Whistleblower im Lushniki-Park
Bei der
Leichtathletik-WM spielten sich im Wettkampf zwischen der ARDund Eurosport
dramatische Szenen ab. Als die ersten Marathon-Läuferinnenin den Lushniki-Park
fußelten, behaupteten die beiden Reporter des„Ersten“, dass das Rennen noch
ganz spannend werden würde, weil die führendeEdna Kiplagat „höchstens zehnMeter“
vor Valeria Straneo liege. Mein Papagei und ich warenzwarnichtvor Ort, konnten aber–
am frühen Nachmittag! – schon mitbloßem Auge erkennen, dass der Vorsprung der
Keniatin einen Kilometer vor dem Ziel gut 50
Meter betrug, was– zapp, zapp – die Experten von Eurosport sofort bestätigten.
Beim Einbiegen ins
Stadion, wo die knapp 5000 Marathon-Fans unter den85 000 Sitzen frei wählen durften
(unddas in Russland!), war das Rennen laut ARD immer noch spannend. 300
Meterspäter hatte Kiplagat trotz zweimaliger Babypause in jüngerer
Vergangenheit mit 14 Sekunden oder 80Metern Vorsprung gewonnen. Spannend war
auch, wie die Japanerin Fukushieine knappe Minute später als Dritte und deren
LandsfrauKizaki weitere 45Sekunden später als Vierteins Ziel liefen. Spannende
Stundenverbrachten wir beim Warten auf die beste Deutsche. „Ja, wo läuft sie denn?“,
fragte mein Papagei. Wir warten noch immer, denn es war keine gestartet.
Dass Eurosport die
präziseren Abstände kannte, mag daran liegen, dass der paneuropäische Sender
besser mit den russischen Sicherheitskräften vernetztist. Während im
Lushniki-Park
nur wenige Lauffans
die Frauen anfeuerten, stand unter jedem Baum einPolizist mit auffällig großer
Mütze aufkleinem Kopf. Wie aus gewöhnlich gutunterrichteten Kreisen verlautete,
soll Wladimir Putins neuer Sicherheitsberater Edward Snowden die Bewachung der
Bäume angeordnet haben, schließlichkönne unter den Spechten dort
ein Whistleblower sein. Russlands Reporterrieten den ARD-Kollegen übrigens,ihre
tägliche Ration Wodka erst nach Dienstschluss zu
trinken.
Die deutschen
Zehnkämpfer hattenbeim Hochsprung, der vierten Disziplin,mit enormen Problemen
zukämpfen. Pascal Behrenbruch zähmtevergeblich seine vom
SeitenwindverwehteFrisur, Rico Freimuth hadertemitseinemStab.
BeijedemAnlauffuhrsich der Hallenser erst mit der linken,dann mit der rechten
Hand über dieenge Hose, um Ordnung zu schaffen.„Hoffentlich hat er keine
Läuse“,sorgte sich mein Papagei, der ein aufmerksamer Leichtathletik-Fan
ist. Mitaufgeräumter Hose sprang Freimuthpersönliche Bestleistung. Mein
Papageiund ich waren zunächst beruhigt.Als die Kamera aber zu den
400-m-Vorläufen der Frauen schwenkte,schrie mein Pagagei auf: „Hast Du
dasgesehen?“ Eine Viertelmeilerin aus denUSA hatte sich wie Freimuth mit
flinkenHandbewegungen auf ihren Startvorbereitet. Hoffentlich sind Sextestsim
Pflichtprogramm dieser WM.
(Ferngesehen am 12. August 2013)
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