Über das Anforderungsprofil für die neue DOSB-Präsidentschaft
Am 4. Dezember 2021 – einem Samstag! – ist in Weimar der Tag des Herrn. Wo sich die Dichterfürsten Goethe und Schiller auf dem Theaterplatz seit 1857 allabendlich „gute Nacht“ sagen, soll der dritte Präsident des 2006 aus NOK und DSB gebildeten Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) gewählt werden.
Um die Qualität der bisherigen Sportfürsten Dr. Thomas Bach und Alfons Hörmann zu übertreffen, hat die Interessenvertretung des deutschen Sports eine Findungskommission gebildet, die laut Sportschau.de eine Aufgabenstellung und, weil man schon mal so nett beisammen saß, auch ein Anforderungsprofil formuliert hat.
Wir halten fest, liebe Leserin, lieber Leser und liebes Leserlein: Die neue Führungskraft darf männlich, weiblich oder divers sein, was immerhin ein Fortschritt ist, denn Bach und Hörmann waren – zumindest auf den ersten Blick – weder weiblich noch divers. Sie muss die strategische Ausrichtung des deutschen Sports vorgeben und dabei die Ideen und Wünsche aller Mitglieder (Fachverbände, Sportbünde, Sportler (m/w/d) und Sportwissenschaffende) im Leistungs- und Breitensport aufnehmen und diese nach innen – im Haus des Sports mit seinen rund 160 Mitarbeitenden – und nach außen (gegenüber dem Sportministerium, dem Parlament und den politischen Parteien) vertreten. Wörtlich heißt es, sie solle „Ideengeber und Sparringspartner für Politik und Verwaltung“ sein, wobei – „eine Schlamperei!“, meint mein Papagei – nicht explizit ausgeführt ist, ob das Sparring mit oder ohne Boxhandschuhe stattfinden soll.
Was die Vorbildung der Führungskraft anbelangt, wird das Papier sehr konkret: Sie möge sich durch ein „strategisch-konzeptionelles General-Management-Verständnis sowie einen internationalen Erfahrungshintergrund mit interkultureller Sensivität“ auszeichnen und einen modernen, motivierenden und fördernden Führungsstil zeigen – und bloß nicht leise vor sich hin mosern, wenn die Angestellten (m/w/d) wieder einmal einen Auftrag gar nicht oder zu spät ausgeführt haben. Auch die Bitte um Unterlassung von Privatgesprächen während einer Videokonferenz des Präsidiums soll unterbleiben, denn die künftige Führungskraft soll dafür sorgen, dass jedermann (m/w/d) sich frei und ungezwungen äußern kann (auch wenn es eigentlich der Situation angemessen wäre, mal für zwei Minuten die Klappe zu halten). Denn die Führungskraft beweist Transparenz, politische Offenheit, Kooperationsbereitschaft in mehreren Sprachen, wobei „fließende Englischkenntnisse“ vorausgesetzt werden, um mit dem Sportminister (m/w/d) oder dem IOC zu verhandeln.
„Wahnsinn!“, entfährt es meinem Papagei, der völlig einer Meinung mit Ingo Weiss aus Münster ist. Der 58-Jährige kennt sich im Sport ein bisschen aus, war 14 Jahre lang Vorsitzender der Deutschen Sport-Jugend, führt seit 2006 den Deutschen Basketball-Bund und leitet seit 2018 die Konferenz Spitzenverbände im DOSB. „Wir werden vermutlich niemanden finden, der alles erfüllt“, ahnt Weiss, doch mein Papagei ist optimistischer: „Ich glaube, dass der Liebe Gott ein geeigneter Kandidat wäre. Man müsste ihn halt mal fragen...“
Mein Papagei und ich verstehen auch nicht, warum der Vorsitzende der achtköpfigen Findungskommission nicht seinen Hut in den Ring wirft. Christian Wulff ist mit 62 Jahren im richtigen Alter, hat als Bundespräsident von 2010 bis 2012 viele Menschen aus der Politik kennen- und ein paar auch schätzengelernt, und nach einigem Nachdenken ist meinen Papagei eingefallen, dass Wulff ein international erfolgreicher Motorsportler gewesen war. „War er nicht sogar Weltmeister im Bobbycar-Rennen?“, fragt sich mein Papagei, nachdem er bei Wikipedia kaum präzise Angaben über Saisonresultate und Rennverläufe finden konnte.
Schneller schlauer mit der Rhein-Neckar-Zeitung!
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