV Stuttgart (heute: VfB) mit 6:3 Punkten besiegte. Zweimal wurde kein Endspiel ausgetragen. 1911 konnten sich der FV 1897 Linden und der SC Frankfurt 1880 nicht auf einen Austragungsort einigen, 2002 war der Bundesliga-Erste DRC Hannover automatisch Meister.

Von den 97 bisherigen Endspielen hat der morgige Herausforderer SC Neuenheim 24 bestritten, neun gewonnen und 15 verloren. Titelgewinne gelangen im zehnten Vereinsjahr 1912, 1921, 1924, 1949, 1966, 1967, 1995, 2003 und 2004. Der SC Frankfurt 1880, drittältester deutscher Rugby-Verein nach dem Heidelberger Ruderklub und dem DSV von 1878 Hannover, bestritt bisher 15 Endspiele, gewann acht und verlor sieben. 1913 standen sich die beiden Klubs zum einzigen Mal im Finale gegenüber, als Frankfurt die Neuenheimer mit 8:3 Punkten entthronte. Der SCN wäre, wenn es diesen Titel gäbe, deutscher Rekord-Vizemeister.

In den Neuenheimer Meistermannschaften von 1912 und 1921 spielte mit dem Innendreiviertel Willi Kohlhammer ein Multitalent, das von 1912 bis 1914 als Mitarbeiter der Deutschen Bank in Konstantinopel (heute: Istanbul) arbeitete und als Kapitän und späterer Ehrenspielführer von Fenerbahce dreimal in Folge türkischer Fußball-Meister wurde. Im Endspiel 1912, das dem SCN einen 13:6-Sieg nach Verlängerung gegen den FV 1897 Hannover brachte, wirkte Professor Edward Hill Ullrich vom Neuenheim College und HRK, der Gründer des Deutschen Rugby-Verbandes, als Seitenrichter.

Bei seinen Titelgewinnen 1922 und 1925 baute der SC Frankfurt 1880 auf die Spielkunst von Oskar Kreuzer, der auch als Fußballer und noch mehr als Deutschlands erster Tennis-Weltstar bekannt wurde. Er war elfmal deutscher Meister mit dem Racket, 1912 Vize-Weltmeister im Einzel und an der Seite Otto Froitzheims Weltmeister im Doppel, ehe er 1913 die French Open gewann und in Wimbledon das Einzel-Halbfinale bestritt.     

Ein großartiger Stürmer der SCN-Meisterteams von 1912 bis 1924 war der Hakler Georg Lenz. Der Schlosser arbeitete im Reparaturwerk der Bahn in Schwetzingen (heute: Decathlon) und hatte deshalb eine sagenhafte Kraft und Kondition, weil er jeden Morgen von Neuenheim nach Schwetzingen rannte, zehn Stunden malochte und abends nach Hause joggte. Unter der Woche gab es keine Trainings, denn Menschen arbeiteten bis 19 Uhr und die Spielfelder hatten kein Flutlicht.


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