Die Richard-Wagner-Festspiele blicken einer gesicherten Zukunft entgegen
Die schweren Jahre, die Jahre der Ungewissheiten und der wilden Spekulationen, scheinen die Richard-Wagner-Festspiele in Bayreuth, die – wie immer am 25. Juli – zum 112. Mal begannen, überstanden zu haben. Zwischen den dunklen Regenwolken über dem Grünen Hügel blinzelt immer wieder die Sonne hindurch, und auch bei der sehr gut besuchten Mitgliederversammlung der Gesellschaft der Freunde von Bayreuth herrschten Frohsinn und Aufbruchsstimmung.
Das lag nicht nur daran, dass die Vereinigung der „Freunde“ ihr 75-jähriges Bestehen feiern und vom Vorstand um Georg Freiherr von Waldenfels zu einem Glas Sekt zur Mittagszeit eingeladen wurden. Vielmehr gab es von der Festspielleitung und vom Vorstand eine ganze Menge erfreulicher Informationen und Zahlen. Von Waldenfels, einst bayerischer Finanzminister und Präsident des Deutschen Tennis-Bundes, bat die Mitglieder zwar, für Nachwuchs zu sorgen, was einige Hochbetagte mit zweifelnder Miene zur Kenntnis nahmen, doch wurden aus dem Plenum etliche gute Ideen geäußert, mit Instagram-Posts und Festspiel-Podcasts um jüngere Menschen zu werben. 4440 Mitglieder haben die „Freunde“ gegenwärtig, „es waren schon einmal 5000“, sagte der Freiherr. Schatzmeister Joachim Faber gab allerdings seiner Freude Ausdruck, am Vorabend beim „Tannhäuser“ viele „blonde und dunkle Haarschöpfe entdeckt“ zu haben. „Die Festspiele stehen auch bei jungen Menschen hoch im Kurs!“, rief Faber vergnügt.
Festspielleiterin Katharina Wagner (46), deren Vertrag als Künstlerische Leiterin wenige Wochen vor Festspielbeginn bis 2030 verlängert wurde, präsentierte sich den „Freunden“, die den Festspielbetrieb 2024 mit rund 2,4 Millionen Euro aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden und Erlösen aus geschickten Anlagen am Kapitalmarkt unterstützt haben, in fröhlicher Hochform, dankte für die Unterstützung und ließ erkennen, dass Engelbert Humperdincks Märchenoper „Hänsel und Gretel“ in absehbarer Zeit nicht im Festspielhaus aufgeführt werden wird.
Diesen Vorschlag hatte die grün-bunte Kulturstaatsministerin Claudia Roth kürzlich gemacht, was bei der bayerischen Staatsregierung ebenso auf Ablehnung stieß wie beim Premierenpublikum, das Roth schon vor der Aufführung der Neuinszenierung von „Tristan und Isolde“ heftig auspfiff. Roths Vorschlag zeigt einmal mehr, dass Deutschland gegenwärtig nicht besonders kompetent regiert wird, nicht nur die Außen- und Hochschulpolitik werden von Nichts-Könnerinnen bestimmt. Georg von Waldenfels sagte über Frau Roth nur: „Sie hat von Richard Wagner und von den Festspielen nichts verstanden.“ Immerhin kommt Claudia Roth nun im „Tannhäuser“ vor, denn Regisseur Tobias Kratzer hat sich die köstliche Gelegenheit nicht entgehen lassen, die Ministerin in der „Werkstatt Bayreuth“ auf der Festspielbühne auf die Schippe zu nehmen.
2025 gibt es neue „Meistersinger von Nürnberg“ und eine Wiederaufnahme des „Lohengrin“ mit dem wunderbaren Bühnenbild des Malers Neo Rauch. Zu empfehlen ist, den sehr beliebten „Tannhäuser“ über das fünfte Aufführungsjahr zu verlängern. Und 2026, zum 150. Jahrestag der Festspiele, möchte Katharina Wagner alle zehn Opern ihres Urgroßvaters aufführen, die seit 1876 in Bayreuth zu sehen und zu hören waren – und dazu Wagners Frühwerk „Rienzi“, das noch nie im Festspielhaus erklungen ist.
„Wir haben keine Kartenkrise“, beteuerte Verwaltungschef Ulrich Jagels, der extra am frühen Morgen noch einmal in seinen Computer geschaut und festgestellt hatte, dass es für die Festspiele 2024 noch jeweils eine Karte für „Parsifal“ und den „Ring des Nibelungen“ zu kaufen gebe. „Wir sind also ausverkauft“, meldete Jagel. 30 Opernabende stehen bis zum 27. August auf dem Spielplan, dazu gibt es zwei Open-Air-Konzerte mit Solisten und dem Festspiel-Orchester unter der Leitung von Nathalie Stutzmann, für das die rund 6000 Zuschauenden auf den Rasenflächen des Festspielhügels keinen Eintritt entrichten müssen.
2023 haben die Bayreuther Festspiele mit einem Gewinn in Höhe von 630000 Euro abgeschnitten. Wie Ulrich Jagels betonte, finanzieren sich die Festspiele zu 45 Prozent selbst, „das ist besser als bei jedem anderen deutschen Opernhaus.“ 35 Prozent des Etats steuern die wesentlichen Anteilseigner Bundespublik Deutschland und Freistaat Bayern bei, die am Tag der Premiere auch eine Verwaltungsvereinbarung über 170 Millionen Euro unterzeichnet haben, womit die Renovierung des 148 Jahre alten Festspielhauses weiter vorangetrieben werden kann. Die Baumaßnahmen hatten 2010 gerade noch zu Lebzeiten des Komponisten-Enkels Wolfgang Wagner (1919 – 2010) begonnen. „Bayreuth wird kein zweites Stuttgart 21“, gab sich Georg Freiherr von Waldenfels zuversichtlich.
Seine „Freunde“ kommen zu 27 Prozent aus dem Ausland, hatten 2023 Einnahmen von Höhe von knapp drei Millionen Euro, haben von zwei Testamenten profitiert und sind zu 98 Prozent Privatleute, von denen 70 Prozent außer dem Jahresbeitrag von 300 Euro auch spenden. Joachim Faber möchte versuchen, weitere Firmen als Mitglieder zu werben. Die Mitgliedschaft großer Unternehmen und deren Bekenntnis zum bedeutendsten deutschen Kulturfest gehörte früher zum guten Ton.