Über die Gesellschaft der Freunde von Bayreuth
Wer in den letzten Jahren in überregionalen Gazetten Berichte über die Richard-Wagner-Festspiele in Bayreuth gelesen hat, konnte den Eindruck gewinnen, dass zwischen der Gesellschaft der Freunde von Bayreuth (GDF) und Festspielleiterin Katharina Wagner (45) Krieg herrsche. Die „Freunde“ seien sogar gegen eine Vertragsverlängerung mit der Urenkelin Richard Wagner, die die Festspiele als Nachfolgerin ihres Vaters Wolfgang Wagner zunächst bis 2025 leiten darf. Georg Freiherr von Waldenfels, Vorsitzender der „Freunde“, habe ihre Ablösung gefordert und sich 2022 nach dem bei Publikum und Kritik auf breite Ablehnung gestoßenen „Ring des Nibelungen“ des 34-jährigen österreichischen Regisseurs Valentin Schwarz sich in künstlerische Angelegenheiten eingemischt.
Die Mitgliederversammlung der Gesellschaft der Freunde von Bayreuth, die 4700 Mitglieder aus 27 Nationen hat, bot am 27. Juli 2023 die Gelegenheit, vom Vorstand Aufklärung zu fordern. Wie steht es denn nun um die Beziehung zwischen der Festspielleiterin und dem Förderverein mit seinen Wagner-Kennern aus aller Welt? Georg von Waldenfels, früherer bayerischer Finanzminister und Präsident des Deutschen Tennis-Bundes, beantwortete meine Frage ruhig, aber klar und machte deutlich, dass er sich durch böswillige Behauptungen in ein schlechtes Licht gerückt sieht: „Das Verhältnis zwischen Katharina und mir ist gut und ganz normal. Wir sprechen freundlich und häufig miteinander und arbeiten gemeinsam am Gelingen der Festspiele“. Der Freiherr hatte die Festspielleiterin und den Geschäftsführer Ulrich Jagels ebenso wie „Parsifal“-Regisseur Jay Scheib sehr warmherzig zur Mitgliederversammlung begrüßt.
Katharina Wagner dankte dem US-Amerikaner Jay Scheib (53), Professor für Dramaturgie und Aufführungstechnik am Massachusetts Institute of Technology in Boston, „für einen wunderbaren Abend“. Erstmals in der 147-jährigen Festspiel-Geschichte durften 330 Zuschauer den „Parsifal“ mit einer Augmented-Reality-Brille erleben, die restlichen rund 1600 Besucher aber nicht, was einige „Freunde“ kritisierten: „Haben wir in Bayreuth nun eine Zwei-Klassen-Gesellschaft? Das wäre nicht im Sinne Richard Wagners!“ Scheib nickte und stellte trocken fest: „Wir brauchen 2000 Brillen!“ Da eine AR-Brille gegenwärtig 1000 Dollar kostet, würde das die Finanzkraft der Festspiel-GmbH überfordern, wie Ulrich Jagels wissen ließ. Jay Scheib weckte Hoffnungen: „Der Preis wird deutlich sinken. Künftig könnte es auch Opern-Aufführung mit KI geben…“
Georg von Waldenfels freute sich über „erstaunlich viele junge Menschen bei der Parsifal-Premiere“ und kontinuierlich steigende Einnahmen. 2023 konnten die „Freunde“ die Festspiele deshalb mit 3,4 Millionen Euro unterstützen. „Wir stehen ganz stabil da und werden unseren Beitrag weiterhin leisten", bekräftigte der Vorsitzende. Schatzmeister Joachim Faber ließ wissen, dass die „Freunde“ 2021 rund 3,5 und 2022 rund 4,3 Millionen Euro eingenommen haben und seit 2010 über 40 Millionen Euro den Festspielen gespendet haben. 2022 gab es eine außerplanmäßige Einnahme, denn ein verstorbenes Mitglied hat die „Freunde“ als Alleinerben testamentarisch bedacht. Die Mitgliederstruktur ist interessant: 98 Prozent sind Privatpersonen, nur zwei Prozent Firmen und Vereine. 27 Prozent der Mitglieder seien reine Beitragszahler, 73 Prozent auch Spender.
In den nächsten fünf Jahren wird das Festspielhaus bei laufendem Betrieb generalsaniert. Die dafür angesetzten 200 Millionen Euro werden angesichts der explodierten Baupreise kaum ausreichen. Von Waldenfels unterstrich seine im letzten Jahr getroffene Aussage, dass sich die „Freunde“ in keiner Weise an diesen Kosten beteiligen werden: „Die Renovierung des Hauses, eines international geschätzten Kulturgutes, ist eine staatliche Aufgabe.“ Bund und Freistaat müssten die Aufgabe in gleicher Weise schultern - „wie die Renovierung der Opernhäuser in Berlin und München.“
Die GDF, die erstmals seit 1994 den Mitgliedsbeitrag von 205 auf 300 Euro erhöht hat, ist bereit, ihren Anteil von 29 Prozent an der Gesellschafterversammlung der Festspiele zu reduzieren. Es war zu hören, dass der Freistaat Bayern die frei werdenden Anteile übernehmen möchte. Die „Freunde“ beharren allerdings auf ihren wesentlichen Rechten. Von Waldenfels präzisierte: „Es muss weiterhin gelten: Alle Beschlüsse der Gesellschafter sind einvernehmlich zu treffen. Der Haushalt der Festspiele muss einstimmig verabschiedet werden. Und wir müssen unsere Eintrittskarten in unverminderter Zahl kaufen dürfen.“
Dem bayerischen Staatsminister Markus Blume (CSU) schwebt vor, dass die „Freunde“ künftig 13 Prozent der Anteile halten und ein deutlich geringeres Stimmgewicht haben sollen. Blume, ähnlich forsch wie Parteifreund Andreas Scheuer, im Nordbayerischen Kurier wörtlich: „Da wird es Veränderungen geben. Ich sage ganz deutlich: Da muss es Veränderungen geben.“ Von Waldenfels kontert: „Darüber wurde noch nicht gesprochen“.