Freitag, 26. Februar 2021

Daumen drücken für die Handballer

 Über die Situation der deutschen Mannschaftssportler vor Olympia

2016 in Rio de Janeiro war die Erfolgsbilanz der deutschen Mannschaftssportler erfreulich. Zwar hatten sich von 14 Teams nur fünf für die Olympischen Spiele qualifizieren können, doch kehrten alle mit einer Medaille aus Brasilien zurück. Von einer solchen Ausbeute können die Fachverbände knapp fünf Monate vor dem Beginn der Spiele von Tokio nur träumen. Denn von 18 Mannschaften, die sich um eine Teilnahme beworben haben, sind nur drei qualifiziert. Zwei weitere Teams haben die letzten Qualifikationshürden noch vor sich – und diese sind hoch, sehr hoch.

 

Die Basketballer, 2016 nicht qualifiziert, sind zwar gegenwärtig bei der EM-Qualifikation chancenlos, doch hofft Bundestrainer Henrik Rödl darauf, beim weltweiten Olympia-Qualifikationsturnier vom 29. Juni bis zum 4. Juli in Split alle deutschen Stars aus der nordamerikanischen Profiliga zur Verfügung zu haben. „Nur dann“, sagt Jürgen Barth, der Teamsport-Experte des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), „besteht eine Chance.“ Der 63-Jährige war in der Bundesliga Spieler und Trainer beim TV Langen, Sohn Kay spielte einige Jahre bei den MLP Academics in Heidelberg. Barth sagt: „Die Deutschen müssten das Turnier in Split gewinnen und Brasilien, Mexiko, Tunesien, Russland und Gastgeber Kroatien besiegen.“ Die Basketball-Damen hätten sich über die Europameisterschaft für Tokio qualifizieren müssen, haben das EM-Turnier allerdings verpasst.

 

Besser sind die Chancen der Handballer, die sich über die EM und die kürzlich in Ägypten ausgetragene WM nicht nach Tokio kämpfen konnten, beim „Turnier der letzten Chance“ vom 12. bis zum 14. März in Berlin den Sprung nach Japan aber noch schaffen könnten. Die Bronzemedaillen-Gewinner von Rio spielen in der deutschen Hauptstadt gegen Schweden, Slowenien und Algerien, und die Plätze eins und zwei bedeuten die Zugangskarte auf das olympische Parkett. Die Handball-Frauen sind als WM-Achte von 2019 nicht qualifiziert.

 

Die U 21-Nationalmannschaft des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), in Rio Silbermedaillen-Gewinner, hat sich durch Platz zwei bei der Europameisterschaft 2019 (1:2 im Finale gegen Spanien) für Tokio qualifiziert, während die Frauen als Olympiasieger von Rio bei der WM 2019 im Viertelfinale gegen Schweden mit 1:2 verloren haben und ausgeschieden sind. In Tokio dabei sind die beiden Hockey-Nationalteams, die in Rio zwei Bronzemedaillen errungen hatten. Nach EM-Platz vier 2019 haben die Herren im Playoff Österreich mit 10:3 geschlagen, die Damen als Vizeeuropameister von 2019 waren im Playoff mit 9:0 gegen Italien erfolgreich.

 

Beide Siebenerrugby-Teams erleben Olympia 2021 vor dem Fernsehschirm. Die Männer hätten das Qualifikationsturnier 2019 in Toulouse gewinnen müssen, wurden aber Sechster, um eine Woche später die qualifizierten Engländer zu schlagen und Europameister zu werden. Die Frauen haben bei der EM 2019 in Russland als Aufsteiger den elften Platz belegt und sind nicht qualifiziert.

 

Auch beide Volleyball-Teams bleiben zu Hause, nachdem sie bereits in Rio nicht dabei waren. Sie haben zwar die Endspiele der europäischen Qualifikationsturniere erreicht, doch verloren die Männer in Berlin gegen Frankreich (0:3) und die Frauen in Apeldoorn gegen die Türkei (0:3). Die Wasserball-Teams sind auch ausgeschieden. Während die Frauen als Elfte der EM in Budapest schon früh aus dem Rennen waren, hofften die Männer in der letzten Woche beim Turnier in Rotterdam auf die Olympia-Qualifikation. Doch die Resultate sprechen eine deutliche Sprache: 10:11 gegen die Niederlande, 12:13 gegen Frankreich, 5:17 gegen Russland, 7:12 gegen Rumänien und 8:22 gegen Kroatien . . . 

 

Trübe sind die Aussichten für die Baseball-Teams. Die Baseball-Männer und Softball-Frauen konnten sich nicht für die EM-Turniere qualifizieren, und 2024 in Paris ist Baseball nicht mehr im Olympia-Programm. Eine neue olympische Wettkampfsportart ist das 3 x 3-Basketball – wohl ohne deutsche Beteiligung. Die Männer liegen in der Weltrangliste weit zurück, und die Frauen müssten bei einem Qualifikationsturnier Frankreich und die USA ausschalten – wer Basketball so gut kennt wie Jürgen Barth, ahnt, dass das unmöglich ist.

 

Gut sind die Aussichten im Beachvolleyball, das aber nicht zum Teamsport zählt. Nach dem Olympiasieg von Laura Ludwig und Kira Walkenhorst in Rio könnten sich vier Duos qualifizieren, darunter die Vizeweltmeister Julius Thole und Clemens Wickler.

 

Claus-Peter Bach am 26. Februar 2021 in der Rhein-Neckar-Zeitung



Schneller schlauer mit der Rhein-Neckar-Zeitung! 

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