Über Harald Rupps erstes Basketball-Länderspiel vor 50 Jahren
Heute jährt sich zum 50. Mal jener Abend, an dem in der Hagener Ischelandhalle ein kleines Basketball- Wunder geschehen ist.
Die deutsche Nationalmannschaft bereitete sich auf die Europameisterschaft im September 1971 in Essen vor und bekam vom Verband einen Lehrgang mit zwei Länderspiele in Italien spendiert. In Gorizia gab es eine 65:82-Niederlage, in Monfalcone ein 59:80 und ein paar Verletzte. Da am Montagabend in Hagen mit Olympiasieger USA eine weitere Bewährungsprobe wartete, fand es Bundestrainer Dr. Miloslav Kriz vernünftig, seine Mannschaft um Kapitän Helmut Uhlig (VfL Osnabrück), mit den ellenlangen Norbert Thimm (Bayer Leverkusen), Jörg Krüger (Bayern München) und Dietrich Keller (USC Mainz), kurzfristig aufzufüllen.
„Kommst Du nach Hagen, spielst Du USA“, erfuhr Harald Rupp bei einem sonntäglichen Telefonanruf. Der Playmaker, der im April 1969 mit erst 16 Jahren mitgeholfen hatte, die erste deutsche Meisterschaft nach Osnabrück zu holen und der von seinem Vereinsjugendtrainer Helmut Uhlig „alles gelernt“ hatte, sagt heute über den durch Erfolge bei Sparta und ATK Prag bekannt gewordenen Juristen Dr. Miloslav Kriz: „Er hat mich unheimlich gefördert und meine Entwicklung sehr beschleunigt“. Denn am Abend des 4. Mai 1970 wurde Harald Rupp mit 17 Jahren der jüngste Debütant aller Zeiten in der deutschen Basketball-Nationalmannschaft; erst am 2. September war er 18.
Dem Ruf seines Förderers zu folgen, war allerdings nicht einfach. Denn montags war Schule, und „Ruppi“, wie ihn der Junioren-Bundestrainer Yakovos Bilek seit einem Lehrgang der U 18-Nationalmannschaft im südfranzösischen Toulouse getauft hatte, musste erst beim Rektor des Gymnasiums „Carolinum“ vorsprechen und um Schulbefreiung nach der dritten Stunde bitten. Da Harald Rupp ein guter Schüler mit den Lieblingsfächern Deutsch und Gemeinschaftskunde war, wurden ihm die Freistunden auf unbürokratische Weise gewährt. Er setzte sich in den Zug nach Hagen, aufgeregt und voller Vorfreude. Die Eltern Margret und Manfred Rupp machten sich mit dem Auto auf den Weg ins Südwestfälische und nahmen ein junges Mädchen namens Mechthild mit, das Harry seit der deutschen Meisterschaft dufte fand, heute mit ihm als Ehefrau in Heidelberg-Kirchheim lebt und sonntags gerne mit ihm joggen geht, damit er – als ehemaliger Leistungssportler und Rechtsanwalt, der viel sitzen muss – in Form bleibt und nicht zu füllig wird.
Kaum waren die Rupps im „Hexenkessel Ischelandhalle“ versammelt, begannen die Amerikaner zu zaubern, die auf der Durchreise zur Weltmeisterschaft in Jugoslawien waren und ihr bestes Team um den Superstar Bill Walton aufs Parkett schickten. Die Deutschen warfen, im Rahmen ihrer Möglichkeit und noch ein bisschen erschöpft von der Italien-Reise, alles in die Waagschale, doch schon nach fünf Minuten stand es 10:23 und am Ende 64:113. Wichtig für Harry Rupp war, dass er gegen die US-Amerikaner, die Besten der Welt, tatsächlich ein paar Minuten mitspielen durfte, dass er nach dem Spiel gemeinsam mit den Eltern und „Mecki“ nach Hause fahren durfte und dass in der offiziellen Spielstatistik zu lesen war: Rupp, 1,79 Meter, zwei Punkte; Keller, 2,08 Meter, ein Punkt.
Diese beiden Nationalspieler wurden Freunde und haben zu gemeinsamen Zeiten ab 1973 in Heidelberg schöne Erfolge gefeiert: Die deutsche Meisterschaft 1977 und die Pokalsiege 1977 und 1978.
Natürlich fanden die Leistungen des blutjungen Harry Rupp großen Widerhalle. Dem „Sonny-Boy des DBB“ widmete die Neue Osnabrücker Zeitung einen „Eigenbericht“, und da der Spielmacher auch in vielen weiteren seiner 57 Länderspiele klug Regie führte, konnte er sich, da der angestrebte Jura-Studienplatz in Münster nicht ganz sicher war, seine Universität aussuchen. München, Gießen, Leverkusen waren Spitzenklubs, die (ganz ohne Geld) um ihn warben. Das Rennen machte der USC Heidelberg, mit damals schon acht deutschen Meistertitel eine der ersten Adressen im deutschen Basketball.
Außerdem gab es in Heidelberg das nagelneue Bundesleistungszentrum mit einer konkurrenzfähigen großen Halle und dessen Leiter Hans Leciejewski. Harry Rupp bekennt: „Ich bin auch wegen Lambi nach Heidelberg gekommen, denn er hat mir eine Wohnung im Pfaffengrund besorgt. Erst ein Jahr später bin ich an den Uniplatz gezogen. Dann war das Leben perfekt.“ Heute fiebert er mit den MLP Academics und kümmert sich „im Hintergrund“ um das Team: Lizenzen und Verträge sind sein Metier, in das Sportliche mischt er sich nicht ein.
Claus-Peter Bach am 4. Mai 2020 in der Rhein-Neckar-Zeitung
Bildtext:
Harry Rupp bestritt 1970 sein erstes Länderspiel – in Hagen gegen die USA. Foto: vaf
Schneller schlauer mit der Rhein-Neckar-Zeitung!
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