Donnerstag, 27. Februar 2025

„Die kleinen Dinge mal richtig machen“

Deutschlands Rugby-Kapitän Jörn Schröder bestreitet in Amsterdam sein 51. Länderspiel

Für die deutsche Rugby-Nationalmannschaft geht es in der Europameisterschaft nur noch um den Verbleib in der Division 1. „Alles andere waren Träumereien, die sind längst ausgeträumt“, sagt Nationaltrainer Mark Kuhlmann (Heilbronn) unmittelbar vor der entscheidenden Phase eines Wettbewerbs, in dem sich die besten vier Mannschaften für die Weltmeisterschaft 2027 in Australien qualifizieren konnten. Georgien, Portugal, Spanien und Rumänien haben das geschafft, Deutschland erneut nicht.

Am Samstag um 13 Uhr bestreiten die Deutschen das Halbfinale um die EM-Ränge fünf bis acht in Amsterdam gegen den Vorjahresfünften Niederlande. Das Spiel wird live auf Pro7 Maxx und auf www.rugbyeurope.eu übertragen. Mark Kuhlmann gibt sich keinen Illusionen hin. „Die Enttäuschung nach dem schlechten Spiel und der 19:39-Niederlage in Kassel gegen Belgien sitzt tief. Wir müssen nun alles tun, um den Abstieg zu vermeiden, insbesondere müssen wir viele Kleinigkeiten besser machen, um zu einem ordentlichen Spiel zu finden“, sagt der Trainer und fügt hinzu: „Wir haben die letzten drei Länderspiele gegen die Niederlande – in Neckarsulm, in Amsterdam und in Paris – klar verloren. Deshalb sind wir am Samstag nur Außenseiter.“

Auch Jörn Schröder schätzt die Lage realistisch ein. Der 32-jährige Erste-Reihe-Pfeiler des Heidelberger Ruderklub hat in Kassel sein 50. Länderspiel bestritten und wird die „Schwarzen Adler“ in Amsterdam zum 22. Mal als Kapitän auf Feld führen. Er sagt: „Holland ist stärker als Belgien, wir stehen vor einer harten Aufgabe. Wir müssen aber auf uns schauen und uns in allen Bereichen verbessern.“ Oft sind es banale Schwächen, die die Mannschaft aus dem Konzept bringen und ein erfolgreicheres Spiel verhindern. Schröder listet auf: „Unsere Gassen, die Einwürfe und die Balleroberung, Unser Ruck, in dem wir zahllose Bälle verlieren. Unser Angriffsspiel, bei dem wir kaum einmal über die Vorteilslinie kommen. Die Kicks, mit denen wir die Gegner geradezu zu Kontern einladen. Und die Disziplin…“


Jörn Schröder, der sein Rugby beim TSV Victoria Linden gelernt hat und als Angestellter im öffentlichen Dienst der Stadt Wiesloch arbeitet, hat am 24. November 2012 in Heidelberg beim 32:14-Sieg über Moldawien debütiert. „An Vaters 50. Geburtstag wurde ich in den letzten Spielminuten einwechselt“, erinnert sich der große Kämpfer. Vater Karsten begleitet die Nationalmannschaft um die halbe Welt und freut sich seit eineinhalb Jahren über Enkel Liam, der aus Jörns Ehe mit der Rugbyspielerin Susanne aus der Pfisterer-Dynastie hervorgegangen ist.

Obwohl man Erste-Reihe-Stürmern nachsagt, sie könnten erst mit 35 Jahren, erfahren und gestählt, ihr volles Leistungsvermögen entwickeln, ist es unwahrscheinlich, dass Jörn Schröder einst mit Liam in einer Mannschaft dem ovalen Ball nachjagen wird. „Ich werde auf jeden Fall noch die nächsten zwei Länderspiele mitmachen und dann mit meiner Familie beratschlagen, wie es weitergeht. Dreizehn Jahre in der Nationalmannschaft, als Amateur gegen Vollprofis, gehen nicht spurlos an einem vorüber.“ Auch sei es nicht trivial, Beruf und Nationalmannschaft miteinander zu verbinden. „Meine Kollegen gucken sich zwar alle meine Spiele an, aber ich musste alleine für die ersten drei EM-Spiele dieser Saison bereits neun Tage meines Jahresurlaubs nehmen.“

Als bekannt wurde, dass Rumänien mit allen Akteuren zur EM-Vorbereitung vier Wochen lang in Südfrankreich war, schüttelte Jörn Schröder nur den Kopf: „Das ginge bei uns gar nicht. Da könnten nur zwei, drei Spieler mitmachen. Wir müssen doch alle arbeiten oder studieren.“      

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