Mittwoch, 30. Oktober 2024

Meister Toulouse behauptet seine Spitzenstellung

Eine Zwischenbilanz nach acht Spieltagen der französischen Top-14-Liga

Nach acht Spieltagen der französischen Top-14-Liga, nach einem guten Viertel der Saison also, lohnt sich ein Blick zu unseren westlichen Nachbarn. Der 23-malige französische Rugby-Meister Stade Toulousain, der im Endspiel der Saison 2023/24 am 28. Juni in Marseille mit 59:3 gegen die US Bordeaux-Bègles den höchsten Sieg in der Endspiel-Geschichte errungen hatte, hat seine Spitzenstellung behauptet und ist mit 29 Punkten Tabellenführer vor Vizemeister Bordeaux-Bègles (28), Aviron Bayonnais, Stade Rochelais-Atlantique (je 22), Castres Olympique und RC Toulon (je 19). Diese sechs Vereine würden, wenn jetzt alle 26 Spieltage absolviert wären, in die Playoff-Spiele einziehen.

Toulouse, das mit einem Saisonetat von 49 Millionen Euro für 39 Vollprofis und 24 Talente in die Saison gestartet ist, wird weiterhin von Trainer-Manager Ugo Mola (51) geführt, der in seinen aktiven Jahren als Innendreiviertel von Toulouse, Dax und Castres auch zwölf Länderspiele für die Equipe Tricolore bestritten hatte. Mola hat 25 Nationalspieler aus Argentinien, Australien, England, Frankreich, Italien, Neuseeland, Schottland, Spanien, Tonga und den USA zur Verfügung und hatte in den letzten Spielen die Schlussmänner aus vier Nationen in seiner Startformation: Den Franzosen Thomas Ramos als Schlussspieler, den Argentinier Juan Cruz Mallia als Verbindungshalb, den Schotten Blair Kingshorn als Linksaußen und den Italiener Ange Capuozzo als Rechtsaußen.

Der „Engel“, vor 25 Jahren als Enkel seiner aus Neapel stammenden Großeltern in Le Pont de Claix im Département Isère geboren und ab 2010 in der Jugend des FC Grenoble ausgebildet, flog beim 57:5-Sieg über Toulon gleich drei Mal hart neben der Eckfahne ins Malfeld des hoffnungslos überforderten Gegners, dessen Flankenstürmer Charles Ollivon gegenwärtig verletzt ist und der seine Gastspieler Dan Biggar (Wales) und Kyle Sinckler (England) erst spät einwechselte. Ange Capuozzo hat außerhalb des grünen Rasens übrigens als Maler Erfolg, seine Aquarelle werden hoch gehandelt. Im Kräftemessen zwischen den Spitzenklubs aus dem Département Midi-Pyrénées und dem Département Var kamen zwei Olympiasieger zum Einsatz: Bei Toulouse zog der unvergleichliche Antoine Dupont als weltbester Gedrängehalb der Gegenwart die Fäden, bei Toulon trug Ryan Rebbadj das Trikot Nummer 14, bekam von seinen Mannschaftskameraden aber keinen Ball.

Weil Toulouse so viele Nationalspieler hat, muss der Verein auch etliche Akteure für die Länderspiele ihrer Herkunftsländern abstellen. So musste sich das Meisterteam auch schon zwei Mal geschlagen geben: Am vierten Spieltag mit 12:16 gegen Bordeaux-Bègles und am fünften Spieltag beim 23:29 in Castres. Bordeaux, bei dem die Außendreivierteil Damian Penaud und Louis Bielle Biarrey ganz stark spielen und auch das international erprobte Halbpaar mit Maxime Lucu und Matthieu Jalibert viel besser ist als im Horror-Endspiel von Marseille, begann die Saison mit einem 46:26-Heimsieg über Stade Français Paris.

Paris, der Klub des Heidelberger Unternehmers Dr. Hans-Peter Wild (Capri-Sun), hatte ein schlechtes Saisonviertel und von den acht Spielen nur drei gewonnen: Mit 34:31 gegen den erfreulich spielstarken Aufsteiger RC Vannes, mit 29:28 gegen den RC Montpellier-Hérault und mit 36:6 gegen den AS Clermont-Auvergne. Gegen die Michelin-Männchen zeigte Paris, das von den Ex-Nationalspielern Frédéric Michalak und Morgan Parra gemanagt wird, eine geschlossene und starke Leistung, nachdem es zuvor – besonders bei der 3:35-Niederlage in Lyon – häufig schien, als ob es den Stürmern der ersten und zweiten Reihe an der körperlichen Fitness mangele. Außerdem verzichteten die Trainer hin und wieder auf den Einsatz des genialen Dreiviertelspielers Léo Barré, der vom Gedrängehalb bis zum Schlussmann internationale Klasse verkörpert. Stade Français hat wie Montpellier und Perpignan 14 Punkte, weniger Zähler hat nur Vannes (11) auf dem letzten Rang.

Bei den Bretonen ist der aus Aachen stammende deutsche Nationalspieler Eric Marks im Profi-Kader. Beim 34:28-Sieg gegen Castres Olympique hat Marks, der zum 100. Mal für Vannes spielte, ein volles Spiel in der zweiten Sturmreihe gemacht, beim 30:20-Erfolg gegen Lyon war der 1,96 Meter große 27-Jährige nicht im 23-er-Matchkader. Vannes hat schon elf Punkte gesammelt, das ist für einen Aufsteiger aller Ehren wert.

Eine große positive Überraschung ist Aviron Bayonnais. Nach dem jüngsten 49:38-Sieg in Lyon liegen die Südwest-Franzosen mit 22 Punkten, gleichauf mit La Rochelle, auf dem dritten Tabellenplatz. Der 35-jährige Verbindungshalb Camille Lopez führt in Bayonne mit Seelenruhe, feinen Pässen und einem nach wie vor treffsicheren Dropkick-Füßchen Regie. Dieser Fünfzehn scheint es Spaß zu machen, die Prominenz zu ärgern: Auch Racing 92 Paris (32:15) und La Rochelle (37:7) wurden besiegt, Perpignan und Montpellier sowieso.

Nun beginnen die Weltranglistenspiele des Herbstes. Viele Klubs müssen Spieler für die Länderspiele des Weltranglisten-Vierten gegen Japan (9. November), Neuseeland (16. November) und Argentinien (21. November, jeweils 21.10 Uhr) abstellen. Der Spielbetrieb in der Top-14-Liga wird aber fortgesetzt. 

Sonntag, 27. Oktober 2024

Die KTG zeigte ihr „volles Potenzial“

Dennoch gab es für die Heidelberger Kunstturner die fünfte Saisonniederlage – 34:45 gegen KTV Obere Lahn

Heidelberg. (CPB) Nach der fünften Niederlage im fünften Wettkampf der 2. Kunstturn-Bundesliga Nord ist die KTG Heidelberg zwar auf den letzten Tabellenplatz zurückgefallen, doch Trainer Daniel Morres war nach dem 34:45 gegen den Tabellendritten KTV Obere Lahn „ziemlich froh“. Denn seine Turner haben sich im Vergleich zum letzten Wettkampf in Grünstadt um sieben Punkte auf 287 Wertungspunkte gesteigert, „die bisher beste Saisonleistung geboten“ und „endlich das volle Potenzial gezeigt.“

Das lässt sich daran festmachen, dass die KTG mit dem Boden (8:6 Scorepunkte) und dem Sprung (12:4) erneut zwei Geräte für sich entschieden hat und dass am gefürchteten Pauschenpferd erstmals drei Turner ihre Übungen sauber und fehlerfrei durchturnten, so dass die KTV Obere Lahn hier nur mit 5:9 gewann.

Entgegen der Situation in der Wochenmitte traten in der KTG-Riege doch wieder Erkrankungen auf, so dass sich Daniel Morres bei der Vereinsführung die Erlaubnis holte, Henry Lewis aus Leeds zur Verstärkung einzufliegen. Die Investition hat sich ausgezahlt, denn der 20-Jährige holte mit seinem Sprung (5) und am Barren (3) acht Scorepunkte. Höchstnoten gab es beim Sprung: Henry Lewis bekam für seinen Überschlag mit Doppelsalto in den Stand 14,45 Punkte und wurde nur von dem vor 32 Jahren in Eriwan geborenen Artur Davtyan mit der Note 14,75 übertroffen. Der Armenier war mit 24 Punkten der erfolgreichste Gästeturner und führt die Liste der Liga-Topscorer mit 114 Punkten vor dem Ludwigsburger Olympiaturner Timo Eder (99) an.


Am Boden war Heidelbergs Leon Wendt, der eine dreifache Schraube mit Doppelsalto vorwärts in den sicheren Stand setzte, mit der Note 13,10 der beste Turner des Abends, den 150 Fans in der Kirchheimer Sporthalle genossen. Für die fünf Scorepunkte am Seitpferd waren Thorben Krebs (3) und Ricards Plate (2) verantwortlich, die ebenso wie Karl-Ole Gäbler sicher über den Pferderücken tanzten. Carl Steckel, die Zuverlässigkeit in Person, gewann die beiden Scorepunkte an den Ringen. Beim Sprung, dem besten Gerät der Heidelberger, punkteten neben Lewis auch Leon Wendt (3 Punkte für Note 13,45) und Karl-Ole Gäbler (4 Punkte für Note 13,35). Die Scorepunkte errechnen sich stets aus dem Abstand zur Note des direkten Konkurrenten.

Am Barren gewannen Lewis (3) und Lorenz Steckel (1) die vier Scorepunkte der KTG, während am einstigen Paradegerät Reck nur Ricards Plate drei Punkte zum Gesamtergebnis beitrug.

Der nächste Heimwettkampf der KTG am 9. November um 14 Uhr gegen Vinnhorst II wird über den Klassenverbleib entscheiden. Denn die TG Saar II, bei der die KTG am letzten Wettkampftag antreten muss, hat gegen Grünstadt ein wertvolles 31:31 erreicht und dabei erstmals den japanischen Jugend-Olympiasieger Kenya Yuasa eingesetzt. Der 26-Jährige Weltklasse-Athlet hatte eineinhalb Jahre lang im Turnzentrum Heidelberg trainiert, war von der KTG aber nicht verpflichtet worden. „Leider hat ihm die TG Saar mehr geboten“, sagte Daniel Morres. Wieviel ist „mehr“ in der 2. Kunstturn-Liga? 

Sonntag, 20. Oktober 2024

Neun Siege in neun Spielen

Baden-Württembergs Rugby-Nachwuchs ist deutscher Meister der Landesauswahlen

Die U16-Jungen und die U18-Junioren des Rugby-Verbandes Baden-Württemberg (RBW) haben bei den deutschen Meisterschaften der Landesauswahlen in Hannover an die Erfolge früherer Jahre angeknüpft und ihre Titel erfolgreich verteidigt. Auf den Sportplätzen des Bundesligisten und deutschen Siebenerrugby-Meisters SC Germania List gewannen die beiden RBW-Teams alle neun Spiele mit insgesamt 332:29 Spielpunkten.

„Ich freue mich, dass sich die viele Arbeit, die unsere Talente in ihre Leistungsfähigkeit investiert haben, wirklich gelohnt hat. Beide Mannschaften haben sehenswertes Siebenerrugby gespielt“, sagte RBW-Landestrainer Jan Ceselka (Heidelberg), der bei der Betreuung der U18 von OSP-Trainer Max Pietrek und bei der U16 von den Landeshonorartrainern Ruben May und Tobias Bauer unterstützt wurde.

Die U18-Auswahl setzte sich in der Vorrunde mit 19:0 gegen Nordrhein-Westfalen, mit 33:5 gegen Niedersachsen und mit 54:0 gegen Hessen durch, ehe erneut Niedersachsen im Halbfinale mit 31:5 geschlagen wurde. Im Endspiel gegen Nordrhein-Westfalen gab es für das Team der Manager Elmar Menold, Luise Hoffmann, Gabija Diavara und RBW-Jugendwartin Caroline Trost einen ungefährdeten 33:0-Sieg.

Die Punktesammler Baden-Württembergs waren Max Zahner (74), Finian Zöller (25), Philip Buchta (22), Nils Benighaus (22), Haakon Oeß (10), Tobias Feil, Luca Benighaus, Aurel Knorr und Laurin Kugel (je 5).


Die U16-Auswahl gewann in der Vorrunde mit 40:0 gegen Bayern und mit 35:7 gegen               Sachsen, ehe im Halbfinale Nordrhein-Westfalen mit 42:5 geschlagen wurde. Im Finale feierte die von Olivier Faye und Reinhold Bayer gemanagte RBW-Mannschaft mit 45:7 gegen Hessen. Jan Rother, André Brauner (je 45), Felix May (25), Johannes Roll (15), Robin Schmitt (12), Aaron Engels (10), Daniel Kaldenmorgen und Ethan Guba (je 5) waren die Punktesammler.

Nach diesen nationalen Erfolgen müssen sich Baden-Württembergs Talente nun bei Turnieren im belgischen Waterloo und im französischen Metz bewähren.

Baden-Württemberg U18: Max Zahner, Haakon Oeß, Nils Benighaus, Aurel Knorr, Philip Buchta, Laurin Kugel, Luca Benighaus (Heidelberger RK), Finian Zöller, Julius Diavara, Tobias Feil (TSV Handschuhsheim), Sebastian Wellensiek, Rasmus Jung (Heidelberger TV).

Baden-Württemberg U16: Lennard Grimm, Aaron Engels, Johannes Roll, Franz Bayer, André Brauner, Ethan Guba (Heidelberger RK), Felix May, Daniel Kaldenmorgen, Mattis Neumann (TSV Handsschuhsheim), Jan Rother, Robin Schmitt (RG Heidelberg), Julian Nowok (RC Rottweil).    


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Der Nachwuchs des Rugby-Verbandes Baden-Württemberg wurde mit der U16 und der U18 erneut deutscher Landesverbandsmeister im olympischen Siebenerrugby. Foto: privat

Sonntag, 6. Oktober 2024

„Mohrle“ war Deutschlands „Sportlerin des Jahres 1963“

Zur Erinnerung an Heidelbergs große Schwimmerin und Trainerin Ursel Wirth-Brunner, die mit 83 Jahren gestorben ist

Deutschlands „Sportlerin des Jahres 1963“ ist tot. Ursel Wirth-Brunner starb, wie die Familie am 5. Oktober bekannt gab, bereits am 18. September im Alter von 83 Jahren und fand ihre Ruhestätte auf dem Friedhof in Handschuhsheim.

Als Ziegelhausen noch eine eigenständige Gemeinde war, erblickte Ursel Brunner dort am 30. Januar 1941 das Licht der Welt. Kaum war der Zweite Weltkrieg vorüber, warf ihr Vater die Vierjährige in den Neckar, um zu sehen, ob sie schon schwimmen konnte. „Ich konnte hundeln und bin nicht untergegangen“, freute sich Ursel Wirth-Brunner über ihr Talent, und am 4. Juli 1954, als die deutschen Fußballer in Bern-Wankdorf erstmals Weltmeister wurden, gewann das 13-jährige schmächtige Mädchen im Terrassenbad in Neckargemünd ihre erste Kreismeisterschaft.

Wie der langjährige Wassersport-Mitarbeiter der RNZ, Claus Bastian aus Karlsruhe, als Archivar des Deutschen Schwimm-Verbandes ermittelt hat, gewann Ursel Brunner zwischen 1957 und 1964 27 deutsche Meistertitel im Freistil-, Delfin- und Rückschwimmen und stellte 99 deutsche Rekorde auf. Auf des Reporters Frage, ob es nicht vielleicht doch 100 Rekorde gewesen seien, antwortete Ursel Wirth-Brunner Jahrzehnte später: „Nein, nein, Claus hat sich sicher nicht verzählt. Auf seine Akribie konnte man sich verlassen!“

Weil sich Ursel Brunner im Frühling, Sommer und Herbst viele Stunden eines jeden Tages im Freien aufhielt und sich selbst gnadenlos zu einer ebenso schnellen wie ausdauernden „Wasserratte“ ausbildete, wurde sie von der Sonne geküsst und mit der Zeit so braun, dass der Reutlinger Radioreporter Sepp Scherbauer sie mit den Sportlerinnen aus Abessinien (heute: Äthiopien und Eritrea) verglich und „Mohrle“ taufte. Sie fand das klasse.

Ganz Heidelberg war auf sein „Mohrle“ stolz, als Ursel Brunner, mittlerweile trainiert von dem Heidelberger Hautarzt Dr. Hanns Wirth, als einzige Westdeutsche bei den Olympischen Spielen 1960 in Rom in den 4x100-m-Freistil- und 4x100-m-Lagenstaffeln schwimmen durfte und mit den drei Mädchen aus der Sowjetischen Besatzungszone als Schlussschwimmerin zwei Bronzemedaillen gewann. Die beste deutsche Schwimmerin ihrer Zeit wurde von den Sportjournalisten 1963 zu Deutschlands „Sportlerin des Jahres“ gewählt.

Obwohl sie ihren gütigen Trainer Hanns Wirth 1975 als Lehrerin an der Neuenheimer Mönchhofschule heiratete, hatte sie schon in Rom ihre erste (unerwiderte) Liebe gefunden. Bei einem Tanzabend im Olympischen Dorf verguckte sie sich in den ein Jahr jüngeren schlanken, leichtfüßig und elegant tanzenden Cassius Clay, der sich bald nach seinem Olympiasieg von Rom Muhammad Ali nannte und als Profiboxer zum „Größten“ aller Zeiten wurde.  

So erfolgreich wie als Schwimmerin wurde Ursel Wirth-Brunner als Nachfolgerin ihres Ehemannes als Trainerin des SV Nikar Heidelberg, wo sie 14 Schützlinge – unter anderen Marion Aizpors, Uta Schütz, Angelika Knipping, Heike Kurz (heute: Hahn), Gabi Reha (heute: Ottke), Stefan Peter, Peter Knust und Miroslav Rolko – zu deutschen Meisterschaften und sieben Athletinnen und Athleten zu Olympischen Spielen führte. Stefan Peter gewann 1984 in Los Angeles Bronze mit der Lagenstaffel. Sieben Mal wurden die Nikar-Frauen, einmal die Männer mit Trainerin Ursel Wirth-Brunner deutscher Mannschaftsmeister.

Die Rektorin an der Internationalen Gesamtschule im Hasenleiser war eine disziplinierte und konsequente Frau. Wenn ihr etwas nicht gefiel, sagte und erklärte sie es. Sie hörte 1984 nach L.A. als Trainerin auf, weil es im deutschen Schwimmen den ersten Dopingfall gegeben hat. Betrug im Sport duldete sie nicht. Die Kommunalpolitikerin, die von 1989 bis 1994 im Heidelberger Gemeinderat mitarbeitete, trat aus der CDU aus, als Bundeskanzler Helmut Kohl sein Ehrenwort für wertvoller hielt als die Gesetze der Republik, und sie verzichtete auf das tägliche Schwimmen im Thermalbad, als die Stadtverwaltung die von Oberbürgermeister Reinhold Zundel verliehene Ehrenkarte für die Bäder zurückforderte. Mit ihr zu plaudern, war lehrreich. Ein kurzer Anruf konnte drei, vier Stunden dauern.

Nachdem ihr Sohn Henning sie für das Fechten begeistert hatte, widmete sich Ursel Wirth-Brunner mit ihrer ganzen Kraft der neuen Aufgabe als Trainerin im Heidelberger Fechtclub/TSG Rohrbach, und als es dort zwischen ihr und dem Vorstand knirschte, gründete sie 2009 den Fechtverein Heidelberg. Heute sind Henning Wirth, Waheed Shafiq, Tobias Brodkorn und Robert Schwefel oft dekorierte deutsche Senioren-Meister, auch Beate Christmann und Jonas Gudera wurden Topfechter.

Noch ist Daniel Morres zuversichtlich

Nach drei Niederlagen in drei Wettkämpfen hat bei der KTG Heidelberg aber das Nachdenken begonnen

Ist das Wetter noch so trüb, immer hoch die Gelberüb! Nach diesem volkstümlichen Motto reagieren Sportler im Heidelberger Norden auf heftige Niederlagen, und auch Daniel Morres, dessen KTG Heidelberg im Heidelberger Süden beheimatet ist und am Samstag mit einem 15:63 gegen den MTV Ludwigsburg die dritte Niederlage im dritten Wettkampf der 2. Kunstturn-Bundesliga Nord akzeptieren musste, hat sich diese Zuversicht zu eigen gemacht. Morres sagt: „Wir wussten schon im Sommer, dass wir die ersten drei Gegner kaum schlagen können. Und angesichts der Verletzungen, mit der meine Mannschaft zu kämpfen hat und die immer wieder unkonventionelle Umbesetzungen nötig machen, sind die ersten Resultate kein Wunder – wenngleich sie schmerzen.“

Auf das 24:54 gegen Koblenz und das 14:56 in Essen gegen den Zweitliga-Neuling Metropole Ruhr folgte nun eine noch heftigere Schlappe gegen Titelanwärter Ludwigsburg, das mit Eigengewächs Timo Eder und dem Schweizer Luca Giubellini zwei Turner aufgeboten hatte, die Erfahrungen bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris sammeln konnten und in der Kirchheimer Sporthalle Süd mit höchst schwierigen Übungen, glänzenden Noten und 18 sowie 22 Scorepunkten die Basis zum haushohen Erfolg ihrer Riege legten. Giubellinis hohe Kreisflanken über den gesamten Rücken des Pauschenpferdes waren wie dessen Doppelsalto über der Reckstange die sehenswertesten Höchstschwierigkeiten, die das Kampfgericht mit 13,90 und 12,55 Punkten benoteten. Timo Eder erhielt 13,35 Punkte für seine Bodenübung und 13,55 für seinen Sprung, was ihm aber keinen Scorepunkt einbrachte, weil Leon Wendt im direkten Duell 13,50 Punkte erhielt.

Das vierte Gerät, der Sprung nach schnellem Anlauf, ist in dieser Saison die Paradedisziplin der Heidelberger, die hier mit 4:3 Scorepunkten den einzigen Gerätesieg errangen, der in der Endtabelle wertvoll sein könnte, Denn neben Wendt holten auch Karl-Ole Gäbler einen und Ricards Plate mit einem gehockten Kasamatsu mit zwei Schrauben zwei Scorepunkte.

Die übrigen Scorepunkte gewannen Leon Wendt, der zum Abschluss seiner attraktiven Bodenübung einen Salto und drei Schrauben in den sicheren Stand brachte (12,85/3), Karl-Ole Gäbler mit einer exakten Übung am Seitpferd (11,25/4), Carl Steckel, der seine Ringeübung mit einem geschraubten Tsukahara beendete (11,55/3), und dessen jüngerer Bruder Lorenz, der mit einer blitzsauberen Übung (11,95) den einzigen Punkt am Barren eroberte.

Null Punkte gab es am Reck. Das Königsgerät war jahrelang eine Domäne der KTG, für die die stärksten Turner Leon Wendt und Ricards Plate wegen schmerzender Schulterblessuren nur an zwei der sechs Geräte antreten konnten. Deshalb wurden Joel Schauwienold an den Ringen sowie Felix Gollrad am Boden, Seitpferd und Reck aufgeboten, deren Übungen für die 2. Bundesliga nicht schwer genug sind.

Nun folgen die Wettkämpfe, in denen KTG-Trainer Daniel Morres, der mit 11,25 Punkten am Reck deutlich ansteigende Form bewies, eher Siegchancen sieht. Hauptkonkurrent im Abstiegskampf ist wohl die TG Saar II. Im Laufe dieser Woche sollen Gespräche mit den Turnern über eine Erhöhung ihres Trainingsumfangs geführt werden. Auch gibt es erste Überlegungen über eine weitere Verstärkung aus dem Ausland. 

Freitag, 4. Oktober 2024

Diese Leistung macht den „Germanen“ eine Menge Mut

2. Gewichtheber-Bundesliga: Über 600 Kilopunkte für St. Ilgen beim Sieg über Lörrach

St. Ilgen. (CPB) Nach dem 605,6:515-Sieg des AC Germania St. Ilgen über den KSV Lörrach war St. Ilgens Trainer Rolf Feser „sehr zufrieden“. Dass die St. Ilgener schon im ersten Saisonwettkampf der 2. Bundesliga (Gruppe D) die erhofften 600 Kilopunkte übertroffen haben, fand der Sportliche Leiter Ringo Goßmann „sehr erfreulich. Das ist eine gute Basis, auf der wir aufbauen können. Wir haben diese Leistung ohne Verstärkung aus dem Ausland erreicht“, betonte der frühere National- und Meisterheber.

Leider erlebten kaum 80 Zuschauer den vorgezogenen ersten Wettkampf der „Germanen“, die diese Saison mit einer sehr jungen Staffel bestreiten und dennoch an der Tabellenspitze mitmischen möchten. Bester Heber des Abends in der hell erleuchteten Aegidiushalle, in der nach minutenlangen gemeinsamen Bemühungen der Funktionäre sogar das Mikrofon funktionierte, war der 18-jährige deutsche Jugendmeister Maksym Kara, der bei einem Körpergewicht von schlanken 72,8 Kilogramm beeindruckende 120 Kilogramm im Reißen und 148 Kilogramm im beidarmigen Stoßen zur Hochstrecke brachte, was 127 Kilopunkte ergab. Der vor Jahren mit seiner Familie aus der Ukraine in die Kurpfalz gekommene Maksym ist ein Heber, der im Gespräch zurückhaltend und höflich ist, es aber liebt, auf der Bühne viel zu wagen. Die sehr schweren 148 Kilogramm brachte er im zweiten Versuch so sicher nach ganz oben, dass Hauptkampfrichter Sebastian Pawlik vom VfL Sindelfingen ohne jedes Zögern die weiße Kelle erhob.

Das Gewichtheben ist schon länger keine Sportart für starke Männer mehr. Unter den zwölf Protagonisten, die am Samstagabend auf die Heberbühne eilten, waren sieben Männer und fünf Frauen. St. Ilgens Sophie-Meike Eichkorn, die deutsche Meisterin von 2022, war bei einem Körpergewicht von 60,3 Kilogramm mit Lasten von 71 und 89 Kilogramm und 107 Punkten die stärkste Frau und beeindruckte durch ihre Aktionsgeschwindigkeit. In einem Wettkampf, in dem niemand sechs gültige Versuche hatte, erreichten St. Ilgens Kapitän Etienne Benz 103 und der große Kämpfer Justus Moritz 93,6 Punkte. Die deutsche Junioren-Meisterin Florie Raclet stellte persönliche Bestleistungen auf, und Lina Goßmann brachte beinahe das Körpergewicht ihres Vaters Ringo zur Hockstrecke, was die Fans in Ekstase versetzte.

Aufsteiger Lörrach war schon im Reißen mit 235,8:196 Kilopunkten in Rückstand geraten, St. Ilgen gewann auch im Stoßen und im Zweikampf, also mit 3:0. Die Südbadener hatten sich mit zwei Assen aus der Schweiz verstärkt. Jonas Aufdenblatten, der bei der Europameisterschaft Rang 13 belegt hatte und Rekordhalter der Eidgenossen ist, war mit 124 Punkten stärkster Lörracher, Léon Maurer kam immerhin auf 94,2 Punkte. Im Hinblick auf die nächsten Wettkämpfe wollen wir Maksym Kara glauben: „Bei uns ist noch mehr drin!“

St. Ilgen: Maksym Kara (72,8 kg Körpergewicht) 120 kg im Reißen + 148 kg im Stoßen = 268 kg im Zweikampf/127 Kilopunkte; Sophie-Meike Eichkorn (60,3) 71 + 89 = 160/107; Etienne Benz (96,4) 130 + 165 = 295/103; Justus Moritz (82,2) 118 + 140 = 258/93,6: Florie Raclet (63,5) 67 + 82 = 149/90; Lina Goßmann (60,3) 61 + 77 = 138/85 = 605,6.

Lörrach: Jonas Aufdenblatten (78,7) 125 + 155 = 280/124; Léon Maurer (86,4) 117 + 145 = 267/94,2; Oliver Rickert (85,6) 108 + 140 = 248/76,8; Jonas Müller (65,9) 90 + 106 = 196/75; Alicia Kraiser (57,5) 53 + 67 = 120/75; Saskia Helbach (66,3) 64 + 72 = 136/70 = 515.