Sonntag, 22. Dezember 2024

Kein Spitzenturnen mehr in Heidelberg

Die KTG hat ihre Riege aus der Deutschen Turn-Liga abgemeldet – Zu wenige Turner und zu wenig Geld

Das Jahr 2024 geht für den Sport in der Kurpfalz mit Rückschlägen zu Ende. Kaum eine Woche nach dem Auseinanderbrechen der Ringer-Kampfgemeinschaft Ladenburg/Schriesheim, die als Kurpfälzer Löwen und großen Hoffnungen in die Oberliga gestartet war, hat die Kunstturn-Gemeinschaft Heidelberg ihre Männer-Riege aus der Deutschen Turn-Liga (DTL) zurückgezogen.

In der Saison 2024 hatte die Mannschaft von Trainer Daniel Morres (28) von sieben Wettkämpfen in der 2. Bundesliga Nord nur einen gewonnen, damit aber mit zwei Wertpunkten und -26 Gerätepunkten als Tabellensiebter vor der niedersächsischen TuS Vinnhorst II (2/-36) den Klassenverbleib geschafft. Nun aber, nach einer Sitzung des Vereinsvorstandes, ist Schluss. Die KTG wird 2025 überhaupt keine Mannschaft melden, weder in der 2. noch in der 3. Bundesliga der DTL. 

„Wir haben in der letzten Woche verschiedene Optionen besprochen, doch wir mussten feststellen, dass wir nicht genügend leistungsstarke Turner zur Verfügung hätten, um eine konkurrenzfähige Mannschaft für die 2. oder 3. Liga stellen zu können“, begründete der KTG-Vorsitzende Professor Dr. Henning Plessner die schwerwiegende Entscheidung. Der 59-jährige Psychologe, Direktor des Instituts für Sport und Sportwissenschaft der Universität Heidelberg, führt die KTG seit elf Jahren an und lässt erkennen, dass ihm und seinen Mitstreitenden dieser Schritt nicht leichtgefallen ist: „Wir hatten keine andere Wahl, denn uns fehlen die Ressourcen, um in der DTL zu bleiben.“

Die KTG hätte in eine Riege für 2025 enorm investieren müssen, das weiß auch der turnende Trainer Daniel Morres, für den die jüngste Entwicklung der KTG „sehr bedauerlich“, ja sogar „schockierend“ ist. Nachdem die KTG den Zweitliga-Klassenverbleib nur hauchdünn und mit dem für die letzten beiden Wettkämpfe in Kirchheim gegen Vinnhorst II und in Dillingen gegen die TG Saar II von seinem Studienaufenthalt in Tokio zurückgekehrten Shimon Aoki (20) geschafft hatte, verkündeten außer Aoki auch Leon Wendt (22), der beste KTG-Turner des Jahres, sowie Joel Schauwienold (20) und Lorenz Steckel (19), dass sie 2025 im Ausland studieren werden. „Damit war klar, dass wir zu wenige Turner haben werden“, schätzte Daniel Morres die Lage realistisch ein.

Natürlich hat man in der KTG darüber nachgedacht, die Lücken durch die Verpflichtung von auswärtigen Turnern zu schließen, „doch dafür fehlen dem Verein die Mittel,“ sagte Morres. Das bestätigt Henning Plessner, der das zur Verfügung stehende Geld lieber in die Nachwuchsförderung investieren möchte – wobei man eher von Nachwuchsfindung sprechen müsste, denn hinter der Riege von 2024 klafft ein „Riesenloch. Das nächste Talent, dem wir einen Sprung in die DTL zutrauen, heißt Timon Kanther und ist erst 13 Jahre alt. Timon gehört dem Turn-Team Baden an und turnt gegenwärtig aber in Herbolzheim, weil wir nicht genügend Talente in seinem Alter haben,“ bedauert Henning Plessner und liefert eine mögliche Erklärung: „Durch Corona sind uns sehr viele Talente weggebrochen.“

Nun wird es fünf, sechs Jahre dauern, bis die KTG wieder an einen Start in einer DTL-Liga denken darf. Seit 2007 turnten die Heidelberger auf Bundes-Niveau, 2007, 2009, 2011 und 2015 gehörten sie sogar - mit den Eigengewächsen Andreas und Sebastian Hofer, Kenji Howoldt, Manfred Jäger, Michael Wilhelm, Christian Berczes und anderen – der Bundesliga an. Dan Potra, Flavius Koczi, Christian Rehfeld und Thomas Seitel verstärkten die KTG-Riege und zeigten begeisternde Leistungen. Nur Seitel, inzwischen 36, turnt noch in der obersten Liga. Er ist seit 2018 der Lebensgefährte von Helene Fischer.

Freitag, 6. Dezember 2024

Stade Toulousain neuer Partner des RBW

Der französische Rekordmeister und der Landesverband bilden gemeinsam aus

Der französische Spitzenklub Stade Toulousain und der Rugby-Verband Baden-Württemberg (RBW) gehen in der Ausbildung von Talenten, Ausbildern und Trainern (m, w, d) künftig gemeinsame Wege. Das vereinbarten Émile Ntamack (54), der Direktor der Akademie von Stade Toulousain, und der RBW-Vorsitzende Claus-Peter Bach (67) per Handschlag am 4. Dezember 2024 in München am Rande der Internationalen Sportartikelmesse (ISPO).

„Es ist uns eine Freude, mit Baden-Württemberg als führendem deutschen Landesverband eng zusammenzuarbeiten“, sagte Émile Ntamack. „Es ist uns eine große Ehre, eine Partnerschaft mit dem besten Rugbyverein Europas einzugehen, von der unsere vielen Talente und die Übungsleiter und Trainer unserer Mitgliedsvereine enorm profitieren werden“, freut sich Claus-Peter Bach und fügt hinzu: „Es ist wichtig, dass wir jetzt neue Wege beschreiten, die Augen offenhalten und Neues lernen. Es bringt unsere Spielerinnen und Spieler und unsere Trainerinnen und Trainer nicht weiter, wenn wir immer im eigenen Saft schmoren. Wir müssen uns an den Besten orientieren, um uns zu verbessern.“

Konkret wurde vereinbart, dass die ST-Akademie beim RBW-Sommercamp vom 8. bis zum 13. September 2025 Ausbilder und Trainer nach Heidelberg entsendet, die tagsüber Spielerinnen und Spieler der Altersklassen U10, U12 und U14 schulen und zwischen 17 und 20 Uhr sowie am gesamten Samstag Übungsleiter und Trainer aller Vereine Baden-Württemberg aus- und fortbilden. Die Stunden werden auf die Lizenzaus- und -fortbildung angerechnet, wie RBW-Lehrwart Jan Ceselka festlegte. Beim Sommercamp wird es erstmals auch einen Kurs für Rugby-Anfänger geben.

ST prüft die kurzfristige Teilnahme einer U16-Mannschaft an den Heidelberg Sevens (27. – 29. Juni 2025) und wird die U18- und U16-Auswahlen des RBW in den Herbstferien 2025 zu Trainings und Spielen in Toulouse empfangen. 2026 wird das Ausbildungsprogramm fortgesetzt und auf die Mädchenauswahlen erweitert. Talentierte Spielerinnen und Spieler sowie ambitionierte Trainerinnen und Trainer sind ab sofort zu kurz-, mittel- und langfristigen Hospitanzen in Toulouse willkommen.

Stade Toulousain wurde 1907 gegründet und hat die französische Rugby-Meisterschaft seit 1912 23-mal gewonnen, zuletzt am 28. Juni 2024 durch einen phänomenalen 59:3-Endspielsieg über die Union Sportive Bègles-Bordeaux. Außerdem hat der Verein sechsmal die europäische Champions League um den Heineken-Cup gewonnen, erstmals 1996 mit Kapitän Émile Ntamack, letztmals 2024. Trainer ist der ehemalige Nationalspieler Ugo Mola, der 39 Profis und 24 Talente unter Vertrag hat. Unter den Berufsspielern sind 25 Nationalspieler aus zehn Nationen. Verbindungshalb Romain Ntamack (25) und Flankenstümer Théo Ntamack (22) sind die Söhne von Émile Ntamack. Romain gilt als einer der genialsten Spielmacher der Welt.

Émile Ntamack bestritt das erste seiner 46 Länderspiele als Schlussmann im Mai 1993 in Hannover gegen Deutschland (27:71), gewann 1997 den Grand Slam im Fünf-Nationen-Turnier, Bronze bei der WM 1995 in Südafrika und Silber bei der WM 1999 in Großbritannien. Das 43:31 der Franzosen im Halbfinale von Twickenham gegen Neuseeland (mit Jonah Lomu) zählt zu den größten Rugbyspielen aller Zeiten. Er war 1995 Frankreichs Rugbyspieler des Jahres. 2006 führte er die französische Mannschaft als Trainer zur U21-Weltmeisterschaft.


Sie wagten einen wichtigen Schritt in die gemeinsame Zukunft: Claus-Peter Bach, Émile Ntamack und Thierry Deyber (v.l.).  Foto: privat


Montag, 25. November 2024

Corrida im Boxring: Stier jagt den Jäger

Labinot Xhoxhaj schlägt den hoch favorisierten Aleks Zakhozhyi und ist neuer Schwergewichts-Europameister

Tina Rupprecht aus Augsburg ist neue Box-Weltmeisterin im Atomgewicht, Devrim Gökduman aus Karlsruhe ist neuer Weltmeister im Junior-Leichtgewicht, Labinot Xhoxhaj aus Lahr ist neuer Europameister im Schwergewicht, und drei Boxer aus Heidelberg haben mit zwei Siegen und einen Remis überzeugt.

Das sind die wichtigsten Ergebnisse eines Kampfabends der Berufsboxer in der bis auf den letzten Platz mit knapp 1500 Zuschauern gefüllten Halle des Olympiastützpunkts Metropolregion Rhein-Neckar. „Organisation und Stimmung waren großartig, die Kämpfe auf gutem Niveau“, sagte Volker Grill (Bammental), der 73-jährige Präsident des Bundes Deutscher Berufsboxer, nach der ersten in rund 30 Länder übertragenen Profi-Veranstaltung in der alten Boxstadt Heidelberg.

Und eine ganz große Überraschung gab es auch: Schwergewichts-Europameister Aleksandr Zakhozhyi, der aus seiner ukrainischen Heimat Kiew kürzlich nach Wiesloch gezogen ist, von seinem Management als legitimer Nachfolger der weltmeisterlichen Klitschko-Brüder gepriesen wird und am Samstag von Heidelberg aus eine Weltkarriere starten wollte, hat seinen EBU-Gürtel nach zwölf harten Runden an den ebenfalls 31-jährigen Kosovaren Labinot Xhoxhaj aus dem mittelbadischen Lahr verloren. Ringsprecher Ingo Rohrbach kam mit der Verkündung des Urteils nicht weit: „116:110, 115:111, 116:110. Der neue Europameister…“, rief Rohrbach, ehe seine weiteren Worte im Jubel des Boxfans untergingen und Labinot Xhoxhaj unter einer Traube von glückstrunkenen Trainern und Betreuern in der Ringmitte begraben wurde. Derweil stand Aleks Zakhozkyi, völlig ausgepumpt und Kopf schüttelnd, in der blauen Ecke und ahnte, dass die Weltkarriere vorbei ist, bevor sie begonnen hat.

„Xhoxhaj hat völlig verdient gewonnen. Er hat den Kampf mehr gewinnen wollen und ab der fünften Runde beherrscht. Zakhozhyi hatte deutliche Konditionsprobleme und fand kein Mittel, seine Reichweitenvorteile zu nutzen“, sagte Helmut Ranze (Worms), der Supervisor des Europameisterschaftskampfes, der – als die Jubelstürme der Xhoxhaj-Anhänger abgeflaut waren – den EBU-Gürtel dem neuen Europameister um die Hüfte schlang, auf dessen erste Titelverteidigung man sich freuen darf.

Der 22 Zentimeter kleinere Labinot Xhoxhaj, der kurzfristig für den verletzten Schweizer Herausforderer Arnold Gjergjaj eingesprungen war, bestritt den Titelkampf wie ein wilder Stier (ohne Hörner), und zwar über volle zwölf Runden und ohne jede konditionelle Schwäche. Anfangs boxte Aleks Zakhozkyi mit langen Armen aus sicherer Distanz und streckte seinen Gegner in der zweiten Runde mit einer rechten Geraden auch zu Boden, doch von Runde zu Runde wurde Xhoxhaj offensiver und mutiger, während der Titelverteidiger mehr und mehr die Übersicht verlor, sich pausenlos regelwidrig auf den Rücken des Wahl-Mittelbadeners plumpsen ließ und nach den Trennkommandos des finnischen Ringrichters Anssii Perajoki immer mehr Kopf- und Körpertreffer verkraften musste. So kam es, dass „The Hunter“ Zakhozkyi vom stiernackigen Herausforderer durch den Ring gejagt wurde und nach dem Schlussgong froh sein konnte, nicht ausgeknockt worden zu sein.

Jubel im OSP brandete erstmals auf, als die drei jungen Matadore aus Tom’s Box Gym, wie das Boxgymnasium Heidelberg-Rohrbach neuerdings heißt, Proben ihres beachtlichen Könnens ablieferten. Mansoor Zada (21) und Elija Ülküseven (25) gewannen ihre Kämpfe verdient nach Punkten, Amin Younis (21) erreichte gegen den Polen Szymon Kajda ein leistungsgerechtes Unentschieden. Younis boxt seit seinem neunten Lebensjahr bei Trainer Tom Schneider (49), der Mansoor und Ülküseven seit drei Jahren unter seinen Fittichen hat.

Nordbaden hat nun einen Box-Weltmeister. Der 24-jährige Karlsruher Devrim Gökduman besiegte im Junior-Leichtgewichtstitelkampf der International Boxing Federation den gleichaltrigen Venezolaner Yohan Morocoima durch technischen K.o. nach 1:55 Minuten der fünften Runde. Beide Boxer sind schnell und technisch hervorragend ausgebildet. Zu Gökdumans ersten Gratulanten zählte der faire Yohan Morocoima.

Gegen 23.30 Uhr kochte die Stimmung in der Halle fast über, als die 32-jährige Tina Rupprecht, die einen lautstarken Fan-Club aus Augsburg mitgebracht hatte, ihren Weltmeisterschaftskampf gegen die ebenso schnelle und boxerisch beschlagene Japanerin Eri Matsuda (30) nach flinken zehn Runden mit 3:0 Richterstimmen gewann. Rupprecht trägt nun die Gürtel der Weltverbände WBA, WBC und WBO und wird demnächst gegen die japanische IBF-Weltmeisterin Sumire Yamanaka antreten, um auch deren Gürtel zu erobern.   


Boxen in Heidelberg

Super-Mittelgewicht (-76,2 kg): Mansoor Zada (Tom’s Box Gym Heidelberg) 2:1-

Punktsieger über Bartlomiej Wlodarczyk (Lodz/Polen).

Super-Mittelgewicht (-76,2 kg): Devin Adam (Schwenningen) 3:0-Punktsieger über Pavel

Albrecht (Brünn/Tschechien).

Super-Leichtgewicht (-63,5 kg): Rudolf Hoffmann (Schwenningen) 3:0-Punktsieger über

Atilla Kayabasi (Osnabrück).

Leicht-Schwergewicht (-79,8 kg): Amin Younes (Tom’s Box Gym Heidelberg)

unentschieden gegen Szymon Kajda (Olkusz/Polen).

Leicht-Schwergewicht (-79,8 kg): Elija Ülküseven (Tom’s Box Gym Heidelberg) 3:0-

Punktsieger über Dominik Ameri (Hamburg).

Cruisergewicht (-90,7 kg): Yasin Basar (Ravensburg) Sieger durch technischen K.o. 5.

Runde gegen Juan Diaz (Maracay/Venezuela).

Super-Leichtgewicht (-63,5 kg): Alexander Hoffmann (Schwenningen) Sieger durch

technischen K.o. 3. Runde gegen Cheik Zongo (Koudougou/Burkina Faso).

Weltmeisterschaft im Junior-Leichtgewicht (-61 kg): Devrim Gökduman (Karlsruhe)

Sieger durch technischen K.o. 5. Runde gegen Yohan Morocoima (Caracas/Venezuela).

Europameisterschaft im Schwergewicht (+100 kg): Labinot Xhoxhaj (Lahr/Kosovo) 3:0-

Punktsieger über Aleksandr Zakhozhyi (Wiesloch/Ukraine).

Weltmeisterschaft im Atomgewicht (-47,6 kg): Tina Rupprecht (Augsburg) 3:0-Siegerin

über Eri Matsuda (Tokio/Japan). CPB

Donnerstag, 21. November 2024

Ein neuer Herausforderer für Aleks Zaghozkyi

Anstelle des verletzten Schweizers Gjergjaj boxt nun Labinot Xhoxhaj aus dem Kosovo um die Schwergewichts-Europameisterschaft – Drei WM-Fights in Heidelberg

Das kommt vor im Sport. Weil sich der Schweizer Arnold Gjergjaj (40) beim Sparring am Ellbogen verletzt hat und operiert werden musste, wird der 31-jährige Ukrainer Oleksandr Zakhozkyi seinen Europameistertitel im Schwergewicht am Samstagabend im Olympiastützpunkt Metropolregion Rhein-Neckar nun gegen einen neuen Herausforderer verteidigen. Der mutige Mann, der sich dem 2,06 Meter großen Wieslocher Neubürger Zakhozkyi mit dem Kampfnamen “The Hunter“ entgegenstellen wird, heißt Labinot Xhoxhaj, stammt aus dem Kosovo, lebt im mittelbadischen Lahr und ist ebenfalls 31 Jahre alt.

Vor dem Titelkampf der Europäischen Box-Union (EBU), der auf zwölf Runden zu je drei Minuten angesetzt ist, haben die beiden Kontrahenten nicht nur Alter und Statur gemein, sondern auch die Erfahrung als Berufsboxer. Aleks Zakhozkyi hat von seinen 19 Kämpfen 15 durch K.o. gewonnen und nicht ein einziges Mal den bitteren Geschmack einer Niederlage spüren müssen. Seine ukrainischen Landsleute sehen in ihm einen „neuen Klitschko“ – zumindest seine körperliche Erscheinung ist beeindruckend, „The Hunter“ ist ein Modellathlet. Auch Labinot Xhoxhaj hat 19 Kämpfe und 19 Siege in seinem Kampfrekord stehen und ist auf der Rangliste der EBU der erste Herausforderer nach Gjergjaj.

Das kurzfristige Einspringen in einen europäischen Titelkampf ist für Xhoxhaj kein Problem: „Ich trainiere das ganz Jahr über hart und bin immer zum Kampf bereit.“ Auch Zakhozkyi freut sich auf den Kampf: „Ich bin gut vorbereitet und in der Lage, meinen Gürtel jederzeit und gegen jeden Gegner zu verteidigen“, sagt der fließend Englisch sprechende Europameister.

Wie der Veranstalter Benedikt Poelchau (Hamburg) bei der gestrigen Präsentation der Kämpfenden und ihrer sieben bunten Meistergürtel – die der Männer sind rosa und rot, die der Frauen sind blau – in einem Heidelberger Berggasthof sagte, ist der OSP mit seinen 1497 Sitzplätzen fast ausverkauft. „Es gibt über wwwn.eventim.de noch rund hundert Tickets, die Restkarten bieten wir vielleicht auch an der Abendkasse an“, sagte Poelchau und verkündete, dass die Heidelberger Fights unter der Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Professor Eckart Würzner ab 20 Uhr live in 30 Länder übertragen werden, über www.sportschau.de auch im bundesweiten Live-Stream.   

Außer dem Schwergewichtskampf der Männer werden ab 18 Uhr (Einlass: Ab 17 Uhr) zunächst acht Kämpfe süddeutscher Nachwuchsprofis gegen Kontrahenten aus Polen, Tschechien, Venezuela und Burkina Faso angeboten, wobei auch der Supermittelgewichtler Mansoor Zada und der Leichtschwergewichtler Amin Younis aus dem Boxgymnasium Heidelberg ihr Können zeigen und das Publikum auf Betriebstemperatur bringen möchten.

Dann wird es ernst: Im Atomgewicht, der Klasse bis 47,6 Kilogramm Körpergewicht, kämpfen Sumire Yamanaka aus dem japanischen Osaka und Fabiana Bytyqi aus Tschechien um den vakanten WM-Titel der IBF. „Ich habe nichts zu verlieren“, ist die Japanerin sehr gespannt darauf, ob sich der fernöstliche oder der europäische Kampfstil in Heidelberg durchsetzen wird.

Danach geht es zwischen dem sehr fitten Karlsruher Devrim Gökduman und dem schlanken Yohan Morocoima aus Caracas/Venezuela um die vakante IBF-Weltmeiersterschaft im Leichtgewicht der Junioren. „Ich habe mich vier Monate lang intensiv auf diesem Kampf vorbereitet und hoffe, dass ich den WM-Gürtel mit in meine Heimatstadt Karlsruhe nehmen kann“, sagt der 24-jährige Badener.

Im letzten Kampf des Abends, „eventuell gegen Mitternacht“ (Mitveranstalter Heiko Hofstätter), geht es zwischen Tina Rupprecht aus Augsburg und Eri Matsuda aus Tokio in einem 10-Runden-Titelkampf darum, wer künftig alleinige Weltmeisterin aller Weltverbände im Atomgewicht sein darf. Rupprecht (13 Kämpfe, 11 Siege. 1 Niederlage, 1 Remis) besitzt gegenwärtig drei Gürtel, Matsuda (7 Kämpfe, 5 Siege, 1 Niederlage, 1 Unentschieden) brachte zwei WM-Gürtel und ein herzhaftes Lachen mit auf den Königstuhl.           

Dienstag, 19. November 2024

Dritter Sieg in der EM-Vorbereitung

Deutsche Rugby-Fünfzehn gewinnt in Dubai gegen die VAE mit 26:20

Erstmals seit 2018 bereitet sich die deutsche Rugby-Nationalmannschaft seriös auf die Ende Januar 2025 beginnende Europameisterschaft vor. Am Samstag gewann die deutsche Fünfzehn das vierte Vorbereitungsspiel in Dubai gegen die Auswahl der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) mit 26:20 (14:10) Punkten. Nach einer knappen Niederlage bei den Vancouver Highlanders war es der dritte Sieg in Folge für das Team von Nationaltrainer Mark Kuhlmann (Heilbronn), der von seinen Assistenten Michael Poppmeier (Frankfurt/Sturm) und Lars Eckert (Heidelberg/Hintermannschaft) kompetent unterstützt wird. Zuvor hatten die Deutschen in Heidelberg gegen die Bohemian Warriors und in Gloucester gegen die British Army gewonnen.

Mark Kuhlmann ist mit den Testspielen, denen nun viele gemeinsame Wochenend-Trainings im Landesleistungszentrum Heidelberg folgen werden, zufrieden, weiß aber, dass die drei EM-Vorrundengegner nicht von Pappe sind. Am 31. Januar beginnt das Turnier der acht besten kontinentalen Teams mit einem Spiel gegen den früheren vielfachen Europameister Rumänien, ehe am 9. Februar das Match bei Vizeeuropameister Portugal folgt, der am Samstag das Weltranglistenspiel in Schottland zwar mit 21:59 verloren hat, mit dem Weltranglisten-Sechsten jedoch lange gut mithielt und drei Versuche legte. Die EM-Vorrunde endet für die Deutschen am 16. Februar im Aue-Stadion in Kassel mit einem Heimspiel gegen Belgien, das gegenwärtig auf Platz 29 rangiert. Die Deutschen liegen auf Rang 32. In der anderen Vorrundengruppe spielen Europameister Georgien, Spanien, die Niederlande und Aufsteiger Schweiz.

Pikant ist, dass sich die Ersten und Zweiten der beiden Vorrundengruppen direkt für die Teilnahme an der Weltmeisterschaft 2027 in Australien qualifizieren. Dort waren die Deutschen noch nie. Mark Kuhlmann sagt: „Natürlich wird es sehr schwer, in dieser Gruppe zwei Spiele zu gewinnen. Aber vielleicht können wir in Bestbesetzung spielen und erwischen einen Sahnetage und die Gegner schwächeln…“ Jeder Trainer lebt jeden Tag auch von der Hoffnung.

In Dubai legten die Deutschen vier Versuche durch den Neuenheimer Außendreiviertel Felix Lammers (23. und 60. Minute), Außendreiviertel Wolfram Hacker von der Rudergesellschaft Heidelberg (40.) sowie Flankenstürmer Marcel Henn vom deutschen Meister SC Frankfurt 1880 (48.). Spielmacher Nikolai Klewinghaus (SCN) trat drei Erhöhungen ins Goal. Kuhlmann war mit Felix Lammers, dem jungen Frankfurter Stürmer Oliver Stein und dem für den englischen Maidenhead RFC spielenden und als Ingenieur für den McLaren-Rennstall in der Formel 1 tüftelnden Flanker Shawn Ingle sehr zufrieden.

Leider lief es am ersten Spieltag der Europameisterschaften in Prag für den deutschen Nachwuchs überhaupt nicht gut. Die U18 verlor gegen Titelverteidiger Georgien mit 0:67 (0:39) und spielt am heutigen Dienstag im Kampf um die Plätze 5 bis 8 gegen Rumänien, das gegen die Niederlande mit 12:28 verloren hat. Die deutsche U20 musste sich den Niederlanden unerwartet klar mit 34:61 (27:34) geschlagen geben und muss nun gegen Polen um die Ränge 5 bis 8 kämpfen. Der deutschen Fünfzehn gelangen vier Versuche durch Quentin Moughty (2/München RFC) und Lennox Wiese (2/Heidelberger Ruderklub). Alexander Lott (Hannover 78) traf mit allen vier Erhöhungen und mit zwei Straftritten.   

Sonntag, 17. November 2024

Klassenverbleib trotz sechster Niederlage

Die KTG Heidelberg verlor in der 2. Kunstturn-Bundesliga bei der TG Saar II, doch Vinnhorst II steigt ab

Die KTG Heidelberg hat ihren letzten Saison-Wettkampf beim Tabellenletzten TG Saar II zwar mit 27:34 Scorepunkten verloren, den Klassenverbleib in der 2. Kunstturn-Bundesliga Nord aber hauchdünn geschafft. Die Heidelberger Männer belegen in der Abschlusstabelle hinter den ebenfalls geretteten Saarländern (3 Wertpunkte) den siebten und vorletzten Platz. Sie haben wie Schlusslicht TuS Vinnhorst II nur zwei Wertpunkte, aber mit minus 26 gegenüber minus 36 das deutlich bessere Gerätepunkte-Konto. Den einzigen Saisonsieg hatte die KTG am sechsten Wettkampftag gegen Vinnhorst II gefeiert, weshalb auch der direkte Vergleich für Heidelberg spricht.

Nach einer Saison, in der vieles ganz anders kam als erhofft, Verletzungen und Patzer an den sechs Geräten die Heidelberger immer wieder hart trafen und die Planungen über den Haufen warfen, war der turnende KTG-Trainer Daniel Morres, wie immer von Oleksandr Babenko loyal mit Rat und Tat unterstützt, glücklich und zufrieden. Sein erstes Trainerjahr hatte sich der 28-Jährige zwar einfacher gewünscht, nachdem er im Sommer verkündet hatte, dass  die KTG mit dem Abstiegskampf nichts zu tun haben wolle. Doch nachdem es ein Zittern bis zum letzten Gerät „in einem super-spannenden Wettkampf“ geworden war, wurde wenigstens der Klassenverbleib, das minimale Saisonziel, auch deshalb erreicht, weil Vinnhorst II gegen den überragenden Meister und möglichen Bundesliga-Aufsteiger MTV Ludwigsburg mit allem Kampfgeist nicht gewinnen konnte. Davon waren die Heidelberger fest ausgegangen. „Wir haben während des Wettkampfs nicht im Internet geschaut, wie es in Hannover läuft“, beteuerte Daniel Morres, der sich auch über den Klassenverbleib der TG Saar II freut: „Mit diesen Turnern sind wir seit vielen Jahren befreundet. Wir haben unseren Klassenerhalt gemeinsam in Saarbrücken gefeiert.“

Der Wettkampf in der Kreissporthalle in Dillingen begann planmäßig, die KTG gewann das Bodenturnen mit 9:0 Scorepunkten, nachdem Shimon Aoki gegen Marius Püschel fünf  und Karl-Ole Gäbler gegen Natnael Gebremedhin vier Punkte geholt hatten und es Leon Wendt – dem über die gesamte Saison besten Heidelberger – gelungen war, gegen den für die Saar-Riege turnenden und lange in Heidelberg trainierenden ehemaligen japanischen Jugend-Olympiasieger Kenya Yuasa bei Noten von 12,75 und 12,65 ein 0:0 zu erzwingen. Im weiteren Wettkampf-Verlauf bewies der 28-jährige Japaner seine große Klasse und war mit elf Scorepunkten bester Turner des Wettkampfes.

Vom Seitpferd, an dem Ricards Plate mit vier Scorepunkten überzeugte, musste ausgerechnet der so sicher turnende Karl-Ole Gäbler zur Unzeit absteigen, und Thorben Krebs und Shimon Aoki (gegen Kenya Yuasa) gingen leer aus, sodass die Gerätewertung mit 4:10 an die Gastgeber ging. An den Ringen holte das britische KTG-Kraftpaket Henry Lewis gegen Boris Jung fünf Scorepunkte, und Carl Steckel steuerte zur 6:7-Gerätewertung einen Zähler bei.

Den letzten Jubel erlebten die Heidelberger beim mit 4:0 gewonnenen Sprung, wo Henry Lewis punktete und Lorenz Steckel, Karl-Ole Gäbler und Leon Wendt ihre Gegner bei null Punkten hielten. Weil Ricards Plate am Barren einen Sturz hatte und nur Leon Wendt gegen Joshua Maul einen Punkt holte, ging das vorletzte Gerät mit 1:8 Punkten verloren, und beim 3:9 am Reck wurde ganz real, dass die TG Saar II den Wettkampf gewinnen wird. Lorenz Steckel hielt mit einer guten Übung dagegen, doch die Kameraden im grün-roten Trikot patzten. Das Reck war einmal das Paradegerät der KTG, doch das ist leider länger her. 


Leon Wendt, hier bei seinem höchst schwierigen Sprung, war in der Saison 2025 der beste Turner der KTG Heidelberg. Foto: F&S

Freitag, 15. November 2024

Ein Wahl-Heidelberger auf Klitschkos Spuren

Der Ukrainer Aleks Zakhozkyi verteidigt im Olympiastützpunkt seinen EM-Titel im Schwergewicht

Man muss sich sputen. Wer gerne gutklassiges Boxen erleben möchte, kann am übernächsten Samstag (23. November) ab 17 Uhr in die große Sporthalle des Olympiastützpunkts Metropolregion Rhein-Neckar im Neuenheimer Feld 710 kommen, sofern es gelingen sollte, noch eine der 350 verfügbaren Eintrittskarten bei www.eventim.de zu kaufen. Denn von den 1497 Zuschauerplätzen waren gestern bereits weit über tausend belegt.

Zwölf Profikämpfe hat der Veranstalter Heiko Hofstätter ab 18 Uhr geplant, und die Höhepunkte des Kampfabends werden ab 20.30 Uhr vier Fights um die Weltmeistergürtel sein, die die konkurrierenden Weltverbände WBC, WBA, WBO und IBF und die European Boxing Union (EBU) mit nach Heidelberg bringen werden.

Der 2,07 Meter große Ukrainer Oleksandr Zakhozkyi, der nicht nur von seiner Ehefrau Alevtina „Aleks“ genannt wird, ist nach 19 Siegen in 19 Kämpfen und 15 Niederschlägen, Europameister der EBU im Schwergewicht und trägt damit jenen Titel, den Max Schmeling 1939, die Briten Lennox Lewis 1990 und Tyson Fury 2014 sowie die ukrainischen Brüder Vitali und Wladimir Klitschko 1998/99 errungen hatten.

Der 31-jährige Hüne Aleks Zakhozkyi, der in der Nähe der von Oberbürgermeister Vitali Klischko verteidigten Hauptstadt Kiew geboren wurde und seit rund drei Monaten in Wiesloch lebt, trifft im Olympiastützpunkt auf Arnold Gjergjaj, der vor 40 Jahren im heutigen Kosovo geboren wurde, Staatsbürger der Schweiz ist und während seiner 38 Profikämpfe nur drei Niederlagen erlitten hat. Während sich der Wahl-Heidelberger Zakhokyi mit dem Kampfnamen „The Hunter“ schmückt, nennt sich der Wahl-Schweizer Gjergjaj „The Copra“. Die Schlange möchte dem Jäger also dem EM-Gürtel abjagen.

Gert Bartmann, der Leiter des Amtes für Sport und Gesundheitsförderung der Stadt Heidelberg, verdeutlichte den Profiboxern die große Tradition des Boxens rechts und links des Neckars, wo Athleten des BC Heidelberg – zuletzt Ingo Schredle und Bernd Schwab – deutsche Meisterschaften der Amateure errungen haben und Olympiaboxer wie Erik Pfeifer, David Graf oder Hamza Touba gereift sind. Sie alle haben jahrelang mit dem ehemaligen russischen Junioren-Weltmeister Vladimir Pletnev, 20 Jahre lang Bundestrainer und in Baden-Württemberg anerkannter Talentscout, trainieren dürfen. Der 46-Jährige betreut auch Aleks Zakhozkyi, den er auch gestern beim Sparring mit dem Isländer Kolbeinn Kristonsson mit klaren Anweisungen auf Russisch begleitet hat. „Ukrainisch kann ich nicht“, sagte Pletnev mit verschmitztem Lächeln. Sein Schützling habe die Form für einen 12-Runden-Fight, ist der Trainer auch nach den gemeinsamen Trainings mit körperlich passenden Profis aus Frankreich und der Schweiz überzeugt.   

Außerdem kämpfen: Tina Rupprecht aus Augsburg gegen Weltmeisterin Eri Matsuda aus Japan, IBF-Weltmeisterin Sumire Yamanaka aus Japan gegen Fabiana Bytygi aus Tschechien, Devrim Gökduman aus Karlsruhe um die IBF-Weltmeisterschaft gegen Yohan Morocoima aus Venezuela sowie Elija Ülküseven und Amin Younes vom Boxgymnasium Heidelberg gegen Jungprofis aus Süddeutschland.

Sonntag, 10. November 2024

Die KTG ist dem Klassenverbleib sehr nahe

Gegen TuS Vinnhorst II gelang den Heidelberger Kunstturnern der erste Saisonsieg

Mit einem 36:23-Heimsieg über den TuS Vinnhorst II hat sich die KTG Heidelberg auf den sechsten Tabellenplatz der 2. Kunstturn-Bundesliga Nord verbessert und dem Klassenverbleib genähert. Mit Blick auf die Ansetzungen am Samstag, wenn der siebte und letzte Wettkampftag stattfinden wird, ist es wahrscheinlich, dass Vinnhorst hinter Heidelberg bleiben wird, denn im Heimkampf gegen Tabellenführer MTV Ludwigsburg wird der Riege aus dem hannoverschen Stadtteil kein Punktgewinn glücken. Die KTG hingegen will auch bei Schlusslicht TG Saar II gewinnen. Dies wird jedoch sehr schwer, denn die Dillinger haben bei der KTV Obere Lahn 39 Scorepunkte erzielt, alleine 17 durch den 26-jährigen Japaner Kenya Yuasa. Der ehemalige Jugend-Olympiasieger war im Frühjahr eigentlich nach Deutschland gekommen, um für die KTG Heidelberg zu turnen…

Leider erlebten kaum 150 Zuschauer den ersten Saisonerfolg der KTG, doch glücklicher Weise sorgten die zahlreichen Turnkinder mit ihren Vogelrätschen und Trommeln für lautstarke Unterstützung einer Mannschaft, die mit 293,70 Wettkampfpunkten das beste Saisonergebnis erzielte und auch 7:5 Gerätepunkten eroberte. Das kann in der Abschlusstabelle entscheidend sein. „Wir haben uns um sechs Wettkampfpunkte gesteigert“, freute sich der turnende KTG-Trainer Daniel Morres, der mit seiner mit einer Tkatschow-Grätsche verzierten Reckübung vier Scorepunkte holte, auf der Bodenfläche unter seinen jubelnden Teamkameraden begraben wurde und danach mit dem ganzen Verein einen fröhlichen Abend erlebte: „Wir haben gegrillt, ein leckeres Büffett genossen und all jene Menschen beschenkt, die uns in dieser schweren Saison unterstützt haben.“

Mehrere Faktoren trugen zum KTG-Sieg bei: In 14 der 24 Übungen holten sieben KTG-Athleten Scorepunkte. Sie gewannen am Boden mit 7:3, den Sprung mit 6:2 und am Reck mit 11:0, sie erreichten am Barren ein 6:6, und sie gingen am ungeliebten Pauschenpferd mit 3:6 diesmal nicht unter. Hilfreich kann das Fehlen des finnischen hannoverschen Spitzenturners Elias Koski gewesen sein, der nach einer Vermutung von Daniel Morres „bei einem internationalen Wettkampf“ gebunden war. Und mitentscheidend war das erstmalige Mitwirken des 20-jährigen Shimon Aoki, der seinen Studienaufenthalt in Japan unterbrochen hat, um den KTG zum Klassenverbleib zu verhelfen, großartig turnte und wie Leon Wendt sieben Scorepunkte beisteuerte.

„Ich bin sehr erleichtert, dass es heute gut geklappt hat“, sagte Aoki, der auch in der nächsten Woche für die KTG turnen und danach mindestens bis August 2025 nach Japan zurückkehren wird. Der in Heidelberg aufgewachsene und in der KTG ausgebildete Sohn japanischer Eltern konnte in Tokio dreimal pro Woche im Leistungszentrum mit den Nationalturnern Nippons trainieren, womit er gewiss nicht schlechter geworden ist.

Gegen die mit dem 24-jährigen US-Amerikaner Ryan Curran (3 Scorepunkte) und dem 17-jähriger Ukrainer Vladyslav Rozkhov (2) angetretenen Hannoveraner schaffte Leon Wendt mit seinem Sprung, einem Kasamatsu mit zwei Schrauben, und der Note 14,00 die beste Wertung des Nachmittags, auch seine Bodenübung, bei der der 22-Jährige auf der zweiten Bahn einen gebückten Doppelsalto vorwärts in den sicheren Stand setzte, wurde mit 13,25 hoch bewertet. Weitere Höhepunkte waren der von Henry Lewis gezeigte Überschlag-Doppelsalto vorwärts über den Sprungtisch (13,55) und die Reckübung des Letten Ricards Plate (12,75), der als Abgang einen gestreckten Doppelsalto mit ganzer Schraube turnte.  

Shimon Aoki turnte erstmals in dieser Saison für die KTG Heidelberg und trug sieben Scorepunkte zum ersten Erfolg bei. Foto: F&S

Mittwoch, 30. Oktober 2024

Meister Toulouse behauptet seine Spitzenstellung

Eine Zwischenbilanz nach acht Spieltagen der französischen Top-14-Liga

Nach acht Spieltagen der französischen Top-14-Liga, nach einem guten Viertel der Saison also, lohnt sich ein Blick zu unseren westlichen Nachbarn. Der 23-malige französische Rugby-Meister Stade Toulousain, der im Endspiel der Saison 2023/24 am 28. Juni in Marseille mit 59:3 gegen die US Bordeaux-Bègles den höchsten Sieg in der Endspiel-Geschichte errungen hatte, hat seine Spitzenstellung behauptet und ist mit 29 Punkten Tabellenführer vor Vizemeister Bordeaux-Bègles (28), Aviron Bayonnais, Stade Rochelais-Atlantique (je 22), Castres Olympique und RC Toulon (je 19). Diese sechs Vereine würden, wenn jetzt alle 26 Spieltage absolviert wären, in die Playoff-Spiele einziehen.

Toulouse, das mit einem Saisonetat von 49 Millionen Euro für 39 Vollprofis und 24 Talente in die Saison gestartet ist, wird weiterhin von Trainer-Manager Ugo Mola (51) geführt, der in seinen aktiven Jahren als Innendreiviertel von Toulouse, Dax und Castres auch zwölf Länderspiele für die Equipe Tricolore bestritten hatte. Mola hat 25 Nationalspieler aus Argentinien, Australien, England, Frankreich, Italien, Neuseeland, Schottland, Spanien, Tonga und den USA zur Verfügung und hatte in den letzten Spielen die Schlussmänner aus vier Nationen in seiner Startformation: Den Franzosen Thomas Ramos als Schlussspieler, den Argentinier Juan Cruz Mallia als Verbindungshalb, den Schotten Blair Kingshorn als Linksaußen und den Italiener Ange Capuozzo als Rechtsaußen.

Der „Engel“, vor 25 Jahren als Enkel seiner aus Neapel stammenden Großeltern in Le Pont de Claix im Département Isère geboren und ab 2010 in der Jugend des FC Grenoble ausgebildet, flog beim 57:5-Sieg über Toulon gleich drei Mal hart neben der Eckfahne ins Malfeld des hoffnungslos überforderten Gegners, dessen Flankenstürmer Charles Ollivon gegenwärtig verletzt ist und der seine Gastspieler Dan Biggar (Wales) und Kyle Sinckler (England) erst spät einwechselte. Ange Capuozzo hat außerhalb des grünen Rasens übrigens als Maler Erfolg, seine Aquarelle werden hoch gehandelt. Im Kräftemessen zwischen den Spitzenklubs aus dem Département Midi-Pyrénées und dem Département Var kamen zwei Olympiasieger zum Einsatz: Bei Toulouse zog der unvergleichliche Antoine Dupont als weltbester Gedrängehalb der Gegenwart die Fäden, bei Toulon trug Ryan Rebbadj das Trikot Nummer 14, bekam von seinen Mannschaftskameraden aber keinen Ball.

Weil Toulouse so viele Nationalspieler hat, muss der Verein auch etliche Akteure für die Länderspiele ihrer Herkunftsländern abstellen. So musste sich das Meisterteam auch schon zwei Mal geschlagen geben: Am vierten Spieltag mit 12:16 gegen Bordeaux-Bègles und am fünften Spieltag beim 23:29 in Castres. Bordeaux, bei dem die Außendreivierteil Damian Penaud und Louis Bielle Biarrey ganz stark spielen und auch das international erprobte Halbpaar mit Maxime Lucu und Matthieu Jalibert viel besser ist als im Horror-Endspiel von Marseille, begann die Saison mit einem 46:26-Heimsieg über Stade Français Paris.

Paris, der Klub des Heidelberger Unternehmers Dr. Hans-Peter Wild (Capri-Sun), hatte ein schlechtes Saisonviertel und von den acht Spielen nur drei gewonnen: Mit 34:31 gegen den erfreulich spielstarken Aufsteiger RC Vannes, mit 29:28 gegen den RC Montpellier-Hérault und mit 36:6 gegen den AS Clermont-Auvergne. Gegen die Michelin-Männchen zeigte Paris, das von den Ex-Nationalspielern Frédéric Michalak und Morgan Parra gemanagt wird, eine geschlossene und starke Leistung, nachdem es zuvor – besonders bei der 3:35-Niederlage in Lyon – häufig schien, als ob es den Stürmern der ersten und zweiten Reihe an der körperlichen Fitness mangele. Außerdem verzichteten die Trainer hin und wieder auf den Einsatz des genialen Dreiviertelspielers Léo Barré, der vom Gedrängehalb bis zum Schlussmann internationale Klasse verkörpert. Stade Français hat wie Montpellier und Perpignan 14 Punkte, weniger Zähler hat nur Vannes (11) auf dem letzten Rang.

Bei den Bretonen ist der aus Aachen stammende deutsche Nationalspieler Eric Marks im Profi-Kader. Beim 34:28-Sieg gegen Castres Olympique hat Marks, der zum 100. Mal für Vannes spielte, ein volles Spiel in der zweiten Sturmreihe gemacht, beim 30:20-Erfolg gegen Lyon war der 1,96 Meter große 27-Jährige nicht im 23-er-Matchkader. Vannes hat schon elf Punkte gesammelt, das ist für einen Aufsteiger aller Ehren wert.

Eine große positive Überraschung ist Aviron Bayonnais. Nach dem jüngsten 49:38-Sieg in Lyon liegen die Südwest-Franzosen mit 22 Punkten, gleichauf mit La Rochelle, auf dem dritten Tabellenplatz. Der 35-jährige Verbindungshalb Camille Lopez führt in Bayonne mit Seelenruhe, feinen Pässen und einem nach wie vor treffsicheren Dropkick-Füßchen Regie. Dieser Fünfzehn scheint es Spaß zu machen, die Prominenz zu ärgern: Auch Racing 92 Paris (32:15) und La Rochelle (37:7) wurden besiegt, Perpignan und Montpellier sowieso.

Nun beginnen die Weltranglistenspiele des Herbstes. Viele Klubs müssen Spieler für die Länderspiele des Weltranglisten-Vierten gegen Japan (9. November), Neuseeland (16. November) und Argentinien (21. November, jeweils 21.10 Uhr) abstellen. Der Spielbetrieb in der Top-14-Liga wird aber fortgesetzt. 

Sonntag, 27. Oktober 2024

Die KTG zeigte ihr „volles Potenzial“

Dennoch gab es für die Heidelberger Kunstturner die fünfte Saisonniederlage – 34:45 gegen KTV Obere Lahn

Heidelberg. (CPB) Nach der fünften Niederlage im fünften Wettkampf der 2. Kunstturn-Bundesliga Nord ist die KTG Heidelberg zwar auf den letzten Tabellenplatz zurückgefallen, doch Trainer Daniel Morres war nach dem 34:45 gegen den Tabellendritten KTV Obere Lahn „ziemlich froh“. Denn seine Turner haben sich im Vergleich zum letzten Wettkampf in Grünstadt um sieben Punkte auf 287 Wertungspunkte gesteigert, „die bisher beste Saisonleistung geboten“ und „endlich das volle Potenzial gezeigt.“

Das lässt sich daran festmachen, dass die KTG mit dem Boden (8:6 Scorepunkte) und dem Sprung (12:4) erneut zwei Geräte für sich entschieden hat und dass am gefürchteten Pauschenpferd erstmals drei Turner ihre Übungen sauber und fehlerfrei durchturnten, so dass die KTV Obere Lahn hier nur mit 5:9 gewann.

Entgegen der Situation in der Wochenmitte traten in der KTG-Riege doch wieder Erkrankungen auf, so dass sich Daniel Morres bei der Vereinsführung die Erlaubnis holte, Henry Lewis aus Leeds zur Verstärkung einzufliegen. Die Investition hat sich ausgezahlt, denn der 20-Jährige holte mit seinem Sprung (5) und am Barren (3) acht Scorepunkte. Höchstnoten gab es beim Sprung: Henry Lewis bekam für seinen Überschlag mit Doppelsalto in den Stand 14,45 Punkte und wurde nur von dem vor 32 Jahren in Eriwan geborenen Artur Davtyan mit der Note 14,75 übertroffen. Der Armenier war mit 24 Punkten der erfolgreichste Gästeturner und führt die Liste der Liga-Topscorer mit 114 Punkten vor dem Ludwigsburger Olympiaturner Timo Eder (99) an.


Am Boden war Heidelbergs Leon Wendt, der eine dreifache Schraube mit Doppelsalto vorwärts in den sicheren Stand setzte, mit der Note 13,10 der beste Turner des Abends, den 150 Fans in der Kirchheimer Sporthalle genossen. Für die fünf Scorepunkte am Seitpferd waren Thorben Krebs (3) und Ricards Plate (2) verantwortlich, die ebenso wie Karl-Ole Gäbler sicher über den Pferderücken tanzten. Carl Steckel, die Zuverlässigkeit in Person, gewann die beiden Scorepunkte an den Ringen. Beim Sprung, dem besten Gerät der Heidelberger, punkteten neben Lewis auch Leon Wendt (3 Punkte für Note 13,45) und Karl-Ole Gäbler (4 Punkte für Note 13,35). Die Scorepunkte errechnen sich stets aus dem Abstand zur Note des direkten Konkurrenten.

Am Barren gewannen Lewis (3) und Lorenz Steckel (1) die vier Scorepunkte der KTG, während am einstigen Paradegerät Reck nur Ricards Plate drei Punkte zum Gesamtergebnis beitrug.

Der nächste Heimwettkampf der KTG am 9. November um 14 Uhr gegen Vinnhorst II wird über den Klassenverbleib entscheiden. Denn die TG Saar II, bei der die KTG am letzten Wettkampftag antreten muss, hat gegen Grünstadt ein wertvolles 31:31 erreicht und dabei erstmals den japanischen Jugend-Olympiasieger Kenya Yuasa eingesetzt. Der 26-Jährige Weltklasse-Athlet hatte eineinhalb Jahre lang im Turnzentrum Heidelberg trainiert, war von der KTG aber nicht verpflichtet worden. „Leider hat ihm die TG Saar mehr geboten“, sagte Daniel Morres. Wieviel ist „mehr“ in der 2. Kunstturn-Liga? 

Sonntag, 20. Oktober 2024

Neun Siege in neun Spielen

Baden-Württembergs Rugby-Nachwuchs ist deutscher Meister der Landesauswahlen

Die U16-Jungen und die U18-Junioren des Rugby-Verbandes Baden-Württemberg (RBW) haben bei den deutschen Meisterschaften der Landesauswahlen in Hannover an die Erfolge früherer Jahre angeknüpft und ihre Titel erfolgreich verteidigt. Auf den Sportplätzen des Bundesligisten und deutschen Siebenerrugby-Meisters SC Germania List gewannen die beiden RBW-Teams alle neun Spiele mit insgesamt 332:29 Spielpunkten.

„Ich freue mich, dass sich die viele Arbeit, die unsere Talente in ihre Leistungsfähigkeit investiert haben, wirklich gelohnt hat. Beide Mannschaften haben sehenswertes Siebenerrugby gespielt“, sagte RBW-Landestrainer Jan Ceselka (Heidelberg), der bei der Betreuung der U18 von OSP-Trainer Max Pietrek und bei der U16 von den Landeshonorartrainern Ruben May und Tobias Bauer unterstützt wurde.

Die U18-Auswahl setzte sich in der Vorrunde mit 19:0 gegen Nordrhein-Westfalen, mit 33:5 gegen Niedersachsen und mit 54:0 gegen Hessen durch, ehe erneut Niedersachsen im Halbfinale mit 31:5 geschlagen wurde. Im Endspiel gegen Nordrhein-Westfalen gab es für das Team der Manager Elmar Menold, Luise Hoffmann, Gabija Diavara und RBW-Jugendwartin Caroline Trost einen ungefährdeten 33:0-Sieg.

Die Punktesammler Baden-Württembergs waren Max Zahner (74), Finian Zöller (25), Philip Buchta (22), Nils Benighaus (22), Haakon Oeß (10), Tobias Feil, Luca Benighaus, Aurel Knorr und Laurin Kugel (je 5).


Die U16-Auswahl gewann in der Vorrunde mit 40:0 gegen Bayern und mit 35:7 gegen               Sachsen, ehe im Halbfinale Nordrhein-Westfalen mit 42:5 geschlagen wurde. Im Finale feierte die von Olivier Faye und Reinhold Bayer gemanagte RBW-Mannschaft mit 45:7 gegen Hessen. Jan Rother, André Brauner (je 45), Felix May (25), Johannes Roll (15), Robin Schmitt (12), Aaron Engels (10), Daniel Kaldenmorgen und Ethan Guba (je 5) waren die Punktesammler.

Nach diesen nationalen Erfolgen müssen sich Baden-Württembergs Talente nun bei Turnieren im belgischen Waterloo und im französischen Metz bewähren.

Baden-Württemberg U18: Max Zahner, Haakon Oeß, Nils Benighaus, Aurel Knorr, Philip Buchta, Laurin Kugel, Luca Benighaus (Heidelberger RK), Finian Zöller, Julius Diavara, Tobias Feil (TSV Handschuhsheim), Sebastian Wellensiek, Rasmus Jung (Heidelberger TV).

Baden-Württemberg U16: Lennard Grimm, Aaron Engels, Johannes Roll, Franz Bayer, André Brauner, Ethan Guba (Heidelberger RK), Felix May, Daniel Kaldenmorgen, Mattis Neumann (TSV Handsschuhsheim), Jan Rother, Robin Schmitt (RG Heidelberg), Julian Nowok (RC Rottweil).    


Bildtext

Der Nachwuchs des Rugby-Verbandes Baden-Württemberg wurde mit der U16 und der U18 erneut deutscher Landesverbandsmeister im olympischen Siebenerrugby. Foto: privat

Sonntag, 6. Oktober 2024

„Mohrle“ war Deutschlands „Sportlerin des Jahres 1963“

Zur Erinnerung an Heidelbergs große Schwimmerin und Trainerin Ursel Wirth-Brunner, die mit 83 Jahren gestorben ist

Deutschlands „Sportlerin des Jahres 1963“ ist tot. Ursel Wirth-Brunner starb, wie die Familie am 5. Oktober bekannt gab, bereits am 18. September im Alter von 83 Jahren und fand ihre Ruhestätte auf dem Friedhof in Handschuhsheim.

Als Ziegelhausen noch eine eigenständige Gemeinde war, erblickte Ursel Brunner dort am 30. Januar 1941 das Licht der Welt. Kaum war der Zweite Weltkrieg vorüber, warf ihr Vater die Vierjährige in den Neckar, um zu sehen, ob sie schon schwimmen konnte. „Ich konnte hundeln und bin nicht untergegangen“, freute sich Ursel Wirth-Brunner über ihr Talent, und am 4. Juli 1954, als die deutschen Fußballer in Bern-Wankdorf erstmals Weltmeister wurden, gewann das 13-jährige schmächtige Mädchen im Terrassenbad in Neckargemünd ihre erste Kreismeisterschaft.

Wie der langjährige Wassersport-Mitarbeiter der RNZ, Claus Bastian aus Karlsruhe, als Archivar des Deutschen Schwimm-Verbandes ermittelt hat, gewann Ursel Brunner zwischen 1957 und 1964 27 deutsche Meistertitel im Freistil-, Delfin- und Rückschwimmen und stellte 99 deutsche Rekorde auf. Auf des Reporters Frage, ob es nicht vielleicht doch 100 Rekorde gewesen seien, antwortete Ursel Wirth-Brunner Jahrzehnte später: „Nein, nein, Claus hat sich sicher nicht verzählt. Auf seine Akribie konnte man sich verlassen!“

Weil sich Ursel Brunner im Frühling, Sommer und Herbst viele Stunden eines jeden Tages im Freien aufhielt und sich selbst gnadenlos zu einer ebenso schnellen wie ausdauernden „Wasserratte“ ausbildete, wurde sie von der Sonne geküsst und mit der Zeit so braun, dass der Reutlinger Radioreporter Sepp Scherbauer sie mit den Sportlerinnen aus Abessinien (heute: Äthiopien und Eritrea) verglich und „Mohrle“ taufte. Sie fand das klasse.

Ganz Heidelberg war auf sein „Mohrle“ stolz, als Ursel Brunner, mittlerweile trainiert von dem Heidelberger Hautarzt Dr. Hanns Wirth, als einzige Westdeutsche bei den Olympischen Spielen 1960 in Rom in den 4x100-m-Freistil- und 4x100-m-Lagenstaffeln schwimmen durfte und mit den drei Mädchen aus der Sowjetischen Besatzungszone als Schlussschwimmerin zwei Bronzemedaillen gewann. Die beste deutsche Schwimmerin ihrer Zeit wurde von den Sportjournalisten 1963 zu Deutschlands „Sportlerin des Jahres“ gewählt.

Obwohl sie ihren gütigen Trainer Hanns Wirth 1975 als Lehrerin an der Neuenheimer Mönchhofschule heiratete, hatte sie schon in Rom ihre erste (unerwiderte) Liebe gefunden. Bei einem Tanzabend im Olympischen Dorf verguckte sie sich in den ein Jahr jüngeren schlanken, leichtfüßig und elegant tanzenden Cassius Clay, der sich bald nach seinem Olympiasieg von Rom Muhammad Ali nannte und als Profiboxer zum „Größten“ aller Zeiten wurde.  

So erfolgreich wie als Schwimmerin wurde Ursel Wirth-Brunner als Nachfolgerin ihres Ehemannes als Trainerin des SV Nikar Heidelberg, wo sie 14 Schützlinge – unter anderen Marion Aizpors, Uta Schütz, Angelika Knipping, Heike Kurz (heute: Hahn), Gabi Reha (heute: Ottke), Stefan Peter, Peter Knust und Miroslav Rolko – zu deutschen Meisterschaften und sieben Athletinnen und Athleten zu Olympischen Spielen führte. Stefan Peter gewann 1984 in Los Angeles Bronze mit der Lagenstaffel. Sieben Mal wurden die Nikar-Frauen, einmal die Männer mit Trainerin Ursel Wirth-Brunner deutscher Mannschaftsmeister.

Die Rektorin an der Internationalen Gesamtschule im Hasenleiser war eine disziplinierte und konsequente Frau. Wenn ihr etwas nicht gefiel, sagte und erklärte sie es. Sie hörte 1984 nach L.A. als Trainerin auf, weil es im deutschen Schwimmen den ersten Dopingfall gegeben hat. Betrug im Sport duldete sie nicht. Die Kommunalpolitikerin, die von 1989 bis 1994 im Heidelberger Gemeinderat mitarbeitete, trat aus der CDU aus, als Bundeskanzler Helmut Kohl sein Ehrenwort für wertvoller hielt als die Gesetze der Republik, und sie verzichtete auf das tägliche Schwimmen im Thermalbad, als die Stadtverwaltung die von Oberbürgermeister Reinhold Zundel verliehene Ehrenkarte für die Bäder zurückforderte. Mit ihr zu plaudern, war lehrreich. Ein kurzer Anruf konnte drei, vier Stunden dauern.

Nachdem ihr Sohn Henning sie für das Fechten begeistert hatte, widmete sich Ursel Wirth-Brunner mit ihrer ganzen Kraft der neuen Aufgabe als Trainerin im Heidelberger Fechtclub/TSG Rohrbach, und als es dort zwischen ihr und dem Vorstand knirschte, gründete sie 2009 den Fechtverein Heidelberg. Heute sind Henning Wirth, Waheed Shafiq, Tobias Brodkorn und Robert Schwefel oft dekorierte deutsche Senioren-Meister, auch Beate Christmann und Jonas Gudera wurden Topfechter.

Noch ist Daniel Morres zuversichtlich

Nach drei Niederlagen in drei Wettkämpfen hat bei der KTG Heidelberg aber das Nachdenken begonnen

Ist das Wetter noch so trüb, immer hoch die Gelberüb! Nach diesem volkstümlichen Motto reagieren Sportler im Heidelberger Norden auf heftige Niederlagen, und auch Daniel Morres, dessen KTG Heidelberg im Heidelberger Süden beheimatet ist und am Samstag mit einem 15:63 gegen den MTV Ludwigsburg die dritte Niederlage im dritten Wettkampf der 2. Kunstturn-Bundesliga Nord akzeptieren musste, hat sich diese Zuversicht zu eigen gemacht. Morres sagt: „Wir wussten schon im Sommer, dass wir die ersten drei Gegner kaum schlagen können. Und angesichts der Verletzungen, mit der meine Mannschaft zu kämpfen hat und die immer wieder unkonventionelle Umbesetzungen nötig machen, sind die ersten Resultate kein Wunder – wenngleich sie schmerzen.“

Auf das 24:54 gegen Koblenz und das 14:56 in Essen gegen den Zweitliga-Neuling Metropole Ruhr folgte nun eine noch heftigere Schlappe gegen Titelanwärter Ludwigsburg, das mit Eigengewächs Timo Eder und dem Schweizer Luca Giubellini zwei Turner aufgeboten hatte, die Erfahrungen bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris sammeln konnten und in der Kirchheimer Sporthalle Süd mit höchst schwierigen Übungen, glänzenden Noten und 18 sowie 22 Scorepunkten die Basis zum haushohen Erfolg ihrer Riege legten. Giubellinis hohe Kreisflanken über den gesamten Rücken des Pauschenpferdes waren wie dessen Doppelsalto über der Reckstange die sehenswertesten Höchstschwierigkeiten, die das Kampfgericht mit 13,90 und 12,55 Punkten benoteten. Timo Eder erhielt 13,35 Punkte für seine Bodenübung und 13,55 für seinen Sprung, was ihm aber keinen Scorepunkt einbrachte, weil Leon Wendt im direkten Duell 13,50 Punkte erhielt.

Das vierte Gerät, der Sprung nach schnellem Anlauf, ist in dieser Saison die Paradedisziplin der Heidelberger, die hier mit 4:3 Scorepunkten den einzigen Gerätesieg errangen, der in der Endtabelle wertvoll sein könnte, Denn neben Wendt holten auch Karl-Ole Gäbler einen und Ricards Plate mit einem gehockten Kasamatsu mit zwei Schrauben zwei Scorepunkte.

Die übrigen Scorepunkte gewannen Leon Wendt, der zum Abschluss seiner attraktiven Bodenübung einen Salto und drei Schrauben in den sicheren Stand brachte (12,85/3), Karl-Ole Gäbler mit einer exakten Übung am Seitpferd (11,25/4), Carl Steckel, der seine Ringeübung mit einem geschraubten Tsukahara beendete (11,55/3), und dessen jüngerer Bruder Lorenz, der mit einer blitzsauberen Übung (11,95) den einzigen Punkt am Barren eroberte.

Null Punkte gab es am Reck. Das Königsgerät war jahrelang eine Domäne der KTG, für die die stärksten Turner Leon Wendt und Ricards Plate wegen schmerzender Schulterblessuren nur an zwei der sechs Geräte antreten konnten. Deshalb wurden Joel Schauwienold an den Ringen sowie Felix Gollrad am Boden, Seitpferd und Reck aufgeboten, deren Übungen für die 2. Bundesliga nicht schwer genug sind.

Nun folgen die Wettkämpfe, in denen KTG-Trainer Daniel Morres, der mit 11,25 Punkten am Reck deutlich ansteigende Form bewies, eher Siegchancen sieht. Hauptkonkurrent im Abstiegskampf ist wohl die TG Saar II. Im Laufe dieser Woche sollen Gespräche mit den Turnern über eine Erhöhung ihres Trainingsumfangs geführt werden. Auch gibt es erste Überlegungen über eine weitere Verstärkung aus dem Ausland. 

Freitag, 4. Oktober 2024

Diese Leistung macht den „Germanen“ eine Menge Mut

2. Gewichtheber-Bundesliga: Über 600 Kilopunkte für St. Ilgen beim Sieg über Lörrach

St. Ilgen. (CPB) Nach dem 605,6:515-Sieg des AC Germania St. Ilgen über den KSV Lörrach war St. Ilgens Trainer Rolf Feser „sehr zufrieden“. Dass die St. Ilgener schon im ersten Saisonwettkampf der 2. Bundesliga (Gruppe D) die erhofften 600 Kilopunkte übertroffen haben, fand der Sportliche Leiter Ringo Goßmann „sehr erfreulich. Das ist eine gute Basis, auf der wir aufbauen können. Wir haben diese Leistung ohne Verstärkung aus dem Ausland erreicht“, betonte der frühere National- und Meisterheber.

Leider erlebten kaum 80 Zuschauer den vorgezogenen ersten Wettkampf der „Germanen“, die diese Saison mit einer sehr jungen Staffel bestreiten und dennoch an der Tabellenspitze mitmischen möchten. Bester Heber des Abends in der hell erleuchteten Aegidiushalle, in der nach minutenlangen gemeinsamen Bemühungen der Funktionäre sogar das Mikrofon funktionierte, war der 18-jährige deutsche Jugendmeister Maksym Kara, der bei einem Körpergewicht von schlanken 72,8 Kilogramm beeindruckende 120 Kilogramm im Reißen und 148 Kilogramm im beidarmigen Stoßen zur Hochstrecke brachte, was 127 Kilopunkte ergab. Der vor Jahren mit seiner Familie aus der Ukraine in die Kurpfalz gekommene Maksym ist ein Heber, der im Gespräch zurückhaltend und höflich ist, es aber liebt, auf der Bühne viel zu wagen. Die sehr schweren 148 Kilogramm brachte er im zweiten Versuch so sicher nach ganz oben, dass Hauptkampfrichter Sebastian Pawlik vom VfL Sindelfingen ohne jedes Zögern die weiße Kelle erhob.

Das Gewichtheben ist schon länger keine Sportart für starke Männer mehr. Unter den zwölf Protagonisten, die am Samstagabend auf die Heberbühne eilten, waren sieben Männer und fünf Frauen. St. Ilgens Sophie-Meike Eichkorn, die deutsche Meisterin von 2022, war bei einem Körpergewicht von 60,3 Kilogramm mit Lasten von 71 und 89 Kilogramm und 107 Punkten die stärkste Frau und beeindruckte durch ihre Aktionsgeschwindigkeit. In einem Wettkampf, in dem niemand sechs gültige Versuche hatte, erreichten St. Ilgens Kapitän Etienne Benz 103 und der große Kämpfer Justus Moritz 93,6 Punkte. Die deutsche Junioren-Meisterin Florie Raclet stellte persönliche Bestleistungen auf, und Lina Goßmann brachte beinahe das Körpergewicht ihres Vaters Ringo zur Hockstrecke, was die Fans in Ekstase versetzte.

Aufsteiger Lörrach war schon im Reißen mit 235,8:196 Kilopunkten in Rückstand geraten, St. Ilgen gewann auch im Stoßen und im Zweikampf, also mit 3:0. Die Südbadener hatten sich mit zwei Assen aus der Schweiz verstärkt. Jonas Aufdenblatten, der bei der Europameisterschaft Rang 13 belegt hatte und Rekordhalter der Eidgenossen ist, war mit 124 Punkten stärkster Lörracher, Léon Maurer kam immerhin auf 94,2 Punkte. Im Hinblick auf die nächsten Wettkämpfe wollen wir Maksym Kara glauben: „Bei uns ist noch mehr drin!“

St. Ilgen: Maksym Kara (72,8 kg Körpergewicht) 120 kg im Reißen + 148 kg im Stoßen = 268 kg im Zweikampf/127 Kilopunkte; Sophie-Meike Eichkorn (60,3) 71 + 89 = 160/107; Etienne Benz (96,4) 130 + 165 = 295/103; Justus Moritz (82,2) 118 + 140 = 258/93,6: Florie Raclet (63,5) 67 + 82 = 149/90; Lina Goßmann (60,3) 61 + 77 = 138/85 = 605,6.

Lörrach: Jonas Aufdenblatten (78,7) 125 + 155 = 280/124; Léon Maurer (86,4) 117 + 145 = 267/94,2; Oliver Rickert (85,6) 108 + 140 = 248/76,8; Jonas Müller (65,9) 90 + 106 = 196/75; Alicia Kraiser (57,5) 53 + 67 = 120/75; Saskia Helbach (66,3) 64 + 72 = 136/70 = 515.

Sonntag, 15. September 2024

Keine sorgenfreie Saison für die KTG

Heidelbergs Kunstturner verloren ihren ersten Wettkampf gegen Koblenz mit 24:54

Den Sommer über haben die Verantwortlichen der KTG Heidelberg von einer sorgenfreien Saison 2024 in der 2. Kunstturn-Bundesliga Nord geträumt. Dieser Traum, so ist nach der 24:54-Niederlage im ersten Wettkampf gegen die KTV Koblenz zu befürchten, wird wohl nicht wahr werden. Die Heidelberger waren vor 150 Zuschauern in Kirchheim chancenlos, die Niederlage zeichnete sich bereits beim 4:23-Zwischenstand nach dem zweiten Gerät ab und stand nach dem 9:36 zur Halbzeitpause fest.

„Koblenz zählt nicht zu den Gegnern, die wir unbedingt schlagen müssen. Koblenz ist ein Titelanwärter“, sagte KTG-Trainer Daniel Morres. „Wir werden uns in den nächsten Wettkämpfen steigern. Heute waren wir deutlich unterlegen“, stellte der KTG-Vorsitzende Professor Henning Plessner fest, der das Positive herausstrich: „Mir haben die Übungen von Leon Wendt und Thorben Krebs gefallen.“

Die beiden Turner sind nach mehrjähriger Pause in die Riege zurückgekehrt. Leon Wendt (22) turnte einen Fünfkampf, holte am Boden (2), Sprung (5) und Barren (3) zehn Scorepunkte und war damit bester Heidelberger. 13,20 Punkte am Boden und 13,90 Punkte nach dem Sprung waren die verdienten Noten der Kampfrichter. Thorben Krebs (24) war der einzige Heidelberger, der den Zweikampf mit Vinzenz Haug am Pauschenpferd mit 11,70:11,55 und 1:0-Scorepunkten gewann.

Das Seitpferd, von den Heidelbergern schon immer wenig geliebt, wurde diesmal zum Waterloo. Ricards Plate musste zweimal absteigen, Karl-Ole Gäbler unterlag Louis Heil mit 9,50:11,10 oder 0:4, und der an einer Verletzung an der linken Schulter laborierende Leon Wendt konnte nicht seine vollständige Übung zeigen und wurde von den Kampfrichtern regelkonform mit 0:10 Scorepunkten bestraft. 1:18 Scorepunkte an diesem Gerät warfen die KTG weit zurück, zumal auch das Bodenturnen mit 3:5 verloren gegangen war. Joel Schauwienold (20) turnte sehr nervös und landete während seiner Übung drei Mal auf dem Hosenboden. Die Note 5,05 wäre auch in einem Schulzeugnis bedenklich.

Mit großer Vorfreude sahen die Zuschauer dem Debüt des neue Gastturners Ricards Plate entgegen. Der 21-jährige lettische Nationalturner soll den japanischen Ausnahmeathleten Tomoya Kashiwagi, dessen neuer Verein KTV Ries am nächsten Samstag in die 2. Liga Süd starten wird, ersetzen. Plate, der perfekt Englisch spricht und ein angenehmer Gesprächspartner ist, stellte sich wenige Monate nach einer Schulteroperation zwar mit sicheren, stilistisch überzeugenden und akkurat geturnten Übungen an fünf Geräten vor, wagte allerdings noch nicht alle von ihm beherrschten Höchstschwierigkeiten und erntete durch ein 12,30:12,05 gegen Louis Heil beim Bodenturnen und ein 12,75:12,20 gegen Heil am Barren nur vier Scorepunkte. Ohne Kashiwagis zwischen zehn und 20 Scorepunkten pro Wettkampf wäre die KTG in der letzten Saison sicher abgestiegen…

Zum von Henning Plessner erwähnten Positiven zählten auch die 5:0 Scorepunkte, die Lorenz Steckel gegen Julian Räk an den Ringen erturnte, die gute Leistung von Jan-Ole Fischer (10,70/3 Scorepunkte) am Reck und die Tatsache, dass der frühere deutsche Jugendmeister und neue Trainer Daniel Morres ein erfreuliches Comeback am Königsgerät hatte. Bester Turner des Nachmittags war der Italiener Lorenzo Galli, der mit einem Sechskampf 18 Punkte für Koblenz eroberte.  

Montag, 2. September 2024

Als die Leichtathletik-Welt auf Heidelberg blickte

Zur Erinnerung an Kurt Bendlin, der 1967 im Uni-Stadion einen Zehnkampf-Weltrekord aufstellte

Der Begriff „Klimawandel“ war am 13. und 14. Mai 1967 noch nicht geläufig, doch herrschten im Stadion der Universität Heidelberg im Neuenheimer Feld 33 Grad Celsius im Schatten. Das war den besten deutschen Zehnkämpfern, die Bundestrainer Friedel Schirmer drei Jahre nach dem Olympiasieg Willi Holdorfs (Bayer Leverkusen) in Tokio zu einem Leistungstest eingeladen hatte, gerade Recht. Denn die Hitze verringerte das Verletzungsrisiko, gute Leistungen waren erwartbar, weshalb am ersten Wettkampftag rund 500 Leichtathletik-Freunde und am zweiten Tag gut 1500 Zuschauer auf der neu errichteten Tribüne Platz nahmen – unter ihnen ein Sextaner aus dem Bunsengymnasium, der von seinem jungen Sportlehrer Eberhard Bucke neugierig auf Zehnkampf gemacht worden war.

Die leitenden Kampfrichter Harald Schmidt und Bruno Vogt vom Badischen Leichtathletik-Verband waren nicht so streng, und auch die Organisatoren Roland Vierneisel als Leichtathletik-Abteilungsleiter des USC Heidelberg und Peter Knebel gestatteten den jungen Fans jederzeit, nah bei den Athleten zuzuschauen. So saß der Sextaner fünf Stunden lang an der Barriere zur Stabhochsprung-Anlage und holte sich einen tüchtigen Sonnenbrand. „Du hättest halt eine Kappe aufziehen sollen“, gab Lehrer Bucke montags einen guten Rat – das war zu spät.

Peter Knebel, damals 25 und heute 82 Jahre alt und 1967 erst seit kurzem Dozent am Heidelberger Sportinstitut, wirkte auch als Stadionsprecher und bemühte sein bestes Hochdeutsch, um die Zuschauer mit Zeiten, Höhen, Weiten und Punkten korrekt zu informieren. „Als ich am zweiten Tag sagte, dass es vielleicht eine Weltbestleistung werden könnte, haben mich die älteren Heidelberger arg gelöchert: Warum eine Weltbestleistung und kein Weltrekord?, fragten viele Zuschauer“, erinnert sich Peter Knebel: „Dabei gibt es Weltrekorde doch erst, wenn der Weltverband eine Weltbestleistung offiziell anerkannt hat.“

Von Anfang an zeigte der aus Westpreußen stammende und für Leverkusen startende Kurt Bendlin, der 1965 erstmals deutscher Meister geworden war, starke Leistungen. Der 24-jährige Student der Deutschen Sporthochschule Köln, der 1966 zwei Meniskusoperationen zu verkraften hatte, verbesserte sich über 100 Meter um 0,2 auf 10,6 Sekunden und sprang 7,55 Meter weit, ehe er einer frischen, im Krafttraining erlittenen Schulterverletzung Tribut zollen musste und im Kugelstoßen mit 14,50 Metern um 1,57 Meter unter seinen Möglichkeiten blieb. Außerdem, so sagte Kurt Bendlin 2017 zur RNZ, habe ihn beim Stoßen „das unangenehme Surren einer SWR-Kamera gestört.“ Im Hochsprung schaffte er 1,84 Meter im ersten Versuch, folgte aber wegen des Verletzungsrisikos dem guten Rat von Trainer Bert Sumser und Olympiasieger Willi Holdorf und verzichtete auf weitere Sprünge.

Nach 47,9 Sekunden über 400 Meter und 4214 Punkten nach fünf Disziplinen waren die Fans aufgeregt, und die Medien rochen die Sensation. Auf Sumsers Wunsch brachte Knebel den führenden Athleten in der Gutsschänke im Grenzhof unter, während alle anderen Sportler im Hotel Kurfürst nahe der Stadtbücherei nächtigten, wo auch die neugierigsten Reporter ihr Lager aufgeschlagen hatten. „Der Berichterstatter einer großen Boulevard-Zeitung hat mir 100 Mark geboten, wenn ich ihm verraten würde, wo Kurt Bendlin ist. Aber ich habe dichtgehalten“, lächelt Peter Knebel – 100 Mark wären für einen jungen Familienvater im zweiten Berufsjahr ein leckeres Zubrot gewesen…

So durfte Kurt Bendlin ruhig schlafen und ab fünf Uhr auf dem Dorfplatz seine Gymnastik und ein paar Speerwurfübungen absolvieren, so dass er mit 14,8 Sekunden über 110 Meter Hürden – seiner vierten Bestleistung – ausgeruht und bärenstark in den zweiten Tag starten konnte. Es folgten 46,31 Meter mit dem Diskus und für ihn eher schwache 4,10 Meter im Stabhochsprung. Mit 74,85 Metern im Speerwerfen erwies sich Kurt Bendlin als ebenso nervenstark wie über 60 Jahre später der Mainzer Weltmeister Niklas Kaul, und im 1500-m-Lauf hielt er die Konkurrenten Werner Graf von Moltke und Hans-Joachim Walde sicher in Schach.

8319 Punkten waren neuer Weltrekord und 89 Punkte mehr als die bisherige Bestmarke des US-Amerikaners Russ Hodge. Von weiteren Muskel- und Sehnenverletzungen gebeutelt, erreichte der neue „König der Athleten“ dieses Leistungsniveau nie mehr. Bei den Olympischen Spielen 1968 in Mexiko-City gewann Kurt Bendlin hinter Bill Toomey (8193 Punkte) und dem Mainzer Hans-Joachim Walde (8111) mit 8064 die Bronzemedaille.

Am 29. August ist Kurt Bendlin, Deutschlands zweiter Zehnkampf-Weltrekordler nach Heinrich Sievers (Eutin, 1934, 7900 Punkte), im Alter von 81 Jahren in Paderborn gestorben.

Neue Athleten haben sich beworben

Die Rugby-Nationalmannschaft schlägt die Bohemia Warriors mit 43:21 – SCN besiegt die U20-Auswahl

Nach einer vermeidbaren 26:30-Niederlage vor sechs Wochen bei den Vancouver Highlanders feierte die deutsche Rugby-Auswahl im zweiten ihrer vier Vorbereitungsspiele auf die Europameisterschaft 2025 gegen das im europäischen Super-Cup beheimatete tschechische Profiteam der Bohemia Warriors einen ungefährdeten 43:21 (33:0)-Sieg. Gut 300 Zuschauer im Heidelberger Fritz-Grunebaum-Sportpark genossen eine Woche vor dem Beginn der Bundesligen das schwungvolle Spiel der gut aufgelegten Auswahl, mit der die beiden Nationaltrainer Mark Kuhlmann (Heilbronn) und Lars Eckert (Heidelberg) zufrieden waren.  

Die deutsche Auswahl spielte ohne die im Ausland tätigen Profis – Zweitligist Provence mit dem Schriesheimer Julius Nostadt gewann zum Saisonauftakt mit 21:18 gegen Agen – und ohne die Akteure des deutschen Meisters SC Frankfurt 1880, der an einem Turnier im niederländischen Haag teilnahm und dafür Kuhlmanns Erlaubnis erhalten hatte. „Wir haben bekommen, was wir wollten: Spielpraxis und die Möglichkeit, viel auszuprobieren. Wir haben einige Spieler gesehen, die künftig eine Alternative für unser Nationalteam sein könnten“, sagte der 55-jährige Kuhlmann.

Seine Nationalspieler werden in den nächsten Monaten an jedem Bundesliga-freien Sonntag im Landesleistungszentrum Heidelberg zusammen trainieren und am 6. November im englischen Gloucester gegen die Auswahl der British Army sowie am 16. November in Dubai gegen das Nationalteam der Vereinigten Arabischen Emirate weitere schwere Testspiele bestreiten. In der Europameisterschaft spielen die Deutschen im Februar und März erneut in der Division 1 und treffen in der Vorrunde auf Belgien, Rumänien und Portugal. Man muss mindestens ein Match gewinnen, um eine Chance auf den Klassenverbleib zu haben.

Gegen die Bohemia Warriors zeigte die deutsche Auswahl eine tadellose erste Halbzeit. Die fünf Versuche durch die Flankenstürmer Robert Lehmann (5. Minute/SC Neuenheim) und Tim Frauenfeld (20./TSV Handschuhsheim), den Hakler Andrew Reintges (28./Heidelberger RK), den Schlussmann Alexander Brosowski (37./Hannover 78) und Außendreiviertel Wolfram Hacker (40./RG Heidelberg) sowie Brosowskis vier Erhöhungskicks ergaben den 33:0-Halbzeitstand.


Erst in der zweiten Halbzeit zeigten die vom langjährigen tschechischen Nationaltrainer Antonin Brabec betreuten Warriors gute Leistungen und erzielten 21 Punkte durch zwei Versuche des in Prag arbeitenden deutschen Gedrängehalbs Nicolas Hoyer (49., 80.), eine Erhöhung durch Schlussmann Adam Martinek und drei Straftritte durch Martin Aschenbrenner (42., 58.) sowie Lukas Braga (61.). Dem setzten die nun häufig hin und her wechselnden Deutschen noch zwei Versuche durch Wolfram Hacker und Andrew Reintges entgegen. Nach dem Schlusspfiff der sehr guten deutschen Olympia-Schiedsrichterin Maria Latos (35, Hamburg) gab es lang anhaltenden Beifall für beide Teams.

Die völlig neu zusammengestellte U20-Nationalmannschaft verlor ihr Testspiel gegen den acht Nationalspieler abstellenden deutschen Vizemeister SC Neuenheim mit 12:35 (0:21), doch machten Erste-Reihe-Stürmer David Jahn vom HRK, Innendreiviertel Lennox Wiese aus Aachen und Schlussmann Alex Lott von Hannover 78 nachhaltig auf sich aufmerksam. Jahn und Lott legten zwei Versuche, Lott erhöhte einmal.

Dem SCN gelangen fünf Versuche durch Hakler Valentin Heuser (4., 38.), die Innendreiviertel Conor Arnold (32.) und Luke Wakefield (57.) und Außendreiviertel Cieran Anderson (44.), die von Spielmacher Finn Schwager allesamt erhöht wurden. „Mit einer so guten Frühform habe ich nicht gerechnet“, gratulierte SCN-Vorsitzender Marcus Trick dem neuen Trainer Jac Benger (25.).    


Samstag, 3. August 2024

Die KTG-Riege baut auf Lettlands Ricards Plate

Der 21-jährige Nationalturner aus dem Baltikum verstärkt die Heidelberger Zweitligisten

Die Kunstturngemeinschaft Heidelberg (KTG) startet am 14. September um 16 Uhr mit einem Heimkampf gegen die KTV Koblenz in die neue Saison der 2. Bundesliga Nord. Nachdem die Heidelberger 2021 Zweiter in der Nord-Staffel, 2022 Dritter in Süden und 2023 Sechster im Norden geworden waren, kann man für die sieben Wettkämpfe im Herbst 2024 noch keine Prognose wagen. „Diese Saison wird anders. Wir haben intern viel umstrukturiert, und Anfang des Jahres war nicht sicher, ob wir eine Mannschaft melden können“, sagt Daniel Morres.

Der deutsche Reck-Jugendmeister von 2013 und 2014 ist inzwischen 28 Jahre alt und hat die Funktionen des Cheftrainers und Teammanagers von seinem langjährigen Turnkameraden Michael Wilhelm (31) übernommen, der seine sportliche Laufbahn beendet hat. „Nun hat Daniel das Sagen“, macht Klaus Kreutz klar. Der 64-jährige Ziegelhäuser unterstützt die KTG-Riege als Präsidiumsmitglied des Fördervereins und hat den Verein häufig bei den Sitzungen der Deutschen Turn-Liga (DTL) vertreten. Außerdem ist er aus beruflichen Gründen nicht selten in Asien unterwegs und knüpft immer wieder nützliche Kontakte zu Topturnern aus Japan und der Mongolei.

Nun ist Klaus Kreutz wieder eine erfreuliche Überraschung gelungen, denn der 21-jährige lettische Nationalturner Ricards Plate, der seit seinem fünften Lebensjahr turnt und die Sportwissenschaften studiert, wird die KTG-Riege in der neuen Saison verstärken. Ricards Plate liegt das Kunstturnen im Blut. Seine Mutter Julia, geborene Feofilova, war lettische Nationalturnerin von 1990 bis 1998, sein Vater Aivars Plate ist seit 30 Jahren Trainer, unter anderem Coach der lettischen Frauen-Nationalmannschaft.

„Unsere Mannschaft hatte bereits die Möglichkeit, Ricards kurz kennenzulernen. Wir sind alle zuversichtlich, dass er sich gut ins Team einfügen wird. Turnerisch wird er eine zentrale Rolle einnehmen“, sagte Daniel Morres, der gegenwärtig die letzten Urlaubstage vor den konzentrierten Saisonvorbereitungen mit einem Segelkurs auf Sardinien verbringt. Morres, der sich nach fünfjähriger Rekonvaleszenz nach einem Unfall und einer Operation an der Halswirbelsäule auf seine „erste richtige Saison seit langem“ freut, wird als turnender Trainer für seine Mannschaft an seinen Paradegeräten Barren und Reck um Punkte kämpfen.

Natürlich hoffen die Heidelberger Kunstturner auf viele Scorepunkte durch Ricards Plate, der ab 2018 drei Jahre lang von Igors Vihrovs, Lettlands Boden-Olympiasieger von 2000 in Sydney einem Feinschliff unterzogen wurde. Plate sammelte wertvolle Erfahrungen als Teilnehmer an Welt- und Europameisterschaften, Weltcups und an der Universiade 2023 im chinesischen Chengdu. „Wir streben einen Platz im Mittelfeld der Tabelle an“, sagt Daniel Morres mit aller Vorsicht. Es stimmt schon: Bei der KTG werden die Karten in den nächsten Wochen völlig neu gemischt. Der Verbleib in der 2. Bundesliga wäre ein schöner Erfolg.            


Neu bei der KTG Heidelberg: Ricards Plate (rechts) mit Klaus Kreutz vom Förderverein. Foto: privat