Donnerstag, 19. März 2020

Dr. Schwarz: „Auch bei leichter Erkältung Sport treiben

Ärztliche Verhaltenstipps in Zeiten des Coronavirus
  
Dr. Andreas Schwarz ist Allgemeinmediziner, Sportarzt, Chiropraktiker und Homöopath in Heidelberg-Handschuhsheim. Der 61-Jährige spielt Saxofon und Querflöte in der Band „Ambulant Jazz“, spielt gerne Badminton und Golf und ist Teamarzt des deutschen Rugby-Vizemeisters TSV Handschuhsheim.

Herr Dr. Schwarz, welche Tipps können Sie in der Corona-Krise den Sporttreibenden geben?

Ich empfehle allen Menschen dringend, den Empfehlungen und Anordnungen der Behörden strikt zu folgen. Solange keine Ausgangssperre verhängt ist, gilt aber auch: Wer gesund ist, sollte Sport treiben und sich täglich an der frischen Luft bewegen.

Allerdings sind alle Sport- und Spielplätze gesperrt, auch die Alla-Hopp-Anlagen in der Region. Wo soll der Sport an der frischen Luft denn stattfinden?

Man kann völlig gefahrlos durch Felder und Wälder joggen, allerdings nicht im engen Rudel, sondern mit dem empfohlenen Abstand von zwei bis drei Metern. Radfahren trainiert den Kreislauf auch ganz gut, ebenso wie Schwimmen – doch sind die Bäder geschlossen. Sehr gesundheitsfördernd sind übrigens auch längere stramme Spaziergänge, sofern der Sicherheitsabstand zu anderen Wandernden eingehalten wird.

Manche Mediziner empfehlen auch Saunagänge bei Temperaturen von 60 Grad und mehr. Was halten Sie davon?

Die Finnen, die häufig saunieren, sind ein sehr gesundes Volk. In einer 80- oder 90-Grad-Sauna wird es keine Coronaviren geben, die eine solche Hitze nicht vertragen und absterben. Allerdings: Wer das Virus in den Atmungsorganen trägt, wird es in der Sauna nicht los, denn die innere Körpertemperatur beträgt stets rund 37 Grad. Diese Überlegungen gelten nur für die Besitzer privater Saunen, denn alle öffentlichen Badeanstalten und Wellnesscenter sind ja geschlossen.

Wer soll gegenwärtig überhaupt Sport treiben?

Alle Menschen, die kein Fieber haben. Sport stärkt das Immunsystem, auch und gerade dann, wenn man leicht erkältet ist. Man sollte sich aber nicht überanstrengen und immer wieder mal den Pulsschlag kontrollieren. Sport bei einem Puls von 110 Schlägen pro Minute kann niemandem schaden, der nicht durch eine schwerere Erkrankung geschwächt ist. Für Herzkranke gibt es spezielle Corona-Sportstunden, und das Programm „Sport nach Krebs“ möchte ich auch gerne empfehlen.

Vor Sport in Gruppen oder in Mannschaften wird allerdings heftig gewarnt. Die Sportverbände und Vereine haben ihre Wettkampfprogramme und Trainingsangebote bis auf weiteres gestrichen.

Ja, klar. Wo mehrere oder viele Menschen sind, wäre die Ansteckungsgefahr zu groß. Deshalb sind die Absagen vernünftig. Spielsportarten müssen pausieren, um die Athleten, Trainer und Zuschauer nicht in Gefahr zu bringen. Aber es gibt durchaus Sportarten, die ich als ungefährlich einstufe und die man in einer solchen Situation ja mal ausprobieren könnte.

Bitte nennen Sie Beispiele?

Golf ginge, weil jeder Spielende seine eigenen Schläger und Bälle benutzt und auf einem großen 18-Loch-Platz so viel Raum ist, dass man sich nicht gefährlich nahe kommen muss. Von Minigolf hingegen würde ich eher abraten, denn man benutzt Leihschläger und hat nicht genügend Abstand zu Mitspielenden oder Konkurrenten.

Wie steht es um die Rückschlagspiele?
Tennis und Badminton, vielleicht auch Tischtennis sind aus meiner Sicht ungefährlich. Man trägt den eigenen Schläger in der einen Hand und sollte die andere Hand, mit der man den Spielball anfasst, mit einem Einweghandschuh schützen.

Welche weiteren Sportarten fallen Ihnen ein?

Leichtathletik ginge, sofern Kugelstoßer, Diskuswerfer oder Speerwerfer ihre eigenen Geräte nutzen. Inlineskating, Nordic Walking, Surfen oder Paddeln könnte ich auch empfehlen. Rudern oder Boule hingegen nicht, weil man Boot und Kugeln mit anderen Nutzern teilen müsste. Reiten geht immer, und der Hometrainer, der in manchen Häusern verstaubt, könnte nun auch reaktiviert werden. Ich selbst betreibe Herz-Kreislauf-Training durch Treppensteigen und mache meine Hausbesuche mit dem Rad.

Claus-Peter Bach in der Rhein-Neckar-Zeitung vom 19. März 2020

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