Zum Tode von Bernard Lapasset, Präsident des Rugby-Weltverbandes
Die Rugby-Welt trauert um eine ihrer bedeutendsten Persönlichkeiten. In der Nacht zum 2. Mai 2023 verstarb Bernard Lapasset nach langer Krankheit in seiner Heimatgemeinde Louit im Département Hautes-Pyrénées. Der Präsident der Fédération Francaise de Rugby (FFR, 1991 – 2008) und des International Rugby Board (IRB, 2008 – 2016) wurde 75 Jahre alt und hinterlässt seine Ehefrau und drei Kinder. „Bernard war ein Freund des deutschen Rugbys und hat uns oft und kraftvoll unterstützt“, sagte Ian Rawcliffe (Rödermark), der ehemalige Präsident des Deutschen Rugby-Verbandes (1996 – 2004 und 2013/14).
Der Rugby-Stürmer Bernard Lapasset, stattliche 1,91 Meter groß und ein eleganter, freundlicher und humorvoller Mann, wurde am 20. Oktober 1947 im südwestfranzösischen Tarbes geboren und war ein guter Spieler. Er gewann mit der Union Sportive Agen 1967 die Trophée Reichel, die französische Junioren-Meisterschaft. Der Jurist und Zoll-Direktor eroberte mit dem Team von Paris auch die französische Meisterschaft der Zollbeamten, ehe er seine Laufbahn als Rugby-Funktionär begann.
1988 wurde Bernard Lapasset zum Präsidenten des Comité Ile de France gewählt, 1991 als Nachfolger des monumentalen Albert Ferrasse (Agen) zum Präsidenten des Französischen Rugby-Verbandes. Die Equipe Tricolore führte er 1995 zu WM-Platz drei, 1999 zur Vizeweltmeisterschaft und 2003 wieder zu Bronze, ehe er 2007 mit diplomatischem Geschick die Weltmeisterschaft nach Frankreich holte, wo Südafrika gewann und die Gastgeber nach den Niederlagen im Eröffnungsspiel im Stade de France und im „kleinen Finale“ im Prinzenpark, jeweils gegen Argentinien, den vierten Rang belegten.
Es war die am besten organisierte Rugby-WM aller Zeiten und angesichts des riesigen Zuschauer-Interesses, der enormen Einnahmen durch Fernsehgelder und des friedlichen sechswöchigen Turnierverlaufs eine perfekte Werbung für den Rugbysport. Der einzige Zwischenfall ereignete sich nach dem Endspiel zwischen Südafrika und England (15:6) vor dem Stade de France, als ein Polizeibus ein Auto rammte und die zur Métro schlendernden Fans Beifall spendeten.
Nach der WM wurde Bernard Lapasset als Nachfolger des Iren Syd Millar zum Präsidenten des International Rugby Board gewählt (der heute World Rugby heißt). Seinem Geschick ist es zu verdanken, dass Rugby 2009 nach 85 Jahren Pause in den Kreis der olympischen Sportarten
zurückkehrte und 2016 in Rio de Janeiro mit dem Siebenerrugby sein Comeback als Wettkampfsport feierte. Dem IRB diente Bernard Lapasset zwei Amtszeiten lang, ehe er vom Engländer Bill Beaumont abgelöst wurde.
Bis zu seinem Tode wirkte Bernard Lapasset als Vizepräsident des Organisationskomitees für die Olympischen Spiele 2024 in Paris, nachdem er als Co-Präsident auch das Bewerbungskomitee geleitet hatte. Er leistete für Frankreich, das ihn zum Offizier der Ehrenlegion ernannte, genau das, was Franz Beckenbauer für die Fußball-WM 2006 in Deutschland getan hatte.
Bernard Lapasset verband seine sportliche Kompetenz und menschliche Wärme mit einer heute eher seltenen Geradlinigkeit, Unbestechlichkeit und Moral. Mit zwei deutschen Rugby-Präsidenten verband ihn eine herzliche Freundschaft und die Bereitschaft, auch außerhalb der Sitzungssäle bei einem Gläschen Rouge komplizierte Themen zu besprechen und Probleme unbürokratisch zu lösen. „Wir haben bei Bernard immer ein offenes Ohr gefunden“, erinnert sich Ian Rawcliffe. Lapassets gute Beziehungen zu Neuseeland wurden von Königin Elizabeth II belohnt, die ihm den Orden „Offizier des Neuseeland-Ordens“ verlieh.
Bildtext
Bernard Lapasset und Madame Lapasset am 12. Oktober 2007 im Pavillon Elysée in Paris anlässlich der Eröffnung der Rugby-WM mit dem deutschen Rugby-Präsidenten Claus-Peter Bach (links). Foto: Gerard Kemps
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