Sonntag, 29. Juni 2025

Baden-Württembergs Siebenerrugby-Nachwuchs begeistert

Bei den Heidelberg Sevens wurden die U16-Jungen Erster und die U18-Mädchen Zweiter

Das Siebenerrugby-Turnier Heidelberg Juniors & Girls Sevens, das am Samstag und Sonntag gut 800 Zuschauer in das städtische Rugby-Stadion Fritz-Grunebaum-Sportpark lockte, war ein Fest des internationalen olympischen Rugbyspiels. Zwar meinten einige Besucher, es sei zu heiß zum Sporttreiben, doch waren sie erstaunt zu hören, dass Siebenerrugby ein Sommersport ist und es schon an früheren Turniertagen Temperaturen über 30 Grad Celsius gegeben hatte. Wirkliches Mitleid verdienten nur die Bundesliga-Athleten, die am Grill und der Pommes-frites-Fritteuse Dienst hatten und nicht unwesentlich zur Finanzierung des Turniers der 16 Auswahlen aus sieben Nationen beitrugen.

Für den ausrichtenden Rugby-Verband Baden-Württemberg, die Turnierleitung um Jugendwartin Caroline Trost, ihren Stellvertreter Elmar Menold und Sportwart Ben Merdes sowie die bei der stimmungsvollen Siegerehrung die sportlichen Leistungen lobenden Bürgermeister Jürgen Odszuck und Sponsor Tommaso Fontana von der Deutschen Vermögensberatung geriet das Turnier zur reinen Freude, weil die beiden ersten Mannschaften des RBW sehr gut abschnitten.

Die RBW-Juniorinnen unter 18 Jahren, betreut von Managerin Christine Kerber und dem bewährten Trainergespann mit Lisa Bohrmann und Andreas Hacker, zauberten sich auf sehenswerte Weise ins Endspiel. Nach einem 14:5 gegen Belgien, einem 33:0 gegen die Apollo Perelini Academy aus Dubai und einem 46:7 gegen die belgischen Belbarians gab es im Viertelfinale einen 24:5-Sieg gegen die German Barbarians und im Halbfinale ein 34:7 gegen Tschechien, ehe die Niederlande im Endspiel besser ins Spiel fanden und mit 28:0 sicher gewannen.

Die aus Spielerinnen von Baden-Württemberg und anderen Landesverbänden gebildeten German Barbarians belegten den respektablen fünften Platz, indem sie den deutschen Landesverbandsmeister Nordrhein-Westfalen mit 12:10 niederrangen. Soraya Hölzer-Castillo, Charlotte Pfaffmann und Jenna Lee taten sich im RBW-Team als fleißigste Versuche-Legerinnen hervor. Topscorerin war Jenna Lee mit 40 Punkten. 

Den baden-württembergischen Junioren unter 16 Jahren, betreut von den Managern Ulrike und Olivier Faye und den Landestrainern Jan Ceselka, Felix Martel und Ruben May, eilte ein Ruf voraus, denn bei den deutschen Landesverbandsmeisterschaften in Hannover hatten sie hoch überlegen den Titel gewonnen. Am Wochenende haben sich die Jungs auch international bewährt. Zwar begann das Turnier mit einer 12:24-Niederlage gegen Dubai etwas holprig, doch beim 42:14 gegen die Buffalos vom südafrikanischen Western Cape, beim 26:0 gegen Vorjahressieger Tschechien, beim 33:0 im Viertelfinale gegen die auf Rang acht landende eigene zweite Mannschaft und beim 19:12 im Semifinale gegen die Niederlande-Süd lief der Ball wie am Schnürchen.

Das Endspiel, das der RBW durch Versuche von Felix May, Ethan Guba und Raphael Moutsinga sowie eine Erhöhung von André Brauner gegen Dubai mit 17:12 gewann, war hoch dramatisch, denn die Gastgeber lagen zwei Mal zurück.

Groß war der Jubel auch, als Dubais Mädchen und Hessens Jungen die Fairnesspreise erhielten, und bei der Auszeichnung der besten Turnierspieler – Hollands Vera Roters und Dubais Adam Burnett – gab es keine zwei Meinungen. Ihnen liegt das Siebenerrugby im Blut.

Endklassement, U18-Junorinnen: 1. Niederlande, 2. Baden-Württemberg, 3. Belgien, 4. Tschechien, 5. German Barbarians, 6. Nordrhein-Westfalen, 7. Belbarians, 8. Dubai.

U16-Junioren: 1. Baden-Württemberg, 2. Dubai, 3. Niederlande-Süd, 4. Tschechien, 5. Hessen, 6. Buffalos Western Cape, 7. Strasbourg-Alsace, 8. Baden-Württemberg II.  

Gert Rudolph will die Zukunft der Vereine sichern

Der 68-jährige Karlsruher wurde in Wiesloch erneut zum Präsidenten des Badischen Sportbundes Nord gewählt

Der am 13. März 1946 gegründete Badische Sportbund Nord (BSB) ging gestärkt und kerngesund aus seinem 33. Sportbundtag hervor, zum dem Wieslochs Oberbürgermeister Dirk Elkemann rund 250 Delegierte im Kongresszentrum „Palatin“ begrüßte, die 637 Stimmen auf sich vereinigten. Elkemann, ein Marathonmann mit ausgeprägtem Durchhaltevermögen, bescheinigte den Wieslocher Sportvereinen, gut aus der Coronavirus-Pandemie gekommen zu sein, „eine hervorragende Jugendarbeit“ zu betreiben, Motoren für „Integration und Inklusion“ zu sein und auch das aktuelle Problem mutig lösen zu wollen: „Wir müssen mehr Jugendtrainer und Betreuer finden, die sich um die vielen Kinder und Jugendlichen in unseren Vereinen kümmern“, sagte der Oberbürgermeister und erntete ebenso viel Beifall wie drei weitere Grußwort-Sprechende.

Sandra Boser, Staatssekretärin im Ministerium für Jugend, Kultus und Sport, lobte BSB-Präsident Gert Rudolph (Karlsruhe) und dessen Mannschaft für die seit Jahren konstruktive Zusammenarbeit mit der Politik, was die Landtagsabgeordneten Christiane Staab, Manuel Hailfinger (beide CDU), Klaus Ranger (SPD), Hans-Peter Hörner (AfD) und Norbert Knopf (Grüne) mit heftigem Kopfnicken bestätigten. Man habe es sich angewöhnt, miteinander zu reden und die Sorgen und Nöte zu erklären, sagte Präsident Jürgen Scholz vom Landessportverband Baden-Württemberg (LSV), der sich als Vorsitzender der Konferenz der Landessportbünde ausdrücklich hinter eine deutsche Bewerbung für Olympische und Paralympische Spiele stellte und darin einen notwendigen Beschleuniger „für den Vereinssportstättenbau, die Renovierung von Schulen und Sporthallen und die Programme für Sport und Bewegung in den Schulen und Kindergärten“ sieht. Scholz: „Der schulische Ganztag ab 2026 ist für den Sport kein Problem, sondern eine Herausforderung und eine große Chance, die unsere Vereine nutzen mögen!“ Schon die World Games 2029 in Karlsruhe werden dem Sport im Lande guttun.

Sandra Boser stellte heraus, dass die vielen tausend ehrenamtlichen Mitarbeitenden in den Vereinen und Fachverbänden mit ihrem sportlichen Tun auch eine große Verantwortung für die Bildung junger Menschen übernähmen und „ein breites Angebot zur Demokratisierung der Gesellschaft unterbreiten.“ Im Hinblick auf die bald beginnenden Verhandlungen über den Solidarpakt V sagte die Staatssekretärin dem Sport faire Gespräche zu. Manuel Hailfinger betonte, dass von diesen Gesprächen nicht nur Vereine und Übungsleiter profitieren sollen, „sondern auch der kommunale Sportstättenbau“, schließlich seien etliche Schwimmbäder und viele Sporthallen dringend sanierungsbedürftig.

Wenn der BSB aus diesem Sportbundtag gesund und gestärkt hervorgegangen ist, so gilt das zu allererst für den Präsidenten Gert Rudolph, der fast die Hälfte seiner ersten dreijährigen Amtszeit aufgrund einer sehr gefährlichen Erkrankung in klinischer Quarantäne verbringen musste. Nun ist der 68-jährige Unternehmer wieder fit und gab für seine zweite Amtszeit nach „Vereine stärken“ das Motto „Die Zukunft der Vereine sichern“ aus. Rudolph, Boser, Scholz und Robert Blase von Sponsor Erwin Himmelseher Assekuranz zeichneten den TSV Jöhlingen, die SpVgg Oberhausen und die HG Oftersheim/Schwetzingen mit dem gut dotierten Zukunftspreis des BSB aus. Alle drei Vereine konnten ihre Mitgliederzahl durch innovative Konzepte deutlich steigern und dazu beitragen, dass der BSB in den letzten drei Jahren neun Prozent mehr Mitglieder zählen konnte. Bei Kindern und Jugendlichen bis 14 Jahren wuchs die Mitgliederzahl sogar um 16 Prozent.

Nachdem die erneut gewählten Kassenprüfer Holger Dörr, Siegfried Ochs und Ralf Stückler während der vergangenen drei Jahre insgesamt 18 Arbeitstage lang geprüft und nicht die geringste Beanstandung gefunden hatten, beantragte Thorsten Bierkamp vom Badischen Schwimmverband die Entlastung des Präsidiums. Diese erfolgte ebenso einstimmig wie alle Wahlen. Victoria Hansen (Heidelberg), Sabine Kusterer (Luxemburg), Sven Wolf (Mannheim) und Bernd Kielburger (Königsbach-Stein) wurden mit großem Beifall aus dem Präsidium verabschiedet, Gerhard Mengesdorf (St. Georgen) nach einem ganzen Leben für den Sport zum BSB-Ehrenmitglied ernannt. Da keinerlei Anträge gestellt worden waren, endete der Sportbundtag nach rekordverdächtigen zweieinhalb Stunden. Die Delegierten fanden das nett und menschlich – in oft unmenschlichen Zeiten.

Das neue Präsidium des BSB Nord

Präsident: Gert Rudolph (SSC Karlsruhe); Vizepräsidenten, Finanzen: Jürgen Zink (TSV Wiesental); Gleichstellung und Sportentwicklung: Jutta Hannig (Golf-Club Wiesloch); Leistungssport: Claus-Peter Bach (SC Neuenheim); Sportpolitik und Schulsport: Dr. Sabine Hamann (Mannheimer RV Amicitia); Bildung: Gerhard Schäfer (TSG Ziegelhausen); Vertreter der Fachverbände: Kerstin Eisele (Turnen), Professor Dr. Andreas Pitz (Fußball), Bernhard Thie (Triathlon); Vertreter der Sportkreise: Dr. Dorothee Schlegel (Mosbach), Willi Ernst (Sinsheim); Vertreter der Sportjugend: Magnus Müller und Björn Strasser.  

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Das Präsidium des Badischen Sportbundes Nord, hintere Reihe v.l.n.r.: Bernhard Thie, Magnus Müller, Willi Ernst, Dr. Sabine Hamann, Gerhard Schäfer, Jürgen Zink, Björn Strasser, Prof. Dr. Andreas Pitz und Claus-Peter Bach; vordere Reihe v.l.n.r.: Stellvertretende Geschäftsführerin Kerstin Häfele, Jutta Hannig, Geschäftsführer Michael Titze, Präsident Gert Rudolph, Dr. Dorothee Schlegel, Kerstin Eisele und stellvertretender Geschäftsführer Dr. Florian Dürr. Foto: Helmut Pfeifer

Dienstag, 24. Juni 2025

Aus dem Lande des Weltmeisters Südafrika

Beim Siebenerrugby-Turnier Heidelberg Juniors & Girls Sevens sind die Buffalos vom Western Cape erstmals zu Gast

Am Samstag und Sonntag (28./29. Juni), jeweils von 9 bis 17 Uhr, veranstaltet der Rugby-Verband Baden-Württemberg (RBW) zum 28. Mal das Siebenerrugby-Turnier Heidelberg Sevens. Seit 2012 wird das Turnier für Junioren unter 16 Jahren und für Juniorinnen unter 18 Jahren ausgetragen, die sich in Spielen gegen starke internationale Konkurrenz beweisen und für den Einsatz in den deutschen Nationalmannschaften bei den Europameisterschaften empfehlen sollen. Gespielt wird im städtischen Rugby-Stadion Fritz-Grunebaum-Sportpark, Harbigweg 9 in 69124 Heidelberg-Kirchheim. Pkw-Fahrenden wird empfohlen, ihr Fahrzeug auf dem Messplatz oder dem Parkplatz am ADAC zu parken. Alle Besucher des Siebenerrugby-Turniers genießen freien Eintritt.

Der RBW hat ein hochklassiges Teilnehmerfeld mit jeweils acht Nationalmannschaften und internationalen Auswahlen gebildet. Bei den U18-Mädchen hat es die baden-württembergische Auswahl der Trainer Lisa Bohrmann und Andreas Hacker und der Teammanagerin Christine Kerber, die im Vorjahr durch einen 22:5-Sieg über die Niederlande Turniersieger waren, erneut mit den spielstarken Holländerinnen, den Nationalteams von Belgien und Tschechien, der Apollo Sporting Academy aus dem arabischen Emirat Dubai, der belgischen Auswahl Belbarians, den German Barbarians und dem Rugby-Verband Nordrhein-Westfalen zu tun, dessen Auswahl kürzlich in Wiedenbrück vor Baden-Württemberg deutscher Meister der Landesverbände geworden war.  

Bei den U16-Jungen wurde die Turnierleitung um RBW-Jugendwartin Caroline Trost, deren Stellvertreter Elmar Menold und Sportwart Ben Merdes vor eine kompliziertere organisatorische Herausforderung gestellt, denn das Nationalteam Israels, seit einigen Jahren Stammgast in Heidelberg, hat wegen des Angriffskrieges gegen den Iran seine Teilnahme absagen müssen. Den frei gewordenen Platz nahm der RBW mit einer zweiten Mannschaft ein, die sich neben der ersten Mannschaft der Schwarz-Gelben, die im letzten Jahr das kleine Finale gegen die San Diego Academy hauchdünn mit 5:0 gewonnen hatte, beweisen möchte. Die beiden Teams der Manager Ulrike und Olivier Faye und der Trainer Jan Ceselka, Felix Martel und Ruben May haben es mit dem viermaligen Rekordsieger Tschechien, den flinken Jungs der Niederlande Süd, der französischen Auswahl von Strasbourg-Alsace und der Auswahl Hessens zu tun.

Erstmals starten die Buffalos Western Cape aus dem Lande des Weltmeisters Südafrika und die Apollo Sporting Academy Dubai in Heidelberg. Erstmals bringt der 55-jährige Rugbylehrer Afamasaga Apollo Perelini, der aus dem neuseeländischen Auckland stammt, für die U21-All Blacks, Samoa und die Weltauswahl gespielt hatte und Rugby in Arabien fördert, zwei Teams mit nach Heidelberg. Sie sind ungeheuer stark und bereiten sich seit Mittwoch auf den Rugbyplätzen neben der Jugendherberge gewissenhaft vor.

Siebenerrugby wurde in Heidelberg schon in den frühen 1980-er Jahren durch die Magicians um Bruce Kerr und Thomas Kurzer promotet. Die Heidelberg Sevens, die 2002, 2003, 2007 und 2011 sogar EM-Turniere waren, wurden 1995 erstmals ausgetragen und waren 2000 die europäische Qualifikation zur WM 2001 in Argentinien, für die sich Wales, Georgien und Irland qualifizierten. Der Rugby-NationalspieleACr und Segel-Olympiasieger Dr. Jacques Rogge aus Belgien, der einst ein Ausbildungsjahr bei Professor Horst Cotta in der Orthopädischen Uni-Klinik in Heidelberg verlebt hatte, setzte als IOC-Präsident durch, dass das Rugbyspiel mit sieben Akteuren pro Team ab 2016 in Rio de Janeiro olympischer Wettkampfsport ist. Olympiasiger 2024 in Paris waren die Frauen Neuseelands und die Männer Frankreichs. Gespielt wird weltweit über zweimal sieben Minuten mit zwei Minuten Halbzeitpause.

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Soraya Hölzer-Castillo, im letzten Jahr beste Spielerin der Heidelberg Sevens, spielt auch am Wochenende mit und will erneut viele Versuche legen. Foto: F&S 


Sonntag, 22. Juni 2025

Barbarossas Wiedergeburt

Union Bordeaux-Bègles dank Maxime Lamothe im französischen Rugby-Endspiel gegen Stade Toulousain

Im Endspiel der französischen Rugby-Meisterschaft, die seit 1892 ausgetragen wird, kommt es am 28. Juni 2025 um 21 Uhr im Stade de France in St. Denis zur Neuauflage des Finales von 2024. Titelverteidiger Stade Toulousain, das im Vorjahr in Marseille einen historisch hohen 59:3-Sieg über die Union Bordeaux-Bègles gefeiert hatte, trifft wieder auf das Team vom Ufer der Gironde, dem diesmal aber Titelchancen zuzurechnen sind.

Toulouse gewann sein Halbfinale im mit knapp 60.000 Zuschauern ausverkauften Groupama-Stadion von Lyon gegen Aviron Bayonnais zwar mit 32:25 (20:15) Punkten, doch ohne die verletzten Topspieler Antoine Dupont, Ange Capuozzo und Peato Mauvaka, die lange ausfallen werden, und ohne die ebenfalls verletzten Paul Costes und Rickie Arnold knirschte es bedenklich im Gefüge des 23-fachen Meisters, der nur zu zwei Versuchen durch Romain N'Tamack und Paul Graou kam. Die restlichen 22 Punkte besorgte 100-Prozent-Kicker Thomas Ramos.

Ohne Gedrängehalb Antoine Dupont, des wegen eines Kreuzbandrisses fehlenden weltbesten Rugbyspielers, fehlt es dem Spiel des Meisters an Überraschungen, obwohl seine Stellvertreter Paul Graou und Japans Nationalspieler Naoto Saito überhaupt nicht schlecht spielen. Auch Hakler Peato Mauvaka, der als 15-Jähriger 2013 an den SAS Institute Heidelberg Junior Sevens teilgenommen hatte und bestes Talent in den Reihen des Comité Midi-Pyrénées war, fehlt mit seinem druckvollen Angriffsspiels nach den Gassen.

Bayonne, dessen Fans schon lange vor Spielbeginn ihre auf die Melodie von „Griechischer Wein“ (Udo Jürgens) gedichtete Klubhymne sangen, hielt gut mit, weil Kicker Joris Segonds mit sechs Straftritten 18 Punkte bei einer Ausbeute von 100 Prozent erreichte. Aviron-Trainer Gregory Patat nahm den bei Stade Français Paris ausgemusterten 28-jährigen Verbinder jedoch in der 53. Minute aus dem Spiel. Ersatzmann Camille Lopez (36) sah nach einer Minute wegen absichtlichen Ballvorschlagens, was eine grobe Unsportlichkeit ist, die Gelbe Karte. 14 Basken reichten nicht, um den Meister zu stürzen. Immerhin durfte Lopez nach zehnminütiger Verschnaufpause wieder aufs Feld und den Versuch von Lucas Martin (80. Minute) erhöhen, womit die große Laufbahn des Spielmachers nach 28 Länderspielen und der französischen Meisterschaft 2017 mit dem AS Clermont-Auvergne tröstlich zu Ende ging.  

Die Union Bordeaux-Bègles war beim 39:24 (15:)-Sieg über den RC Toulon deutlich überlegen und erzielte 5:3 Versuche. Hakler Maxime Lamothe hatte in Lyon mit drei Versuchen den Abend seines Lebens. Noch nie hat ein Hakler in einem Halbfinale dreimal das gegnerische Malfeld erreicht. Der Rotbart erhielt dafür die Trophäe für den "Man of the match". Die beiden anderen Versuche erzielten Innendreiviertel Nicolas Depoortere und Außendreiviertel Damian Penaud, der Flügelflitzer der Nationalmannschaft. UBB-Spielmacher Matthieu Jalibert traf mit vier Erhöhungen und zwei Straftritten. Nun kommt es zum direkten Duell zwischen Jalibert und N'Tamack - die Franzosen wollen sehen, wer der erfolgreichere Verbindungshalb ist.

Toulon, bei dem die Weltstars Ma’a Nonu (Neuseeland) und Dan Biggar (Wales) in Zivil auf der Tribüne saßen und das seit Monaten auch Dritte-Reihe-Stürmer Charles Ollivon wegen einer Verletzung ersetzen muss, machte nach dem guten Viertelfinal-Spiel gegen Castres Olympique (52:23) ein schwaches Spiel und war besonders den kampfeslustigen Stürmern von UBB glatt unterlegen. Die drei Versuche legten Leicester Faingaanuku (Neuseeland), Setariki Tuicuvu (Fidschi) und Beka Gigashvili – einer der zahllosen gewaltigen Erste-Reihe-Stürmer aus Georgien, die in Frankreich in der Top-14-Liga ihr Geld verdienen. Schlussmann Melvyn Jaminet traf mit einer Erhöhung und einem Straftritt, der eingewechselte Marius Domon mit zwei Erhöhungen.

Bayonnes Gregory Patat (50) ist übrigens der einzige Halbfinaltrainer, der nie französischer Nationalspieler war. Der große Mann war ein kampfstarker Mittelbock beim FC Auch im Département Gers. Toulons Coach Pierre Mignoni (48), der mit seiner Kladde, seinen Zetteln und seinen Schaubildern sehr an Ewald Lienen erinnert, bestritt zwischen 1997 und 2007 28 Länderspiele und nahm 1999, 2003 und 2007 an drei Weltmeisterschaften teil. Bei WM-Platz zwei 1999 in Großbritannien war er allerdings Frankreichs Gedrängehalb Nummer zwei hinter Fabien Galthié, dem heutigen Nationaltrainer. Meistermacher Ugo Mola (52) von Stade Toulousain bestritt während seiner aktiven Zeit bei Castres Olympique zwölf Länderspiele und legte bei der WM 1999, die mit der Silbermedaille endete, gegen Namibia als Innendreiviertel drei Versuche. Und Yannick Bru (52) von Bordeaux-Bègles, der von 2001 bis 2004 als Hakler von Toulouse 18 Länderspiele bestritten hat, gewann mit Frankreich 2002 und 2004 den Grand Slam im Sechs-Nationen-Turnier.

Nun also Mola gegen Bru…     

Der SCN gab alles und verlor verdient

Neuenheim zeigte im Rugby-Halbfinale eine erfreuliche Leistung, doch Meister Frankfurt war besser

Die Endspielpartner der letzten beiden Jahre standen sich am Samstag bei großer Hitze und vor 500 Zuschauern neben dem Hessischen Rundfunk schon im Halbfinale der deutschen Rugby-Meisterschaft gegenüber. Erneut hatte der Titelverteidiger SC Frankfurt 1880 im Kampf gegen den SC Neuenheim das bessere Ende für sich. Das 41:26 (22:12), mit dem die Mainhessen zum fünften Mal in Folge in das Endspiel einzogen, in dem sie am 5. Juli um 15 Uhr auf eigenem Platz gegen den TSV Handschuhsheim den Titel zum zehnten Mal gewinnen wollen, ist das verdiente Resultat nach einem hochklassigen Match, in dem die Heidelberger über sich hinauswuchsen und sich in kämpferischer Hinsicht keine Vorwürfe machen müssen.

Spielerisch war Frankfurt besser und drohte nur zwischen der 56. und 67. Minute seine eines Meisters würdige Ruhe und Souveränität zu verlieren. Da hatten die Neuenheimer in schneller Folge zwei sehenswerte Versuch nach flinkem Passspiel durch den soeben eingewechselten Valentin Heuser und durch Sturmführer Nicolas Rinklin gelegt und zum zweiten Mal nach Nikolai Klewinghausens Straftritt zum 0:3 mit 22:26 die Führung übernommen. Als Frankfurts Trainer Michael Poppmeier und Byron Schmidt allerdings den 37-jährigen Raynor Parkinson („Ich liebe diese Hitze!“) auf dem Verbinderposten einwechselten und den Rückraum durch Eduardo Stella und Christopher Hennig doppelt absicherten, gelang dem nun zu häufig kickenden SCN nicht mehr viel.

Der SCN erzielte zwei Versuche, Frankfurt deren vier. Gedrängehalb Quentin Micolot war der beste Mann auf dem Platz. Neuenheims Nikolai Klewinghaus hatte mit zwei Erhöhungen und vier Straftritten eine 100-prozentige Kickausbeute und kam auf 16 Punkte. Frankfurts Edoardo Stella verfehlte zwar zwei Mal das Goal, buchte aber mit drei Erhöhungen und fünf Straftritten 19 Zähler. Im Gassenspiel waren die Frankfurter völlig fehlerfrei, und der SCN muss in der nächsten Saison mit neuem Trainerstab dringend am angeordneten Gedränge arbeiten, das viel zu häufig zusammenbrach; das ahndete die sehr gute Olympia-Schiedsrichterin Maria Latos zu Recht mit einer Flut von Straftritten.

SC Frankfurt 1880 – SC Neuenheim 41:26 (22:12), SCN: Schwager – S. Robl (60. Strauß), Arnold, Wakefield, Lammers (60. Trabuco Cruz) – N. Klewinghaus, Owen Paine (55. Spiess) – Troch, Rinklin, Aversa – Lehmann, Brockmann (66. Amelung) – Weiss (76. Portillo), Biskupek (55. Heuser), Salvi (73. Axin).

Schiedsrichterin: Latos (Hamburg); Zuschauer: 500: Punkte: 0:3 (7.) Straftritt Klewinghaus; 3:3 (10.) S Stella; 6:3 (12.) S Stella; 13:3 (15.) Versuch Micolot + Erhöhung Stella; 13:6, 13:9 (19., 20.) S Klewinghaus; 16:9, 19:9 (23., 27.) S Stella; 19:12 (29.) S Klewinghaus; 22:12 (40+1.) S Stella; 22:19 (56.) V Heuser + E Klewinghaus; 22:26 (64.) V Rinklin + E Klewinghaus; 29:26 (67.) V J. Byszio + E Stella; 34:26 (80+1.) V L. Wolf; 41:26 (80+4.) V Micolot + E Stella. 

Montag, 9. Juni 2025

Zwei Meistertitel für Baden-Württemberg

Im Siebenerrugby gab es außerdem zwei Vizemeisterschaften und einmal Bronze

Die Auswahlmannschaften des Rugby-Verbandes Baden-Württemberg (RBW) haben bei den fünf deutschen Siebenerrugby-Meisterschaften der Landesverbände mit zwei Meistertiteln, zwei Vizemeisterschaften und einem dritten Platz erneut gut abgeschnitten und die Stellung des RBW als stärkster Landesverband bestätigt.

Die Frauen von Teammanagerin Caroline Augspurger-Hacker (Heilbronn), die seit Jahren von den beiden Landeshonorartrainern Lisa Bohrmann und Andreas Hacker sehr erfolgreich betreut werden, mussten beim Turnier in Leipzig bei ihren vier Spielen keinen einzigen Gegenpunkt hinnehmen. Gegen Hessen gab es einen 42:0-Sieg, gegen Thüringen ein 57:0, gegen Nordrhein-Westfalen ein 50:0 und gegen Bayern ein 46:0. Für den RBW zauberten Johanna Hacker, Charlotte Malaizier, Mette Zimmat, Lara Bürger, Sophie Hacker, Ronja Stauch (Heidelberger Ruderklub), Yusra Abdelkarim, Annika Bergemann, Jenna Lee (SC Neuenheim), Margot Chazotte, Ronja Hinterding (TSV Handschuhsheim) und Soraya Hölzer-Castillo (Rudergesellschaft Heidelberg).

Das Turnier des männlichen Nachwuchses wurde beim SV Odin Hannover ausgetragen und zu einem Triumph des RBW. Unter der Gesamtleitung des stellvertretenden RBW-Jugendwartes Elmar Menold und des Landestrainers Jan Ceselka feierten die U16-Jungen in fünf Spielen fünf sichere Siege: 36:7 gegen Nordrhein-Westfalen, 47:5 gegen Berlin, 36:12 gegen Hessen, 48:0 gegen Niedersachsen und 50:0 gegen Bayern. Damit wurden sie vor Berlin, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Bayern und Niedersachsen deutscher Meister. Für die Punkte sorgten Andre Brauner (69), Ethan Guba (HRK/40), Nicola Sork Budia (Heidelberger Turnverein/36), Felix May (25), Tim Nessler (15), Julian Gnillka (10), Leon Jäger (10), Hannes Gerigk (10), Mattis Neumann (5) und Joschi May (TSV Handschuhsheim/5).

Die U18 des RBW erreichte in fünf Spielen vier Siege. Sie mussten sich den starken Hessen im Halbfinale hauchdünn mit 7:10 geschlagen geben, gewannen aber das Spiel um den dritten Platz gegen Bayern mit 25:0. In der Vorrunde wurden die Bajuwaren ebenfalls mit 25:0, Brandenburg mit 24:7 und Nordrhein-Westfalen mit 27:0 bezwungen. Niedersachsen gewann sein Halbfinale gegen Bayern und wurde im Endklassement Zweiter hinter den Hessen. Für die Punkte der Baden-Württemberger sorgten Robin Schmitt (17/RGH), Luan Dietz (10), Aaron Engels (10), Franz Bayer (5), Philip Buchta (5), Lennard Grimm (HRK/3) und Felix May (Handschuhsheim/5).

Mit zwei Vizemeisterschaften kehrte der weibliche RBW-Nachwuchs aus dem westfälischen Wiedenbrück ins „Ländle“ zurück, nachdem beide Teams die Überlegenheit Nordrhein-Westfalens anerkennen mussten. Die U15-Mädchen um Teammanagerin Kerstin Breisch, Manager Anjum Khan und Trainer Friedrich Radetzki gewannen gegen Berlin mit 47:0 und gegen Bayern mit 50:0, doch die Gastgeberinnen waren mit 33:12 Punkten besser. Für den RBW spielten Luise Hoffmann (HRK/35 Punkte), Leyla Khan, Veronica Stork Budia (HTV), Carlotta Mühlenstädt, Wanda Radetzki (34), Leila von Mencinskyi (10), Carolina Walther (RGH/5), Ina Breisch (10), Sophie Ziebart (TB Neckarhausen-Nürtingen), Charlotte Bresch, Hilda Hottenrott (5), Annika Jech (10), Emma Pfeifer und Luisa Straub Handschuhsheim).    

Die U18-Juniorinnen wurden von Managerin Caroline Augspurger-Hacker und den Trainern Lisa Bohrmann und Andreas Hacker betreut und gewannen gegen Bayern mit 32:0, gegen Berlin mit 43:7 und gegen Niedersachsen mit 24:7, ehe es eine 5:14-Niederlage gegen Nordrhein-Westfalen zu verkraften gab. Das RBW-Team spielte mit Jimena Asorey Vega, Soraya Hölzer-Castillo, Juli Kerber, Lilli Schüßler (RGH), Jenna Lee, Letitia Falcone (SCN), Charlotte Pfaffmann (HTV), Noemi Oertel (Handschuhsheim), Pauline Faye, Jule Karsten (HRK) und Sophie Lodder (RC Worms). Die U18-Juniorinnen und U16-Jungen müssen sich am 28./29. Juni bei den Heidelberg Sevens bewähren.

Eine gelungene Generalprobe

Deutsche Siebenerrugby-Frauen holen Bronze im Elsass

Die New Zealand Cavaliers haben mit Männern und Frauen das Siebenerrugby-Turnier EEAST Sevens im elsässischen Haguenau gewonnen. Bei der zweiten Austragung des vom RC Haguenau mit Präsident Pascal Lebaupin und dem ehemaligen All Black Teddy Stanaway organisierten Turnier im olympischen Rugby gewannen Neuseelands Männer das Endspiel gegen die USA mit 29:14, während sich Neuseeland bei den Frauen ebenfalls gegen das US-Team mit 22:5 Punkten durchsetzte.

Beide Nationen hatten Entwicklungsteams in den französischen Osten geschickt, deren Akteure auf sich aufmerksam machen und für Einsätze in den Nationalmannschaften empfehlen sollen. Dritter bei den Männern wurden die Alsace All Stars durch ein 28:10 im kleinen Finale gegen Pacific Toa, eine Mannschaft aus in Frankreich beschäftigten Profis aus Samoa, Tonga und Fidschi. Den fünften Platz belegte die Einladungsmannschaft der Tropics mit den drei Siebenerrugby-Enthusiasten Agustin Aversa, Sam Hooper und Frederik Strauß vom SC Neuenheim, die sich gegen die Cook-Inseln durchsetzten.

Bei den Frauen erkämpfte die deutsche Nationalmannschaft die Bronzemedaille. Eine Woche vor dem ersten von zwei Turnieren um die Europameisterschaft im kroatischen Makarska gab Bundestrainer Curtis Bradford allen 14 Spielerinnen viel Einsatzzeit und freute sich auch, dass bei der Einladungsmannschaft der Tropics mit Paula Schult (RC Leipzig), Manja Bechtel, Ronja Hinterding (TSV Handschuhsheim), Lisa Parmetler (SCN), Bailey Bowen (Heidelberger RK) und Joy Weatherspoon (RG Heidelberg) sechs deutsche Spielerinnen neben Südafrikanerinnen, Australierinnen und Französinnen sehr gut zur Geltung kamen.

Am Samstag verlor Deutschland das Spiel gegen die Tropics nach einer 17:5-Pausenführung noch mit 17:24, doch im Spiel um den dritten Platz am Sonntag feierten Bradfords Schützlinge einen 31:5-Sieg. Die Deutschen legten fünf Versuche durch Geburtstagskind Muriel Weigel, Johanna Hacker, Lara Bürger (2/alle HRK) und Gesine Adler (Germania List), von denen Bürger drei erhöhte.

Gegen das US-Team war beim 12:14 bei besserer Ausnutzung der gegebenen Chancen ein Sieg möglich, die beiden Spiele gegen die New Zealand Cavaliers brachten mit 14:34 am Samstag und 14:29 im Halbfinale am Sonntag klare Resultate. Hier taten sich Mette Zimmat (3/HRK) und Clara Tauschek (SCN) mit vier Versuchen hervor. Während die Verteidigung gut funktionierte, sind die Angriffe durch die Mitte weniger gefährlich als das Spiel über die Flügel, mit dem die deutsche Sieben auch bei der EM erfolgreich sein kann.

In Makarska heißen die Vorrunden-Gegner Großbritannien, Belgien und Schweden. Curtis Bradford ist vorsichtig zuversichtlich: „In den letzten beiden Jahren haben wir Platz acht erreicht. Nun wollen wir uns verbessern. Mit Rang sieben wäre ich zufrieden,“ sagt der 30-jährige Bundestrainer, der aus Wales stammt und in Heidelberg lebt.

Donnerstag, 29. Mai 2025

Ein großer Athlet und Trainer

Zur Erinnerung an Atef Ismail, der mit 91 Jahren in Kairo gestorben ist

Als er Ende 2024 vom Tod seiner Freunde Walter Abmayr, des langjährigen Leichtathletik-Abteilungsleiters des USC Heidelberg, und Klaus Wolfermann, des Speerwurf-Olympiasiegers von 1972, erfuhr, sagte er zu seiner Frau Uli: „Der Nächste bin wohl ich.“

Am frühen Montagmorgen kam die traurige Nachricht aus Kairo, dass Dr. Atef Ismail, der im April 2020 gegenüber dieser Zeitung betont hatte, dass „Heidelberg meine Heimat ist“, im Alter von 91 Jahren verstorben ist. Der Ägypter war einer der erfolgreichsten Sportler Afrikas und der Universität Heidelberg und einer der besten Leichtathletik-Trainer Deutschlands.

Seit 1999 lebte Atef Ismail mit seiner Uli in einem Hochhaus in Kairo mit Blick auf den Nil, in einer geräumigen Wohnung, in der er gerne Besuch aus Deutschland empfing, Tee trank und sich in den letzten Jahren wegen eines Nierenleidens auch medizinisch versorgen ließ. Sportveranstaltungen verfolgte er vor dem Fernseher, er ließ sich kein wichtiges Sportfest entgehen und gab auch wertvolle Tipps, wenn er bei einer Speerwerferin technische Fehler entdeckte oder feststellte, dass ein chancenreicher Athlet „viel zu närrisch herumhüpft“, um wirklich erfolgreich zu sein.

Atef Ismail wurde von seinem begüterten Vater Scheich Mustafa Mohamed El-Mursi Ismail (1905 – 1978) als 20-Jähriger zum Studium der Humanmedizin nach Heidelberg geschickt. Scheich Ismail war der bedeutendste Koran-Rezitator der Islamischen Welt und religionspolitischer Berater von König Farouk und der Staatspräsidenten Nasser und Sadat. 1953 belegte der ägyptische Student bei Professor Hermann Hoepke die Vorlesung „Die plastische Anatomie“. Diese Anekdote erzählte er oft und gerne: „Der Professor bat mich, mich auszuziehen und im Adamskostüm auf einen Tisch zu steigen. Dann erklärte er den Studierenden mit einem Zeigestock, wie ein Mann gebaut sein sollte.“ Ob Atef Ismail von den Jungfrauen im Paradies ebenso angehimmelt wird wie damals von seinen Kommilitoninnen, werden wir zwar nie erfahren; in den prüden 1950-er Jahren jedenfalls war der Athlet, der 1955 Fünfter der Studenten-WM im Speerwurf (69,11 m) und im Dreisprung (15,28 m) wurde, in Heidelberg ungemein beliebt und sportlich sehr erfolgreich. Er war vier Mal deutscher Hochschulmeister und zwei Mal Vizemeister, im Weitsprung schaffte er beachtliche 7,09 m.  

Der Student liebte das Leben und wohnte in Schlierbach, wo Ausländer damals eher unbeliebt waren. Böswillige Nachbarn dichteten ihm Straftaten an, doch die Polizei konnte nie bestätigen, dass er ein Zuhälter, Rauschgifthändler, Ehebrecher oder Steuersünder war, und seine Anwälte Günter Heim oder Robert Weber schützten den seit 1965 verheirateten Familienvater wirkungsvoll vor übler Nachrede. Dennoch wurde er von der Uni Heidelberg exmatrikuliert, musste das Studium in Homburg/Saar beenden und wurde erst 1977 auf energisches Betreiben des Oberbürgermeisters Reinhold Zundel eingebürgert. Diesem war Atef Ismail dankbar: „Ein Mann mit Zivilcourage!“

Beruflich war er außerordentlich erfolgreich, nicht als Arzt, sondern als gastfreundlicher, herzlicher, humorvoller und freigiebiger Gastronom. 1960 eröffnete er den „Bamboo Club“ in der Friedrich-Ebert-Anlage, 1963 das „Shepherd‘s“ in der Poststraße und 1968 die „Shepherd’s Lounge“ gegenüber der Heiliggeistkirche. Es waren die ersten Adressen des Heidelberger Nachtlebens. In seinen Lokalen fühlten sich Heidelbergs Sporttreibende ebenso wohl wie die Mitglieder des Gemeinderates, die ihre Sitzungen dort bis in den frühen Morgen informell fortsetzten. Dann griff Atef Ismail zu den noch nicht verzehrten Zitronen und demonstrierte mit Würfen über das Kirchendach hinweg, wie der Armzug beim Speerwerfen richtig ist.

Denn im Speerwerfen kannte er sich aus. Nachdem Professor Hermann Rieder, der Direktor des Heidelberger Sportinstitut, Speerwurf-Bundestrainer geworden war, wurde sein Freund Atef Ismail dessen technischer Berater. Der Angriffswinkel des Speers, der Anlauf der Athleten, viele kleine Details beurteilte und verbesserte der Beobachter mit dem unbestechlichen Auge – und fortan pilgerten die größten Talente nach Heidelberg, um ihre Laufbahn bei Hermann Rieder und Atef Ismail zu krönen. Klaus Wolfermann aus dem Frankenland wurde 1972 im Zweikampf mit dem Letten Janis Lusis mit 90,48 m Olympiasieger und warf 1973 in Leverkusen mit 94,08 m Weltrekord. Helmut Schreiber aus Heidenheim ließ den Speer 1979 in Ulm auf 92,72 m fliegen und wurde in Mexiko-City Studenten-Weltmeister. Claus-Peter Schneider aus Wetzlar, Peter Schreiber aus Leverkusen und Peter Blank aus Frankfurt wurden deutsche Meister.

Mit seiner zweiten Frau Uli und seiner „süßen Tochter“ trauern auch die Heidelberger Leichtathleten um den Olympioniken Günter Glasauer um ihren treuen Freund und großen Lehrmeister Atef Ismail. Claus-Peter Bach    

Montag, 5. Mai 2025

Unter den besten Zwölf der Welt

Die deutsche Siebenerrugby-Nationalmannschaft feiert in Los Angeles ihren größten Erfolg

Die deutsche Siebenerrugby-Nationalmannschaft hat ihren größten Erfolg seit dem Europameister-Titel 2019 errungen und ist in Los Angeles erstmals in die World Sevens Series des Weltverbandes aufgestiegen. Dieses Ziel haben die deutschen Nationalteams angestrebt, seit Siebenerrugby eine olympische Disziplin ist, doch stets gab es in den Qualifikationsturnieren eine Niederlage zuviel.

Zwar lief beim Relegationsturnier, bei dem die vier Qualifikanten Portugal, Deutschland, Kanada und Samoa auf die vier schwächsten Teams der Weltserie 2024/25 – das sind Kenia, Uruguay, Irland und die USA – trafen, nicht alles nach Wunsch, und die Mannschaft der beiden Trainer Pablo Feijó und Clemens von Grumbkow (Heidelberg) wurde in der Vorrunde nur Dritter, doch im entscheidenden Überkreuzspiel gegen den Gruppenzweiten Samoa zeigten die Deutschen eine fantastische Leistung und schafften mit dem 31:0 (17:0)-Sieg eine echte Sensation und den Aufstieg unter die zwölf weltbesten Nationen.

Rugby Samoa, 1924 gegründet und viele Jahre lang unter dem Patronat des Königs Malietoa Tanumafili II, der mit dem langjährigen niedersächsischen Rugby-Vorsitzenden Horst Vietgen befreundet war, ist im Siebenerrugby schon immer eine Macht, denn die Einwohner lieben ihren Nationalsport, den schon kleine Kinder mit Kokosnüssen üben. Noch nie hatten die Deutschen ein entscheidendes Match gegen Samoas Ballkünstler gewinnen können.

„Was für die Performance!“, jubelte Clemens von Grumbkow, „da haben die Jungs im richtigen Moment die beste Leistung über die vollen 14 Minuten rausgehauen. Wir sind stolz auf diese sehr dominante Leistung gegen einen so starken Gegner.“

Das Turnier in der Stadt der Engel begann mit einer erfreulichen Überraschung, denn gegen Irland, der Dritten der Weltrangliste, gelang ein 15:0 (12:0)-Sieg. Felix Hufnagel und Makonen Amekuedi legten zwei Versuche, Hufnagel brachte eine Erhöhung und einen finalen Straftritt ins Ziel.

Im zweiten Gruppenspiel gegen die traditionell sehr harten „Teros“ aus Uruguay legten die Deutschen durch den in Konstanz aufgewachsenen Daniel Eneke, der seit Jahren von der Stiftung Olympianachwuchs Baden-Württemberg gefördert wird, und Amekuedi zwei Versuche, die Hufnagel erhöhte, doch nach der 14:12-Führung misslang alles, und die „Urus“ siegten mit 36:14 (12:7).

Das dritte Gruppenspiel, das Kanada mit 22:17 (17:5) nach Verlängerung durch „golden try“ gewann, hätte nicht verloren gehen dürfen und dämpfte die Aufstiegshoffnungen der Deutschen beträchtlich, denn in der ersten Halbzeit gelangen Chris Umeh, Niklas Koch und Daniel Eneke drei Versuche und Felix Hufnagel eine Erhöhung, doch nach der Verletzung von Maximilian Heid erkannten die Ahorn-Boys ihre Chance, glichen zum 17:17 aus und hatten in der Extra-Zeit das Glück der Tüchtigen. Deutschland war nur Gruppendritter – das verhieß für das entscheidende Überkreuzspiel nicht viel Gutes.

Doch im wichtigsten Match ihrer jungen Sportlerleben gelang den Deutschen eine denkwürdige Leistung, fünf Versuche durch Philip Gleitze (2), Jakob Dipper (2) und Niklas Koch, von denen Hufnagel drei erhöhte. Nicht nur Felix war nach dem Schlusspfiff glücklich.


 

Sonntag, 27. April 2025

Peter Schlör führt den Sportkreis in eine neue Ära

Der 61-jährige Steuerberater wurde zum Nachfolger von Gerhard Schäfer gewählt 

Im Sportkreis Heidelberg, der die Coronavirus-Pandemie gut überstanden und ein Mitglieder-Allzeithoch hat, begann am Samstag in der voll besetzten Köpfel-Sporthalle in Ziegelhausen eine neue Ära. 105 der 408 Mitgliedsvereine aus der Stadt Heidelberg und dem Rhein-Neckar-Kreis, die 140.837 haben, waren beim Sportkreistag mit 881 Stimmen vertreten. Sie trafen alle Entscheidungen einstimmig, was beweist: Man war mit der Arbeit, die der Sportkreis-Vorstand während der letzten drei Jahre geleistet hat, zufrieden, und man setzt in die 15 Persönlichkeiten, die den Heidelberger Sport in den nächsten drei Jahren anführen werden, großes, fast grenzenloses Vertrauen.

Gerhard Schäfer, der 1995 erstmals zum Vorsitzenden gewählt worden war, ließ in einem bunt bebilderten Vortrag seine zehnte Amtsperiode Revue passieren, wobei sich nicht nur die Grußwort-Redner von Stadt, RNK und Sportbund wunderten, um wie viele Themen sich der Sportkreis tagtäglich kümmert. Gert Bartmann dankte namens der Stadtspitze für die „stets vertrauensvolle Zusammenarbeit“ und machte insbesondere Gerhard Schäfer ein „Kompliment dafür, dass er an der Entstehung des Sportförderprogramms stets mit Sachverstand und großer Kompetenz beteiligt gewesen ist“. Bei der Ertüchtigung der Halle und der Sportflächen im Patrick Henry Village habe der Sportkreis die zahllosen Bedenkenträger zur Seite geschoben und von Anfang an mit dem Slogan „Wir machen das!“ gestaltende Verantwortung übernommen. Ulrich Bäuerlein, Sport-Dezernent im RNK, versicherte dem Sportkreis die Solidarität des Landrats Stefan Dallinger und stellte heraus, dass der Kreistag eine landesweit einmalige Sportförderung in Höhe von 400.000 Euro gewährt habe.

Viel Lob und Dank für 30-jährige großartige Arbeit überbrachte Präsident Gert Rudolph vom Badischen Sportbund Nord. „Seit 2022 hat der Sportkreis einen Mitgliederzuwachs von neun Prozent erreicht“, freute sich Rudolph und verlieh seiner Hoffnung Ausdruck, dass vom 100-Milliarden-Programm des Bundes für die Länder auch ein nicht geringer Anteil für die Sanierung von Sporthallen und Sportstätten verwendet werden. Der BSB Nord hat ein Sanierungsprogramm für seine Vereine aufgelegt und gewährt nun einen Zuschuss in Höhe von 40 Prozent auf die zuwendungsfähigen Kosten.

Peter Schlör machte mit seinen Kassenberichten deutlich, dass der Sportkreis trotz der Defizite von 30.355 Euro (2022), 3674 Euro (2023) und 744 Euro (2024) wirtschaftlich gesund sei, in Zukunft aber noch intensiver um Unterstützung bitten müsse. Die Kassenprüfer Manfred Walter und Willi Ortlipp bescheinigten dem Schatzmeister Peter Schlör und dem Geschäftsführer Ralph Fülop einwandfreie Arbeit, weshalb auch die Entlastung einstimmig erfolgte.

Der neue Vorsitzende Peter Schlör ist ein in der Altstadt geborener und als HTV-Basketballer sozialisierter 61-jähriger Steuerberater, der mit seiner Ehefrau in Ziegelhausen lebt und eine Tochter hat. Er bewarb sich um das zeitintensive Ehrenamt, „obwohl ich keine Langeweile und auch keine böse Frau habe. Vielmehr möchte ich einen Teil dessen zurückgeben, das ich als junger Mensch vom Sport erhalten habe.“ Peter Schlör ernannte mit seiner ersten Amtshandlung seinen Vorgänger zum Ehrenpräsidenten, was die Delegierten mit stehendem Beifall quittierten. Gerhard Schäfer war angemessen gerührt; ein Abschiedsfest wird zu einem späteren Zeitpunkt gefeiert.

Der Sportkreis-Vorstand 2025

Vorsitzender: Dr. Peter Schlör (Heidelberger TV); Stellvertretende Vorsitzende: Christoph Rapp (TSG 78 Heidelberg/Finanzen und Recht), Marion Brasse (TSG Wiesloch/Sportabzeichen), Uwe Hollmichel (SG Kirchheim/Personal), Johannes Kolmer (1. FC Hirschhorn/Sitzungen), Michael Rochlitz (HC Heidelberg/Sportpolitik); Ressortleitungen: Myriam Kende (Heidelberger TC/Frauen, Gleichstellung und Leistungssport), Dr. Christoph Rott (TSG Rohrbach/Seniorensport), Sebastian Junk (Judo-Fighters Heidelberg/Inklusion), Ramachandra Aithal (SC Neuenheim/Integration), Elke Boll (TSG Ziegelhausen/Internationale Beziehungen), Jochen Michel (TSG Rohrbach/Vereinsmanagement), Martin Brandel (Heidelberger TV/Vertreter der Vereine), Jürgen Brachmann (Vertreter der Fachkreise), Ralph Fülop (Deutscher Alpen-Verein Heidelberg/Vorsitzender der Sportkreisjugend).

Dienstag, 8. April 2025

Heidelberg ehrt seine Meister des Jahres 2024

Schwungvolle Sportlerehrung im SNP Dome – OB Würzner ernennt drei Funktionäre zu „Förderern des Sports“

Bei der gemeinsamen Sportlerehrung von Stadt und Sportkreis Heidelberg, die am Freitagabend im Business-Bereich des SNP Dome von Profi-Moderator Frank Schuhmacher aus Öhringen präsentiert wurde, ging es besonders sportlich zu. Das lag an Ava Schnack, Dominic Gölicke, Peter Bitsch und Mika Ehringhaus. Die Nachwuchsathleten der TSG Rohrbach zeigten mit den Erklärungen von Laura Schmidt-Thomée, wie Degenfechten funktioniert, und Thomas Jung vom städtischen Amt für Sport und Gesundheitsförderung überlebte ein Spaßgefecht mit Peter Bitsch, der kürzlich in die deutsche Nationalmannschaft aufgestiegen ist, beim Weltcup in Paris den zweiten Platz belegt hat und zu jenen 27 Spitzenkönnern aus zehn Sportarten zählt, die für nationale und internationale Erfolge mit der Sportplakette und Geschenken ausgezeichnet wurden, die vom Modehaus Niebel und den Stadtwerken gestiftet wurden.

Die TSG-Fechter gaben an einem kurzweiligen Abend, der mit einem leckeren Abendessen endete, das Tempo vor, dem sich Sportamtschef Gert Bartmann und Peter Schlör, der designierte Vorsitzende des Sportkreises, annäherten. Sie ehrten neben sieben Fechtenden den Golfer Nico Guldan, den Kunstturner Stefan Engel, die Leichtathleten Marcus Imbsweiler und Felix Trogisch sowie Paula Behnke, Monique Renk und Marco Ziegaus vom Quidditch, Franke Frey vom 3x3-Rollstuhlbasketball, Blindenschach-Abonnementsmeister Dieter Riegler, die Volleyball-Seniorenweltmeister Uwe Schlittenhardt und Thomas Henrichs und acht Schwimmende, die bei den Olympischen und Paralympischen Spielen in Paris erfolgreich waren. Leider konnten der Olympia-Sechste Josha Salchow, der als erster Deutscher seit 32 Jahren das Finale über 100 m Freistil erreicht hat, und die deutschen Meisterinnen Noelle Benkler, Lena Ludwig und Maya Werner wegen eines Trainingslagers nicht anwesend sein. Lars Kalenka, Vizepräsident des Deutschen Schwimm-Verbandes, bewies als Weltmeister über 50 m Rücken und vierfacher Europameister, dass man sich auch in hohem Alter nicht nur im Badewasser wohlfühlen kann.

Josha Ebert (9), Noa Pfaus (10), Lukas Wolf (14), Maximilian Butscheid (15), Anton Knauff (15), Magne Funaya (16), Vincent Guth (17) und Patrick Thiele (18) vom Breaking Heaven der TSG Rohrbach bewiesen mit ihrem Übungsleiter Max Wisner (20), dass die neue olympische Sportart Breaking nicht nur Paris rocken konnte, auch der SNP Dome geriet ins Beben, weil das Publikum von dieser sportlichen Tanzweise hellauf begeistert waren. Großen Beifall erntete auch das Jazz-Quartett mit Robert Ketterer (Keyboard), Nikolay Dyachenko (Saxofon), Hendrik Sauer (Cajon) und Andreas Schwarz (Bass), die den Abend veredelten.

Die Professorinnen Nicole Marmé und Anke Schuster, Carmen Niebel sowie ihre Kollegen Frank Beisel, Michael Pfeiffer, Christoph Rothfuß und Bülent Teztiker, die sich im Heidelberger Gemeinderat als Freunde des Sports hervorgetan haben, überzeugten sich ebenso wie Jaswinder Pal Rath vom Ausländerrat davon, dass Heidelberg auch im Mannschaftssport spitze ist. Stadt und Sportkreis ehrten die deutschen Veteranen-Fechtmeister der TSG Rohrbach, die Fußballer und die Schwimmerinnen des Gehörlosen-Sportvereins Heidelberg und die Frauen des Heidelberger Ruderklub als deutsche Meisterinnen im Rugby und im Siebenerrugby.

Nachdem drei Athleten für die erstmalige Berufung in ein Nationalteam, neun Sportler für häufiges Absolvieren des Sportabzeichens (25- bis 45-mal!) und drei langjährige Sportabzeichen-Prüfer ausgezeichnet worden waren, ernannte Oberbürgermeister Professor Eckart Würzner drei Funktionäre zu Förderern des Sports: Klaus Menold vom Regattaverband Heidelberg, Manfred Riehl von der Schützengilde Heidelberg und Hans-Jürgen Treiber vom TSV Wieblingen.

Die Proklamation der „Sportler des Jahres 2024“ rundete den Ehrungsabend ab. Bei den Sportlerinnen siegten die Gewichtheberin Yekta Jamali Galeh und die Schwimmerin Noelle Benkler vor der Duathletin Merle Brunée, bei den Sportlern der Judokämpfer Lennart Sass vor den Schwimmern Josha Salchow und Luca Nik Armbruster, bei den Teams die HRK-Rugbyfrauen vor den Fechtveteranen der TSG Rohrbach und den Schwimmerinnen des GSV Heidelberg und bei den Senioren der Schwimmer Lars Kalenka vor den Volleyballern Thomas Henrichs und Uwe Schlittenhardt.

Freitag, 4. April 2025

Der BSB stellte seine Kandidaten vor

Beim Hauptausschuss in Karlsruhe profitierten des Fachverbände von sparsamem Wirtschaften

Die alljährliche Hauptausschuss-Sitzung des Badischen Sportbundes Nord (BSB) ist die bedeutendste Veranstaltung des BSB zwischen den alle drei Jahre stattfindenden Sportbundtagen. Am 28. Juni 2025 wird im Wieslocher Kongresshotel „Palatin“ ein Sportbundtag stattfinden, weshalb die Vorsitzenden der neun badischen Sportkreise des BSB und der 52 Fachverbände in dieser Woche in der knapp zweistündigen Hauptausschuss-Sitzung nicht nur über den Kassenbericht 2024 und den Haushaltsplan 2025 zu befinden hatten, sondern auch jene Personen auswählten, die würdig und kompetent genug scheinen, um beim Sportbundtag für ein Amt im Präsidium zu kandidieren.

Die Sportkreise wählten Dr. Dorothee Schlegel (Mosbach) und Willi Ernst (Sinsheim) als ihre Sprecher im Präsidium; sie ersetzen Dr. Sabine Hamann (Mannheim) und Jürgen Zink (Bruchsal). Die Fachverbände wählten Kerstin Eisele (Turnen/für Gerhard Mengesdorf), Professor Dr. Andreas Pitz (Fußball/für Sven Wolf) und Bernhard Thie (Triathlon/wie bisher) als ihre Präsidiumsmitglieder. Der BSB schlug dem Hauptausschuss folgende Kandidierenden vor: Präsident Gert Rudolph (Karlsruhe), Vizepräsidenten Jürgen Zink (Bruchsal/Finanzen), Gerhard Schäfer (Heidelberg/Bildung und Qualifizierung), Jutta Hannig (Heidelberg/Frauen und Gleichstellung), Dr. Sabine Hamann (Mannheim/Gesellschaftliche Verantwortung) und Claus-Peter Bach (Plankstadt/Leistungssport). Alle Nominierungen erfolgten einstimmig. Die beiden Repräsentanten der Badischen Sport-Jugend werden am 11. April in Neulußheim gewählt.  

Der BSB hat 2024 sämtliche vom Land Baden-Württemberg zur Verfügung gestellten Mittel zur Förderung des Sports (Investitionen und Renovierungen, Bezuschussung der Übungsleitenden mit Lizenz, Kooperationen mit Schulen und Kindergärten, Integration von Migranten) an die Vereine ausbezahlt und selbst sehr sparsam gewirtschaftet. So stellten die Kassenprüfer die ordnungsgemäße Mittelverwendung und Buchführung und einen Jahresüberschuss in Höhe von 162.000 Euro fest. Die Fachverbände erhalten somit 135.000 Euro und die Sportkreise, die in den nächsten Tagen ihre Sportkreistage organisieren müssen, 22.500 Euro als Sonderzahlungen. Außerdem werden eine Million Euro als Zuschüsse für Lehrgänge und 1,521 Millionen Euro als Beitragsrückfluss aus den Vereinsbeiträgen an die Fachverbände ausbezahlt. Dass die von Finanz-Vizepräsident Bernd Kielburger (Königsbach-stein) errechneten und von Kerstin Häfele vorgetragenen Zahlen die volle Zustimmung des Hauptausschusses fanden, war kein Wunder.  


Freitag, 28. März 2025

Rugby kehrt zu eingleisiger Bundesliga zurück

Deutscher Rugby-Tag in Heidelberg stellt die Weichen in bessere Zukunft

Die deutsche Rugby-Nationalmannschaft hat – ungeachtet vager Erfolge der Siebenerrugby-Männer in der Qualifikation zur Weltserie – mit fünf Niederlagen in der Europameisterschaft 2025 die Talsohle erreicht. Nie stand Rugby Deutschland, wie der vor 125 Jahren gegründete Deutsche Rugby-Verband nach einer ebenso überflüssigen wie kostspieligen Umbenennung neuerdings heißt, in der Rangliste des Weltverbandes so schlecht wie seit dem 24. März – Rang 35 ist das Allzeittief, sechs Plätze hinter der Schweiz, acht Plätze hinter den Niederlanden und sogar 13 Plätze hinter Belgien.

Der im November 2024 vom damaligen RD-Präsidenten Michael Schnellbach (Edingen-Neckarhausen) abgesagte Deutsche Rugby-Tag wurde auf Einladung des neuen Präsidenten Michael Seidler (Solingen) am vergangenen Samstag im Heidelberger Haus des Stadtjugendrings nachgeholt, dauerte siebeneinhalb Stunden und brachte sachlich-nützliche Diskussionen und Entscheidungen, die – so die Hoffnung der Delegierten – mittelfristig zu einer Leistungssteigerung der Auswahlen und einer Befriedung im Verhältnis zwischen der RD-Führung auf der einen sowie den Vereinen und Landesverbänden auf der anderen Seite führen soll.

Nach einem Gedenken an die verstorbenen Verbandsfunktionäre Herbert Lütge (Bad Sooden-Allendorf), Peter Schatz (Heidelberg) und Jürgen Zeiger (Heusenstamm) sowie die Nationalspieler Hans-Dieter Arnold (Heidelberg), Hubert Jordan (Heidelberg) und Andreas Gleitze (Berlin) wurde Sophia Hacker (HRK) als Athletensprecherin und Nachfolgerin von Anton Gleitze (Berliner RC) bestätigt. Danach bestätigten die Delegierten die in den Ausschüssen gewählten Vorsitzenden, die dem RD-Präsidium angehören: Nico Colic (Leipzig) für die Bundesligen, Dirk Frase (Köln) für die Frauen, Denis McGee (Berlin) für die Landesverbände und Paul Warman (Hamburg) für die Schiedsrichter. Warman erhielt 99,9 Prozent der abgegebenen Stimmen – wohl auch, weil es im Rugby üblich ist, Schiedsrichtern größten Respekt zu erweisen. Michael Seidler verfügt nun also über ein komplett besetztes Präsidium. Da der Jahresabschluss 2023 unbeantwortete Fragen aufwarf, wurden das Harald-Hees-Präsidium, das bis März 2024 im Amt war, und der Vorstand komplett nicht entlastet; man hält sich Regressforderungen an einzelne Funktionäre offen.

Die Delegierten hatten über Anträge zu entscheiden, die in der Tischvorlage 177 Seiten einnahmen und weniger die Satzung als viele Ordnungen betrafen, mit denen der Sportbetrieb im Inland geregelt wird. Mit überwältigender Mehrheit stimmte der Deutsche Rugby-Tag für die Rückkehr zur eingleisigen Männer-Bundesliga mit zehn Vereinen, die schon in der Saison 2025/26 starten soll. Darunter wird es eine 2. Bundesliga mit Achter-Staffeln im Nord-Osten und Süd-Westen gehen. Das Endspiel der deutschen Meisterschaft werden der Erste und Zweite der Bundesliga bestreiten, der Zehnte wird direkt absteigen, der Neunte ein Relegationsspiel gegen den Zweitliga-Vizemeister austragen. Die Abschaffung der Besucher-trächtigen Halbfinals ist allerdings nicht der Weisheit letzter Schluss, aber künftige Deutsche Rugby-Tage wollen ja auch noch Verbesserungen beschließen. Der Unsinn der 2013 eingeführten Bundesligen mit 48 Mannschaften ist jedenfalls vom Tisch.   

Montag, 17. März 2025

Nicht fit genug für ein Rugby-Match

Die Nationalmannschaft nach dem 17:20 gegen die Schweiz Achter in der EM – Kapitän Schröder geht von Bord – Frankreich triumphiert

Von Claus-Peter Bach

Heidelberg. Frankreich hat das 131. Sechs-Nationen-Turnier der führenden europäischen Rugby-Teams gewonnen, das bis 2000 mit fünf und zeitweise mit vier Nationalmannschaften ausgetragen wurde. Nachdem England am frühen Samstagabend mit 68:14 in Cardiff gegen Wales gewonnen und 20 Punkte im Gesamtklassement erobert hatte, war klar, dass die „XV de France“ am späten Abend im Stade de France gegen Schottland mit einem offensiven Bonuspunkt würde gewinnen müssen, um mit 21 Zählern alleiniger Turniersieger zu werden.

Also besiegte die Mannschaft von Manager Fabien Galthié, die ohne ihren Kapitän Antoine Dupont von Stade Toulousain auskommen musste, die stark spielenden Schotten mit 35:16 Punkten und legten dabei durch Innendreiviertel Yoram Moefana (17. und 61. Minute), Supersprinter Louis Bielle-Biarrey (42./beide Bordeaux-Bègles) und Schlussmann Thomas Ramos (56./Toulouse) die für einen Bonuspunkt notwendigen vier Versuche, mit denen sie die Franzosen unter den 81.338 Fans im Stadion verzückten. Olympiasieger Dupont, der als bester Rugbyspieler der Welt gilt, humpelte nach einem gegen den entthronten Titelverteidiger Irland erlittenen Kreuzbankriss auf Krücken ins Stadion, vergoss aber Freudentränen, als er die Six-Nations-Trophäe als Erster in den Nachthimmel von St. Denis recken durfte. Die Siegermannschaft weiß, was sie ihrem Kapitän verdankt.

Beim Sechs-Nationen-Turnier geht es um mehrere Pokale. Der Calcutta-Cup kehrte nach einem 16:15-Sieg über Schottland zu den Engländern zurück. Irland wurde nach Siegen über England (27:22), Schottland und Wales britischer Meister und Träger der Triple Crown, Frankreich eroberte durch ein 73:24 in Italien die Garibaldi-Trophäe, während sich das nun seit 14 Länderspielen sieglose Wales mit dem Holzlöffel abfinden muss. Mit diesem Küchenutensil nahmen Selbstmörder im Mittelalter das Gift ein, um ihrem Elend ein Ende zu setzen…

Einen Holzlöffel hätte auch die deutsche Nationalmannschaft verdient, die am Samstag in Heidelberg dem Aufsteiger Schweiz mit 17:20 unterlag und damit alle fünf Spiele in der Europameisterschaft 2025 verloren hat. Welch ein Glück, dass es 2026 eine Rückrunde gibt, um den drohenden Abstieg in die EM-Division 2 zu verhindern. Es winken Heimspiele gegen den Dritten Rumänien (21:7 gegen Portugal), gegen den Vierten Portugal und ein Auswärtsspiel beim Füften Belgien, das sich mit einem 31:10-Erfolg in den Niederlanden die Chance auf die erstmalige Qualifikation zur WM 2027 in Australien erhalten hat. Gegen die Belgier hat Deutschland in Kassel mit 19:39 verloren. Die künftigen Gegner kennt Nationaltrainer Mark Kuhlmann (Heilbronn) also. Er sagt: „Sie werden nicht schlechter werden.“

Das eklatante Scheitern der deutschen Mannschaft, die nicht zwei Spiele in Folge in gleicher Formation antreten konnte und aus einer zu langen Winterpause heraus kalt in die EM gestartet war, muss Konsequenzen haben. Kapitän Jörn Schröder (32) nach seinem 52. Länderspiel und Markus Bachofer (35, beide Heidelberger Ruderklub) haben am Samstag ihre internationale Laufbahn beendet. Ob die Trainer Mark Kuhlmann, Lars Eckert und Michael Poppmeier weiter die Verantwortung tragen möchten, wird davon abhängen, ob die neue Führung des Verbandes Rugby Deutschland bereit ist, mit ihnen zusammen ein Erfolgskonzept zu entwickeln. „Ich bin es gewohnt, Aufgaben zu vollenden“, sagt Cheftrainer Kuhlmann, aber eine aufwändigere Vorbereitung, mehr internationalen Wettbewerb, eine intensivere Schulung junger Spieler und eine effektive Hilfe bei der Organisation der Nationalmannschaft seien schon dringend nötig. „Ich bin Trainer und stehe wie meine Kollegen voll im Beruf. Es kann nicht sein, dass wir uns auch um die Reservierung von Jugendherbergsbetten und die Bestellung von Reisebussen kümmern müssen“, erwartet Kuhlmann mehr Unterstützung von den Funktionären.

Auch von den Spielern erhofft der Trainer bessere Leistungen, die durch Fleiß im konditionellen Bereich am ehesten zu erreichen sind. In dieser Saison war die Mannschaft als Gefüge nicht fit genug für 80 Minuten Rugby, zumal ein Spiel, wenn es dem Schiedsrichter gefällt und die Sonne scheint, auch mal 90 Minuten dauern kann. Auch das Druck-Aushalten im Gedränge und das Gerade-Einwerfen des Balles in die Gasse kann man üben. Und noch etwas hat Trainer und Publikum stark verärgert: Auch Hochbegabte müssen sich an taktische Anordnungen halten. Mit Straftritten vor des Gegners Goal muss man drei Punkte gewinnen und kann man Siege erringen. Das ist gar nicht so schwer.

Sonntag, 9. März 2025

Warum nicht gleich mit voller Kraft voraus?

Deutsche Rugby-Frauen unterlagen Belgien mit 19:23 nach 0:20-Rückstand

Von Claus-Peter Bach

Heidelberg. Die deutschen Rugby-Frauen haben die European Trophy, den Titelgewinn in der Division 2 der Europameisterschaft, aus der Hand gegeben. Nach der vermeidbaren 19:23 (7:20)-Niederlage gegen Belgien vor 876 Zuschauern in Heidelberg dürfen selbst größte Optimisten nicht damit rechnen, dass die kampfstarken Belgierinnen ihr Heimspiel am 5. April gegen Finnland verlieren werden. Die Deutschen werden Zweiter – und das ist leistungsgerecht und ebenso gerechtfertigt wie die knappe Niederlage vom Samstag, die den Schützlingen von Cheftrainer Curtis Bradford immerhin einen defensiven Bonuspunkt einbrachte.

Bei Curtis BraACdford mischten sich Enttäuschung und Zufriedenheit. Seine Fünfzehn, die die beiden letzten Spiele gegen Belgien gewonnen hatte, ist ihrer leichten Favoritenrolle nicht gerecht geworden: „Wir hätten dieses Spiel gerne gewonnen, haben aber in der ersten Halbzeit keine gute Leistung gezeigt“, kritisierte der 29-jährige Waliser. Das angeordnete Gedränge hielt dem belgischen Druck nicht stand, und an den Gassen eroberte Belgien die eigenen Einwürfe so sicher, dass daraus stets gefährliche und dynamische Angriffe entstehen konnten, gegen die die deutschen Verteidigerinnen zu Höchstleistungen gezwungen waren. In der 5. und 13. Minuten taten sich allerdings Lücken auf, die Spielmacherin Jeanne Marquegnies, eine Profispielerin aus Villeneuve-d’Asq im französischen Lille, zu zwei Versuchen nutzte. Ihre Vereinskameradin Lara Steurs, ein körperlich starker und wuchtiger Innendreiviertel, erhöhte sicher und ließ in der 32. und 36. Minute zwei Straftritte nach Bodenspiel und Abseits zum 0:20 folgen.


Kurz bevor die ausgezeichnete georgische Schiedsrichterin zur Pause pfiff, erhoben sich die deutsche „Phönixe“ aus ihrer Asche und verkürzten durch einen Versuch von Außendreiviertel Steffi Gruber und die Erhöhung von Verbindungshalb Charlotte Malaizier auf den Hoffnungen weckenden 7:20-Halbzeitstand. Das erweckte auch das Publikum, das im zweiten Spielabschnitt wie eine Frau hinter dem deutschen Team stand.

Mit Ausnahme der letzten zehn Minuten, in denen die Belgierinnen mit gefährlichen Kontern zeigten, dass sie noch da sind, beherrschte die deutsche Mannschaft Spiel und Gegnerinnen ganz eindeutig. „Wir haben viele sehr gute Momente gesehen, die gezeigt haben, wozu diese Mannschaft in der Lage ist. Mit diesen Spielerinnen werden wir weiterarbeiten, dieses Team werden wir entwickeln“, zog Bradford Motivation für die nächsten Aufgaben.

Mit zwei Versuchen in der 56. und 68. Minute ließ Innendreiviertel Johanna Hacker, nach feinem Zusammenspiel mit Mette Zimmat, den Fritz-Grunebaum-Sportpark erbeben, zumal Charlotte Malaizier mit einer Erhöhung auf 19:20 verkürzte. Dann aber passierten bei Erfolg versprechenden Attacken einige Leichtsinnsfehler, und die Uhr lief irgendwie immer schneller. In der Schlussminute stellte Lara Steurs per Straftritt von 19:23-Endstand her.

Im Sechs-Nationen-Turnier der Männer gelang Frankreich ein glanzvoller 42:27-Sieg bei Titelverteidiger Irland, während Schottland die sieglosen Waliser mit 35:29 bezwang. Die Franzosen legten fünf Versuche durch die beiden Außendreiviertel Louis Bielle-Biarrey (2) und Damian Penaud aus Bordeaux und die beiden Stürmer Pierre Bourdehent und Oscar Jégou aus La Rochelle. Schlussmann Thomas Ramos aus Toulouse besorgte mit vier Erhöhungen und drei Straftritten 17 Punkte.


Deutschland: S. Hacker (Heidelberger RK) – Korn (Germania List, 70. Bürger/HRK), J. Hacker (HRK), Zimmat (HRK), Gruber (SC Neuenheim) – Malaizier (HRK), Nowotny (TSV Handschuhsheim, 57. Vieth (HRK/RC Mainz) – Weigel (HRK), Hermlin-Leder (Berlin Irish RFC, 47. Stauch/HRK), Harris (SCN, 74. Hinterding/Handschuhsheim) – Seifert (HRK/Mainz, 61. Bechtel/US Bordeaux-Bègles), Lauter (RSV Köln) – Bier (SCN/Mainz, 70. Paul/Köln), Tilgner (HRK, 44. Dehnert/SCN), Schucker (HRK, 55. Erhart/SCN).

Freitag, 7. März 2025

Den Rugby-Frauen winkt die Trophy

Die deutsche Nationalmannschaft will am Samstag in Heidelberg gegen Belgien gewinnen

Heidelberg. (bee/cpb) Die Frauen-Nationalmannschaft von Rugby Deutschland will am Samstag um 15 Uhr im städtischen Rugby-Stadion Fritz-Grunebaum-Sportpark in Heidelberg-Kirchheim gegen Belgien gewinnen und dadurch die European Trophy, die Meisterschaft in der Division 2, erobern. „Das ist möglich, wenn wir uns spielerisch weiter steigern und eine gute Vorstellung zeigen“, sagt der Cheftrainer Curtis Bradford (Heidelberg), der das Team gemeinsam mit Melvine Smith (Köln) und dem Heusenstammer Bene Sabinarz betreut.

Gegenwärtig sind die deutschen Frauen Tabellenführer, denn im Oktober 2024 hatte das „Phönix-Team“ im finnischen Vantaa beim Trophy-Saisonstart mit einer starken Leistung Finnland mit 44:10 schlagen können und dabei eine erfreuliche Leistung gezeigt. Deutschland liegt in der Frauen-Weltrangliste auf Platz 21, Belgien auf Platz 25 und Finnland auf Platz 31. Insgesamt nehmen 66 Verbände mit ihren Frauen-Nationalteams an internationalen Meisterschaften teil. Von den 44 europäischen Verbänden sind nur 15 im internationalen Frauen-Rugby engagiert. Im Sechs-Nationen-Turnier spielen England, Schottland, Wales, Irland, Frankreich und Italien. Es ist ein geschlossener Klub ohne Auf- und Abstieg, was maximal unfair ist und auch gegen die Charta des IOC verstößt. In der European Championship spielen Titelverteidiger Spanien, die Niederlande, Schweden und Portugal, und unterhalb der drei Mannschaften der Trophy kämpfen Norwegen und Lettland um den Sieg in der European Conference. Ob für die Deutschen ein Aufstieg machbar ist, steht in den Sternen. Das bisherige RD-Präsidium war mit Spielen in der Trophy zufrieden. Ein ehrgeiziger Verband darf nie zufrieden sein… 

Curtis Bradford kann personell nahezu aus dem Vollen schöpfen und möchte auf die gute Leistung im Finnland-Spiel weiter aufbauen. „Wir haben versucht, unsere Angriffsstrukturen weiter zu entwickeln. Wir wollen auf mehreren Ebenen gefährlich angreifen können. Und defensiv wollen wir, wie gegen Finnland, viel Druck ausüben und Bälle gewinnen“, sagt der 29-jährige Waliser, der seit Anfang des Jahres hauptberuflich für die deutschen Frauen wirkt. Rachel Hermlin-Leder aus Berlin und die Handschuhsheimerin Manja Bechtel, die in Bordeaux-Bègles spielt, werden voraussichtlich ihr EM-Debüt geben. Bradford und seine beiden Kollegen vertrauen einer Blockbildung aus den beiden besten deutschen Vereinsmannschaften, das sind Meister Heidelberger Ruderklub und Vizemeister Sportclub Neuenheim.

Die Belgierinnen, die Spielerinnen aus Boitsfort, Dendermonde und Brüssel, also allen führenden Klubs ihres Landes, aufgeboten haben, erwartet Bradford physisch ebenso stark wie die Finninnen, aber doch insgesamt mit einem schnelleren Spielstil als die Skandinavierinnen. „Da müssen wir uns etwas einfallen lassen, um ihr Angriffsspiel etwas zu verlangsamen.“ Gegen Belgien hatte das „Phönix-Team“ um Spielführerin Mette Zimmat zuletzt zwei Siege in Folge gefeiert. In der Trophy-Saison 2022/23 hatte man sich in Brüssel mit 14:10 durchsetzen können, und im März des vergangenen Jahres bejubelten die deutschen Frauen in Aachen einen 36:17-Sieg. Folgt am Samstag im „Wohnzimmer“ des deutschen Rugbysports der dritte Streich?

Die Stadionkassen werden um 12 Uhr geöffnet. Tickets im Vorverkauf gibt es im Internet unter www.rugbydeutschland.org. Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre genießen freien Eintritt. Autofahrer werden gebeten, ihr Fahrzeug auf dem Messplatz zu parken.

Deutschland: Sophie Hacker, Johanna Hacker, Mette Zimmat, Charlotte Malaizier, Muriel Weigel, Esther Tilgner, Tina Schucker, Ronja Stauch, Lara Bürger (Heidelberger Ruderklub), Sophie Seifert, Leonie Vieth (HRK/RC Mainz), Elena Korn (Germania List/TSV Handschuhsheim), Rachel Hermlin-Leder (Berlin Irish), Melissa Paul, Luise Lauter (RSV Köln), Annika Nowotny, Ronja Hinterding (TSV Handschuhsheim), Mareike Bier (SC Neuenheim), Steffi Gruber, Amelie Harris, Pia Erhart, Emma Dehnert (SCN), Manja Bechtel (Union Bordeaux-Bègles).



Die deutsche Nationalmannschaft nach ihrem 44:10-Sieg gegen Finnland, hintere Reihe v.l.n.r.: Trainer Melvine Smith, Sophie Hacker , Joy Weatherspoon, Paula Schult (Heidelberger Ruderklub), Salome Trauth (Railway Union RFC/Irland), Emma Dehnert (SC Neuenheim), Tina Schucker (HRK), Mareike Bier (SCN), Nina Schäfer (SC Germania List), Annika Nowotny, Ronja Hinterding, Sarah Piepkorn (TSV Handschuhsheim), Johanna Hacker (HRK) und Trainer Gareth Jackson; vordere Reihe v.l.n.r.:
Muriel Weigel, Mette Zimmat, Charlotte Malaizier, Emilia Hacker (HRK), Amelie Harris, Steffi Gruber, Annika Bergemann, Yusra Abdelkarim (SCN), Luise Lauter, Melissa Paul (RSV Köln) und Esther Tilgner (HRK). Foto: cah

Sonntag, 2. März 2025

Nur eine Halbzeit lang starkes Rugby

Die deutsche Nationalmannschaft unterlag in den Niederlanden nach einer 6:5-Pausenführung mit 9:38 Punkten

Die deutsche Rugby-Nationalmannschaft kämpft in der Europameisterschaft 2025 um Platz sieben gegen die Schweiz. Im Halbfinale um die Ränge fünf bis acht unterlag das Team von Trainer Mark Kuhlmann (Heilbronn) den Niederlanden in Amsterdam mit 9:39 (6:5) Punkten, während die Eidgenossen in Belgien mit 5:38 verloren. Das Nachbarschaftstreffen soll dem Vernehmen nach am 15. März um 15.45 Uhr in Heidelberg stattfinden. Das jedenfalls behauptete ein Fernseh-Kommentator.

Mark Kuhlmann war nach dem Schlusspfiff des georgischen Schiedsrichters Shota Tevzadze im voll besetzten Nationalen Rugby-Stadion von Amsterdam gar nicht so unzufrieden. „Denn die erste Halbzeit war gut. Wir haben stark gekämpft, den körperlich stärkeren Gegnern einen erbitterten Widerstand geleistet und uns strikt an unseren Plan gehalten“, sagte der 55-jährige Mitarbeiter der MLP AG in Wiesloch, der nach dem Wiederanpfiff allerdings den raschen und totalen Einbruch seiner Mannschaft erleben musste. Die Niederländer, die mit zwei Teams an einem europäischen Profi-Wettbewerb teilnehmen und keine Winterpause kennen, waren dann kräftemäßig hoch überlegen, während das deutsche Gefüge mit jeder gut gemeinten Auswechslung brüchiger wurde.

Im ersten Spielabschnitt zeigten die Deutschen, bei denen Christophe Edene mit dynamischen Durchbrüchen, die dritte Sturmreihe mit Nico Windemuth, Justin Renc und Shawn Ingle mit einer fantastischen Verteidigungsleistung und das Halbpaar mit Jan Piosik und dem erst 19-jährigen Frankfurter Christopher Hennig als Spielmacher mit schnellen und klugen Entscheidungen die Besten waren, eine völlig gleichwertige Leistung. Es war die beste Halbzeit in den vier Spielen dieser EM. Das Ergebnis auf der Anzeigetafel: Eine 0:6-Führung durch zwei Straftritte des durch weite Befreiungskicks überzeugenden Schlussmannes Nikolai Klewinghaus in der 29. und 33. Minute, der die Oranje Boven des Königlich Niederländischen Rugby-Bundes (KNRB) nach 39 Minuten und 33 Sekunden, also 27 Sekunden vor dem Halbzeitpfiff, einen Versuch ihres herausragenden Sturmführers Christopher Raymond entgegensetzten.

In der 43. Minute traf Klewinghaus mit seinem dritten Straftritt zum 5:9, doch wer gehofft hatte, dass die Deutschen, seit der 18. Minute ohne den wegen einer Kopfverletzung ausgeschiedenen Leo Wolf, der gegen Rumänien, Portugal und Belgien neben Shawn Ingle der Beste gewesen war, dem zunehmenden Druck der gastgebenden Stürmer noch lange standhalten könnten, wurde bitter enttäuscht. Vielmehr legten die Niederländer, die seit Jahren von dem 60-jährigen walisischen Nationalflanker Lyn Jones (Neath und Llanelli RFC) Schritt für Schritt verbessert und im EM-Endklassement wieder vor Deutschland landen werden, in schöner Regelmäßigkeit fünf weitere Versuche, von denen Spielmacher Vikas Meijer vier erhöhte.

Die niederländischen Versuche erzielten Gedrängehalb Boris Hadinegoro (44.), der riesige Zweite-Reihe-Stürmer Koen Bloemen (52.), der eingewechselte Erste-Reihe-Stürmer Bilal Egberts (65.), der Ersatz-Flanker Mark Coebergh (73. nach klarem Vorwurf und Abseits) und Außendreiviertel Sam Verplancke (77.), der die deutschen Verteidiger auf den falschen Fuß stellte und einfach stehen ließ.

Ob die deutsche Fünfzehn nun wenigstens den Klassenverbleib schaffen kann? Das letzte Länderspiel gegen die Schweiz – am 29. Februar 2020 in Heidelberg – endete mit 20:33. Noch Fragen?

Deutschland: N. Klewinghaus (SC Neuenheim) – C. McDonald (British Army RU), Bülow (SCN), L. Wolf (SC Frankfurt 1880, 18. Lammers/SCN), van der Bosch (RG Heidelberg, 69. Edene) – Hennig (Frankfurt), Piosik (Hannover 78, M. McDonald/Caldy RFC) – Ingle (Maidenhead RFC), Windemuth (Germania List), Renc (TSV Handschuhsheim) – Brockmann (SCN, 62. T. Frauenfeld/Handschuhsheim), Rayan (Frankfurt) – Edene (Frankfurt, 41. Zymvragos/Frankfurt), Reintges (Heidelberger RK, 73. Blume/Berliner RC), Schröder (Kapitän/HRK, 63. Mizera/Hannover 78).      

Donnerstag, 27. Februar 2025

„Die kleinen Dinge mal richtig machen“

Deutschlands Rugby-Kapitän Jörn Schröder bestreitet in Amsterdam sein 51. Länderspiel

Für die deutsche Rugby-Nationalmannschaft geht es in der Europameisterschaft nur noch um den Verbleib in der Division 1. „Alles andere waren Träumereien, die sind längst ausgeträumt“, sagt Nationaltrainer Mark Kuhlmann (Heilbronn) unmittelbar vor der entscheidenden Phase eines Wettbewerbs, in dem sich die besten vier Mannschaften für die Weltmeisterschaft 2027 in Australien qualifizieren konnten. Georgien, Portugal, Spanien und Rumänien haben das geschafft, Deutschland erneut nicht.

Am Samstag um 13 Uhr bestreiten die Deutschen das Halbfinale um die EM-Ränge fünf bis acht in Amsterdam gegen den Vorjahresfünften Niederlande. Das Spiel wird live auf Pro7 Maxx und auf www.rugbyeurope.eu übertragen. Mark Kuhlmann gibt sich keinen Illusionen hin. „Die Enttäuschung nach dem schlechten Spiel und der 19:39-Niederlage in Kassel gegen Belgien sitzt tief. Wir müssen nun alles tun, um den Abstieg zu vermeiden, insbesondere müssen wir viele Kleinigkeiten besser machen, um zu einem ordentlichen Spiel zu finden“, sagt der Trainer und fügt hinzu: „Wir haben die letzten drei Länderspiele gegen die Niederlande – in Neckarsulm, in Amsterdam und in Paris – klar verloren. Deshalb sind wir am Samstag nur Außenseiter.“

Auch Jörn Schröder schätzt die Lage realistisch ein. Der 32-jährige Erste-Reihe-Pfeiler des Heidelberger Ruderklub hat in Kassel sein 50. Länderspiel bestritten und wird die „Schwarzen Adler“ in Amsterdam zum 22. Mal als Kapitän auf Feld führen. Er sagt: „Holland ist stärker als Belgien, wir stehen vor einer harten Aufgabe. Wir müssen aber auf uns schauen und uns in allen Bereichen verbessern.“ Oft sind es banale Schwächen, die die Mannschaft aus dem Konzept bringen und ein erfolgreicheres Spiel verhindern. Schröder listet auf: „Unsere Gassen, die Einwürfe und die Balleroberung, Unser Ruck, in dem wir zahllose Bälle verlieren. Unser Angriffsspiel, bei dem wir kaum einmal über die Vorteilslinie kommen. Die Kicks, mit denen wir die Gegner geradezu zu Kontern einladen. Und die Disziplin…“


Jörn Schröder, der sein Rugby beim TSV Victoria Linden gelernt hat und als Angestellter im öffentlichen Dienst der Stadt Wiesloch arbeitet, hat am 24. November 2012 in Heidelberg beim 32:14-Sieg über Moldawien debütiert. „An Vaters 50. Geburtstag wurde ich in den letzten Spielminuten einwechselt“, erinnert sich der große Kämpfer. Vater Karsten begleitet die Nationalmannschaft um die halbe Welt und freut sich seit eineinhalb Jahren über Enkel Liam, der aus Jörns Ehe mit der Rugbyspielerin Susanne aus der Pfisterer-Dynastie hervorgegangen ist.

Obwohl man Erste-Reihe-Stürmern nachsagt, sie könnten erst mit 35 Jahren, erfahren und gestählt, ihr volles Leistungsvermögen entwickeln, ist es unwahrscheinlich, dass Jörn Schröder einst mit Liam in einer Mannschaft dem ovalen Ball nachjagen wird. „Ich werde auf jeden Fall noch die nächsten zwei Länderspiele mitmachen und dann mit meiner Familie beratschlagen, wie es weitergeht. Dreizehn Jahre in der Nationalmannschaft, als Amateur gegen Vollprofis, gehen nicht spurlos an einem vorüber.“ Auch sei es nicht trivial, Beruf und Nationalmannschaft miteinander zu verbinden. „Meine Kollegen gucken sich zwar alle meine Spiele an, aber ich musste alleine für die ersten drei EM-Spiele dieser Saison bereits neun Tage meines Jahresurlaubs nehmen.“

Als bekannt wurde, dass Rumänien mit allen Akteuren zur EM-Vorbereitung vier Wochen lang in Südfrankreich war, schüttelte Jörn Schröder nur den Kopf: „Das ginge bei uns gar nicht. Da könnten nur zwei, drei Spieler mitmachen. Wir müssen doch alle arbeiten oder studieren.“