Dienstag, 31. März 2020

Hamza Touba hat noch eine Chance

Ein Heidelberger Olympia-Boxer schmiedet neue Pläne

Hamza Touba ist ein Mensch mit klaren Vorstellungen vom Leben und der Fähigkeit, sportliche Rückschläge gut zu verkraften. Der 28-jährige Fliegengewichtsboxer, geboren in Neuss am Rhein, seit 2007 am Olympiastützpunkt Rhein-Neckar und mit seiner Ehefrau Pinar kurz vor dem Umzug von Edingen in die Heidelberger Bahnstadt, fand es am 23. März 2020 in der RNZ-Sportlerumfrage nötig, dass die Olympischen Spiele wegen der Coronavirus-Pandemie verschoben werden. Und er findet es gut, dass das Internationale Olympische Komitee auf Geheiß der japanischen Regierung die Verschiebung auf 2021 tags darauf endlich verkündet hat. „Es war die richtige Entscheidung“, findet Touba, dessen Zielsetzung sich wegen dieses einen Jahres nicht verändert hat: „Ich möchte teilnehmen und eine Medaille gewinnen.“

Hamza Touba, in der Klasse bis 52 Kilogramm Körpergewicht seit 2010 deutscher Serienmeister und Olympia-Teilnehmer 2016 in Rio de Janeiro, wo er in der ersten Runde an dem Franzosen Elie Konki mit 0:3 Richterstimmen hängen geblieben war, ist einer der besten deutschen Olympiaboxer: Sehr schnell auf den Beinen, mutig, variabel in seiner Taktik und mit gutem Auge für die Aktionen des Gegners und das Erkennen der eigenen Schlagchancen – das hat er auch bei der europäischen Olympia-Qualifikation in London zu erkennen gegeben.

Weil der Box-Weltverband gegenwärtig wegen krimineller Machenschaften auf Führungsebene von olympischen Wettkämpfen suspendiert ist, wurde das Turnier an der Copper Box vom IOC selbst organisiert, von einer Task Force, die mit ihrer Sturheit die Sportwelt entsetzt hat. Denn obwohl das Coronavirus in ganz Europa für Angst, Schrecken und Tod sorgte, ließ die Task Force das Turnier beginnen. Hamza Touba war in Hochform und schlug den Italiener Manuel Cappei mit 4:1 Richterstimmen, ehe er in der zweiten Runde vom an Punkt eins gesetzten Franzosen Billat Bennamo ebenfalls mit 4:1 geschlagen wurde. Unmittelbar nach diesem Kampf hatte die Task Force ein Einsehen und brach das Turnier ab. Resultat am Rande: Zwei türkische Boxer und deren Trainer sowie ein Boxer und zwei Trainer aus Kroatien haben sich in London angesteckt, weil IOC-Funktionäre der irrigen Meinung waren, mächtiger als das fiese Virus zu sein.
Hamza Touba ist froh, die Niederlage gegen Bennamo, „der in einem guten Kampf taktisch ein bisschen besser eingestellt war und verdient gewonnen hat“, und die gefährliche Reise gut überstanden zu haben. Er ist weder verletzt noch erkrankt und hat nun die Chance, sich bei einem Welt-Qualifikationsturnier irgendwann in Paris doch noch für Olympia 2020 im Sommer 2021 zu qualifizieren. Man müsse in der französischen Hauptstadt unter die ersten Acht kommen, um sich in Tokio den Medaillentraum erfüllen zu können.

Ob im Seuchenjahr 2020 noch einmal ernsthaft geboxt wird, ob die deutschen Meisterschaften im Dezember in Straubing stattfinden können, weiß Hamza Touba nicht, das weiß niemand. Deshalb wird der ebenso eloquente wie humorvolle Mann mit den Bundestrainern erst einmal genau überlegen, wie man die Olympia-Vorbereitungen sinnvoll aufbauen und gestalten kann. Bis dahin besteht das Training aus Jogging und Gymnastik, denn der Olympiastützpunkt ist hermetisch verriegelt; auch die Spitzensportler halten sich strikt an das Kontaktverbot und wollen andere Menschen und sich nicht gefährden.

Ohnehin steht für den Stabsunteroffizier der Bundeswehr-Sportfördergruppe bald ein neues Lebensthema an. Hamza Touba möchte dem Beispiel seiner Ehefrau Pinar folgen. Die ehemalige Boxerin hat die Fäustlinge an den Nagel gehängt und ist Lehrerin an der Landhausschule, wo sie nach der Coronavirus-Krise die Handschuhe aber wieder überstreifen wird, um die Box-AG für ihre Schülerinnen und Schüler zu leiten. Hamza Touba wird im Wintersemester 2020/21 an der Pädagogischen Hochschule ein Studium beginnen. „Ich arbeite gerne mit Kindern“, betont er, „es macht mir Spaß, sie zu motivieren.“ Dass er Sport studieren wird, ist klar, das zweite Fach könnte Ethik oder Politik sein.
Mit diszipliniertem Verhalten und gesunder Ernährung möchte Hamza Touba fit bleiben, und falls ihm das fiese Virus begegnen sollte, „gibt’s eine Links-rechts-links-Kombination. Das ist im Kampf immer ein gutes Mittel!“

Claus-Peter Bach am 30. März 2020 in der Rhein-Neckar-Zeitung

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