Freitag, 11. März 2022

Die „Häfler“ mit den stärkeren Nerven

 Über das deutsche Volleyball-Pokalfinale 2022

Der VfB Friedrichshafen beherrscht eine Sache sehr gut. Die „Häfler“ gewannen am Abend des 6. März 2022 zum 17. Mal das Endspiel des deutschen Volleyball-Pokals und haben sich damit für den europäischen CEV-Cup qualifiziert. In der Mannheimer SAP Arena siegten die Männer vom Bodensee in einem spannenden Match gegen ihren Dauerherausforderer SV Gellersen Lüneburg mit 3:1 (25:20, 17:25, 26:24, 25:23) Sätzen und feierten einen „glücklichen Sieg“, wie ihr montenegrinischer Außenangreifer Vojin Cacic einräumte.

 

Denn die „Lünehünen“, die zum dritten Mal nach 2018 und 2019 gegen Friedrichshafen verloren und den 8,5 Kilogramm schweren dunkelgrau-goldenen DVV-Pokal aus Aluminiumguss noch nie berühren durften, waren gleichwertig und haben den vierten Satz mit dem zweiten Matchball der Baden-Württemberger nur deshalb verloren, weil ihnen nach einer 17:12-Führung die Herrschaft über ihre Nerven entglitt und eine Reihe Eigenfehler passierten, die das Spiel nach zwei Stunden und 20 Minuten entschieden.

 

Als DVV-Präsident René Hecht, der den Verzicht seiner Nationalmannschaft auf die Teilnahme an der Weltmeisterschaft im August und September 2022 in Russland verkündet hatte, und Thomas Weikert, der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), die Siegerehrung gemeinsam durchführten, war die Arena in gelbes und hellblaues Licht getaucht, und wie vor dem Endspiel erhoben sich die 3425 Zuschauer von den Sitzen, um ihre Sympathie mit dem ukrainischen Volk zu bekunden. „Stop it, Putin! Wir gegen Krieg“ stand auf einem Transparent, das junge Organisatorinnen telegen vor der Sponsorenwand enthüllten – leider wird der russische Diktator gestern den Livestream aus Mannheim nicht verfolgt haben.

 

Bei dieser Siegerehrung war Mark Lebedew, der 54-jährige australische Trainer des VfB Friedrichshafen, ein froher Mann. Denn seine Mannschaft hat den Titel gewonnen, obwohl ihr ungewöhnlich viele Fehler von der Grundlinie unterliefen, womit Lüneburgs deutlich kleineres Team immer wieder aufgebaut wurde. Vojin Cacic und Simon Hirsch donnerten fast jeden Aufschlag ins Netz, und hätten nicht Andri Aganits, Dejan Vincic und Lucas van Berkel überragend geschmettert und geblockt, hätte der Außenseiter gewonnen. Friedrichshafen – das sind 13 Spieler, von denen nur vier für Deutschland spielen dürfen, das sind acht Mann mit über zwei Metern Länge.

 

Bei Lüneburg, das den zweiten Satz mit begeisternden Angriffsvariationen klar gewann und in den Durchgängen drei und vier nicht schlechter war, begeisterte der 22-jährige brasilianische Außenangreifer Arthur Nahm seinen Trainer Stefan Hübner (46), doch die erfahreneren Teamkameraden patzten in der entscheidenden Phase zu oft.

 

Wo großer Lärm ist und mitreißende Stimmung herrscht, ist Frank Schuhmacher am Werk. Der ehemalige Stadionsprecher des SV Sandhausen und Moderator des LBS-Cups auf der Neckarwiese ist seit zwölf Jahren Hallensprecher beim MTV Stuttgart und heizte gemeinsam mit dem Mainzer Paul Becker die Fans in der Arena an. Das schwäbische Damenteam gewann ein Bundesliga-Nachholspiel gegen den VC Wiesbaden mit 3:1 (18:25, 25:13, 25:16, 25:20) und vergrößerte den Vorsprung auf Dresden auf elf Zähler. Wegen zu vieler Coronavirus-Erkrankungen in Dresdens Team war das Pokalfinale der Frauen abgesetzt worden.

 

Der Finale wurde zum siebten Mal in Mannheim ausgetragen, erneut ganz vorzüglich von rund 50 Volleyballern des Heidelberger Turnvereins organisiert. „Wir waren seit Freitag im Einsatz, haben zehn Ballkinder zwischen 13 und 16 Jahren und viele Aktive als Helfer gestellt“, berichtete Dr. Christian Urbanek (44) vom HTV, der im richtigen Leben als Oberarzt für Neurologie am Ludwigshafener Klinikum wirkt und nach getaner Arbeit völlig entspannt war.

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