Sonntag, 7. Februar 2021

Die Schotten feiern mit dem Calcutta Cup

Riesenüberraschung am ersten Spieltag des Sechs-Nationen-Turniers

 Der erste Spieltag des Sechs-Nationen-Turniers der führenden europäischen Rugbyteams brachte eine große Überraschung. Denn Titelverteidiger und Vizeweltmeister England musste sich in Twickenham den besseren Schotten mit 6:11 (6:8) Punkten geschlagen geben.

 

1926, 1938, 1971, 1983 und 2021 – in der 150-jährigen Länderspiel-Historie der beiden Nachbarn hat Schottland nur fünf Mal im „Home of Rugby“ im Südwesten Londons gewinnen können; entsprechend ausgelassen war der Jubel der Schotten, dumm nur, dass die Rugby-Pubs daheim wegen der Coronavirus-Pandemie geschlossen haben und auch im Stadion keine Zuschauer sein durften, um die Sensation zu feiern.

 

Zum Turnierauftakt galten in den drei Stadien besonders strenge Hygienevorschriften. So sangen die Spieler die Nationalhymnen mit einem Sicherheitsabstand von gut zwei Metern, um sich anschließend 80 Minuten lang aus nächster Nähe anzukeuchen und sich im Gedränge Kopf an Kopf den Schweiß ins Gesicht zu reiben. Lustig auch: Es fand sich tatsächlich kein einziger Funktionär, um den Schotten den seit 1883 alljährlich ausgespielten Calcutta Cup zu überreichen, weshalb sich Kapitän Stuart Hogg die prächtige Silberkanne einfach selbst vom Ehrentisch schnappte...

 

Die Engländer gratulierten aufrichtig. Trainer Eddie Jones antwortete auf die Frage, warum sein Team gegen den Vorjahresvierten verloren habe: „Weil ich die Mannschaft offensichtlich nicht gut genug vorbereitet habe.“ Sir Clive Woodward, der England 2003 zum Weltmeistertitel gecoacht hatte, stellte fest, dass Schottland „neben viel mehr Ballbesitz auch eine fehlerfreie Verteidigung“ gehabt habe. So punkteten die Gastgeber nur durch zwei Straftritte ihres Kapitäns Owen Farrell (Saracens RFC London). Die Schotten kamen auch zu zwei Straftritten durch Finn Russell (Racing 92 Paris), doch den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage machte der 25-jährige gebürtige Südafrikaner Dulan van der Merwe auf der Linksaußen-Position aus, der sich in der 30. Minute zum einzigen Versuch des Spiels über die Mallinie wuchtete.

 

Im Eröffnungsspiel des Turniers brannte der Vorjahreszweite Frankreich im Olympiastadion in Rom ein Rugby-Feuerwerk ab und besiegte die gar nicht schlechten Italiener mit 10:50 (3:24). Im fast menschenleeren Stadion, in dem rund 50 Männer in gelben Westen die leeren Plastiksitze bewachten, legte die Mannschaft der beiden Trainer Fabien Galthié und Raphael Ibanez sieben Versuche durch Dylan Cretin (Lyon), Gael Fickou, Teddy Thomas (beide Stade Français Paris), Arthur Vincent (Montpellier), Brice Dulin (La Rochelle) und Antoine Dupont, den sagenhaften Gedrängehalb aus Toulouse, der zum „Spieler des Tages“ gewählt wurde. Matthieu Jalibert, der Spielmacher aus Bordeaux, traf mit sechs Erhöhungen und einem Straftritt ins Ziel. Für Italien punkteten Luca Sperandio aus Treviso mit einem Versuch und Paolo Garbisi, ein für Treviso spielender 20-jähriger Venezianer, mit der Erhöhung und einem Straftritt.

 

Nach dem Sonntagsspiel, in dem Wales einen hart erkämpften 18:13 (6:13)-Sieg über Irland feierte, sind neben den Schotten und Franzosen auch die „Roten Drachen“ noch im Rennen um den Grand Slam. Sie erzielten zwei Versuche durch George North (Llanelli Scarlets) und Louis Rees-Zammit (Gloucester RFC), und Leigh Halfpenny (Llanelli) kickte die Erhöhung und drei Straftritte zwischen die Goalstangen. Irland legte einen Versuch durch Tadhg Beirne (Munster), Johnny Sexton (Leinster) traf mit der Erhöhung und drei Straftritten. Die Iren schwächten sich selbst, denn wegen rohen Spiels erhielt Peter O’Mahony (Presentation College Bray & Munster) nach 14 Minuten die rote Karte.

 

In der Division 1 der Rugby-Europameisterschaft 2020 wurde der wegen der Pandemie verschobene fünfte und letzte Spieltag nachgeholt. Titelverteidiger Georgien besiegte Russland mit 16:7 und ist erneut Europameister. Spanien sicherte sich Platz zwei durch einen 25:11-Sieg über Portugal. Das Spiel zwischen Rumänien und Belgien fiel erneut aus, weil die belgische Regierung die Reise ihres Nationalteams in das Corona-Krisenland Rumänien verboten hatte. So gewann Rumänien kampflos mit 28:0 und ist Dritter, während die Belgier als Sechster und Letzter das Relegationsspiel gegen den Division 2-Meister Niederlande bestreiten müssen. Irgendwann, wann auch immer…

 

Rugby-EM, Division 1

Abschlusstabelle: 1. Georgien (TV) 24 Punkte; 2. Spanien 13; 3. Rumänien 10; 4. Portugal (Aufsteiger) 9; 5. Russland 8; 6. Belgien 7.   



Schneller schlauer mit der Rhein-Neckar-Zeitung! 

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