Freitag, 2. Dezember 2022

Missbrauchsprozess in Heidelberg eröffnet

Vor dem Landgericht Heidelberg ist am 2. Dezember 2022 um 8.30 Uhr der Prozess gegen Herrn XYZ (der Name ist dem Autor bekannt und war auch im Aushang vor der Tür zu Verhandlungssaal 01 im Gerichtsgebäude angeschlagen), den ehemaligen mehrjährigen Jugendleiter und Nachwuchstrainer der Rugby-Abteilung eines 1898 gegründeten Heidelberger Sportvereins, eröffnet worden (Az.: 3KLs270Js). Der Mann ist des schweren sexuellen Missbrauchs mehrerer Kinder aus seiner Mannschaft angeklagt. 

Einer Mitteilung der Staatsanwaltschaft Heidelberg zufolge soll der Beschuldigte vier Taten im Jahr 2019 und eine im Jahr 2021 begangen haben. Die betroffenen Jugendlichen waren zum Zeitpunkt der Taten zwischen zwölf und 15 Jahre alt. Der Beschuldigte, ein 48-jähriger Fahrlehrer aus Heidelberg, sitzt seit einigen Monaten in Untersuchungshaft und wurde zu Prozessbeginn von Justizbeamten in den Gerichtssaal geführt. Dabei trug er eine Baseball-Cap und einen blauen Pullover und verbarg sein Gesicht hinter einer Zeitschrift. Nach wenigen Minuten schickte der Vorsitzende Richter Merz die Fotografen und Kameraleute aus dem Saal. Der Prozess stößt auf großes Medieninteresse.

Auf Antrag der Nebenkläger-Anwälte ordnete die Jugendschutzkammer des Landgerichts nach etwa zehnminütiger Beratung den Ausschluss der Öffentlichkeit an, um die Interessen der laut Anklage geschädigten jugendlichen Schutzbedürftigen zu wahren. Der Vorsitzende Richter erklärte allerdings, dass Urteilsverkündung und Urteilstenor in öffentlicher Sitzung stattfinden werden. Als weitere Verhandlungstage wurden der 14. und 22. Dezember 2022 und der 5. Januar 2023 angesetzt.

Da es in Heidelberg sechs konkurrierende Rugby-Vereine gibt, von denen fünf im deutschen Rugby einen hohen Stellenwert haben, herrscht unter den nicht betroffenen Klubs und in der Führung des in Heidelberg ansässigen Rugby-Verbandes Baden-Württemberg (RBW) eine zunehmende Irritation und Verärgerung darüber, dass der Verein des Angeklagten in der seit den Sommermonaten 2022 schwelenden Affäre zu keinem Zeitpunkt Stellung genommen und es dadurch zugelassen hat, dass der gesamte Heidelberger Rugbysport unter Verdacht gestellt und in Misskredit gebracht wurde.

Dabei engagieren sich der Verband und etliche Vereine seit Jahren sehr konsequent in der Prävention vor sexualisierter Gewalt. Im RBW gibt es eine entsprechende Richtlinie als Teil der Satzung und einen Verhaltenskodex, mit Bo Pernter vom MTV Ludwigsburg einen sorgfältig geschulten Ombudsmann, an den sich Betroffene vertraulich wenden und Rat einholen können, und die Verpflichtung, dass alle in der Jugendarbeit engagierten Menschen vor Beginn ihrer Tätigkeit ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis bei der Vereins- bzw. Verbandsführung vorlegen müssen.    

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