Montag, 25. November 2024

Corrida im Boxring: Stier jagt den Jäger

Labinot Xhoxhaj schlägt den hoch favorisierten Aleks Zakhozhyi und ist neuer Schwergewichts-Europameister

Tina Rupprecht aus Augsburg ist neue Box-Weltmeisterin im Atomgewicht, Devrim Gökduman aus Karlsruhe ist neuer Weltmeister im Junior-Leichtgewicht, Labinot Xhoxhaj aus Lahr ist neuer Europameister im Schwergewicht, und drei Boxer aus Heidelberg haben mit zwei Siegen und einen Remis überzeugt.

Das sind die wichtigsten Ergebnisse eines Kampfabends der Berufsboxer in der bis auf den letzten Platz mit knapp 1500 Zuschauern gefüllten Halle des Olympiastützpunkts Metropolregion Rhein-Neckar. „Organisation und Stimmung waren großartig, die Kämpfe auf gutem Niveau“, sagte Volker Grill (Bammental), der 73-jährige Präsident des Bundes Deutscher Berufsboxer, nach der ersten in rund 30 Länder übertragenen Profi-Veranstaltung in der alten Boxstadt Heidelberg.

Und eine ganz große Überraschung gab es auch: Schwergewichts-Europameister Aleksandr Zakhozhyi, der aus seiner ukrainischen Heimat Kiew kürzlich nach Wiesloch gezogen ist, von seinem Management als legitimer Nachfolger der weltmeisterlichen Klitschko-Brüder gepriesen wird und am Samstag von Heidelberg aus eine Weltkarriere starten wollte, hat seinen EBU-Gürtel nach zwölf harten Runden an den ebenfalls 31-jährigen Kosovaren Labinot Xhoxhaj aus dem mittelbadischen Lahr verloren. Ringsprecher Ingo Rohrbach kam mit der Verkündung des Urteils nicht weit: „116:110, 115:111, 116:110. Der neue Europameister…“, rief Rohrbach, ehe seine weiteren Worte im Jubel des Boxfans untergingen und Labinot Xhoxhaj unter einer Traube von glückstrunkenen Trainern und Betreuern in der Ringmitte begraben wurde. Derweil stand Aleks Zakhozkyi, völlig ausgepumpt und Kopf schüttelnd, in der blauen Ecke und ahnte, dass die Weltkarriere vorbei ist, bevor sie begonnen hat.

„Xhoxhaj hat völlig verdient gewonnen. Er hat den Kampf mehr gewinnen wollen und ab der fünften Runde beherrscht. Zakhozhyi hatte deutliche Konditionsprobleme und fand kein Mittel, seine Reichweitenvorteile zu nutzen“, sagte Helmut Ranze (Worms), der Supervisor des Europameisterschaftskampfes, der – als die Jubelstürme der Xhoxhaj-Anhänger abgeflaut waren – den EBU-Gürtel dem neuen Europameister um die Hüfte schlang, auf dessen erste Titelverteidigung man sich freuen darf.

Der 22 Zentimeter kleinere Labinot Xhoxhaj, der kurzfristig für den verletzten Schweizer Herausforderer Arnold Gjergjaj eingesprungen war, bestritt den Titelkampf wie ein wilder Stier (ohne Hörner), und zwar über volle zwölf Runden und ohne jede konditionelle Schwäche. Anfangs boxte Aleks Zakhozkyi mit langen Armen aus sicherer Distanz und streckte seinen Gegner in der zweiten Runde mit einer rechten Geraden auch zu Boden, doch von Runde zu Runde wurde Xhoxhaj offensiver und mutiger, während der Titelverteidiger mehr und mehr die Übersicht verlor, sich pausenlos regelwidrig auf den Rücken des Wahl-Mittelbadeners plumpsen ließ und nach den Trennkommandos des finnischen Ringrichters Anssii Perajoki immer mehr Kopf- und Körpertreffer verkraften musste. So kam es, dass „The Hunter“ Zakhozkyi vom stiernackigen Herausforderer durch den Ring gejagt wurde und nach dem Schlussgong froh sein konnte, nicht ausgeknockt worden zu sein.

Jubel im OSP brandete erstmals auf, als die drei jungen Matadore aus Tom’s Box Gym, wie das Boxgymnasium Heidelberg-Rohrbach neuerdings heißt, Proben ihres beachtlichen Könnens ablieferten. Mansoor Zada (21) und Elija Ülküseven (25) gewannen ihre Kämpfe verdient nach Punkten, Amin Younis (21) erreichte gegen den Polen Szymon Kajda ein leistungsgerechtes Unentschieden. Younis boxt seit seinem neunten Lebensjahr bei Trainer Tom Schneider (49), der Mansoor und Ülküseven seit drei Jahren unter seinen Fittichen hat.

Nordbaden hat nun einen Box-Weltmeister. Der 24-jährige Karlsruher Devrim Gökduman besiegte im Junior-Leichtgewichtstitelkampf der International Boxing Federation den gleichaltrigen Venezolaner Yohan Morocoima durch technischen K.o. nach 1:55 Minuten der fünften Runde. Beide Boxer sind schnell und technisch hervorragend ausgebildet. Zu Gökdumans ersten Gratulanten zählte der faire Yohan Morocoima.

Gegen 23.30 Uhr kochte die Stimmung in der Halle fast über, als die 32-jährige Tina Rupprecht, die einen lautstarken Fan-Club aus Augsburg mitgebracht hatte, ihren Weltmeisterschaftskampf gegen die ebenso schnelle und boxerisch beschlagene Japanerin Eri Matsuda (30) nach flinken zehn Runden mit 3:0 Richterstimmen gewann. Rupprecht trägt nun die Gürtel der Weltverbände WBA, WBC und WBO und wird demnächst gegen die japanische IBF-Weltmeisterin Sumire Yamanaka antreten, um auch deren Gürtel zu erobern.   


Boxen in Heidelberg

Super-Mittelgewicht (-76,2 kg): Mansoor Zada (Tom’s Box Gym Heidelberg) 2:1-

Punktsieger über Bartlomiej Wlodarczyk (Lodz/Polen).

Super-Mittelgewicht (-76,2 kg): Devin Adam (Schwenningen) 3:0-Punktsieger über Pavel

Albrecht (Brünn/Tschechien).

Super-Leichtgewicht (-63,5 kg): Rudolf Hoffmann (Schwenningen) 3:0-Punktsieger über

Atilla Kayabasi (Osnabrück).

Leicht-Schwergewicht (-79,8 kg): Amin Younes (Tom’s Box Gym Heidelberg)

unentschieden gegen Szymon Kajda (Olkusz/Polen).

Leicht-Schwergewicht (-79,8 kg): Elija Ülküseven (Tom’s Box Gym Heidelberg) 3:0-

Punktsieger über Dominik Ameri (Hamburg).

Cruisergewicht (-90,7 kg): Yasin Basar (Ravensburg) Sieger durch technischen K.o. 5.

Runde gegen Juan Diaz (Maracay/Venezuela).

Super-Leichtgewicht (-63,5 kg): Alexander Hoffmann (Schwenningen) Sieger durch

technischen K.o. 3. Runde gegen Cheik Zongo (Koudougou/Burkina Faso).

Weltmeisterschaft im Junior-Leichtgewicht (-61 kg): Devrim Gökduman (Karlsruhe)

Sieger durch technischen K.o. 5. Runde gegen Yohan Morocoima (Caracas/Venezuela).

Europameisterschaft im Schwergewicht (+100 kg): Labinot Xhoxhaj (Lahr/Kosovo) 3:0-

Punktsieger über Aleksandr Zakhozhyi (Wiesloch/Ukraine).

Weltmeisterschaft im Atomgewicht (-47,6 kg): Tina Rupprecht (Augsburg) 3:0-Siegerin

über Eri Matsuda (Tokio/Japan). CPB

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