Mittwoch, 29. Januar 2025

Ohne Sorgen und guten Mutes nach Bukarest

Rugby-Nationalteam startet in Rumänien in die EM – Irland Titelverteidiger im Sech-Nationen-Turnier

Von Claus-Peter Bach

Wenn die deutsche Rugby-Nationalmannschaft am Freitag um 17 Uhr (MEZ) in Bukarest gegen den Vorjahresvierten Rumänien in die Europameisterschaft 2025 startet, denn geht es für die Schützlinge von Nationaltrainer Mark Kuhlmann (Heilbronn), der von seinen beiden Assistenten Lars Eckert (Heidelberg) und Michael Poppmeier (Siegburg) unterstützt wird, in erster Linie um den erneuten Verbleib in der Division 1. Dazu müssen die Deutschen mindestens Platz sieben im Achterfeld belegen. In den letzten beiden Jahren hat die Fünfzehn des Deutschen Rugby-Verbandes (DRV), der 2025 sein 125-jähriges Bestehen feiert, jeweils den sechsten Rang erkämpft.

Mark Kuhlmann denkt von Spiel zu Spiel, zumal es in diesem schweren Wettbewerb Schlag auf Schlag geht. Nach der Reifeprüfung in der rumänischen Hauptstadt, wo eine aus nur vier Vereinen gebildete und langjährig eingespielte Mannschaft deutlich favorisiert ist, folgen am 9. Februar das Spiel bei Vizeeuropameister Portugal und am 16. Februar um 15.30 Uhr im Aue-Stadion von Hessen Kassel das Match gegen Belgien. Sollten die Deutschen mehr als ein Spiel gewinnen, winkt ihnen die erstmalige Teilnahme an der Rugby-WM, die 2027 in Australien ausgetragen wird. Aber daran wagt Mark Kuhlmann, der von Spiel zu Spiel denkt, nicht zu denken.

Die deutsche Mannschaft hat sich mit fünf Testspielen und einem seit Freitag laufenden Lehrgang in Heidelberg auf das Eröffnungsspiel vorbereitet und ist gut besetzt. Kapitän ist Jörn Schröder vom Heidelberger Ruderklub, entscheidende verletzungsbedingte Ausfälle gibt es, von Julius Nostadt (Provence Rugby) und Robert Lehmann (SC Neuenheim/beide mit Schulterblessuren) einmal abgesehen, nicht. Kuhlmann und seine Kollegen haben aus ihren 35-Mann-Kader 23 Spieler für den Flug nach Bukarest ausgewählt. Das Spiel wird von Pro7 Maxx und von www.rugbyeurope.com live übertragen.    


Parallel zur Europameisterschaft wird das Sechs-Nationen-Turnier ausgetragen, bei dem es keinen Auf- und Abstieg gibt. Deshalb hat Abonnements-Europameister Georgien nie die Chance, in die Königsklasse der besten sechs europäischen Teams aufzusteigen. Die letzten Sieger im Sechs-Nationen-Turnier hießen England (2020), Wales (2021), Frankreich (2022) sowie Irland (2023 und 2024). Ob die Iren des englischen Trainers Andy Farrell auch in diesem Winter gewinnen können? Am ersten Spieltag haben sie ein Heimspiel im 51.700 Zuschauer fassenden Aviva-Stadion von Dublin gegen England. Die Arena in der irischen Hauptstadt ist übrigens das kleinste der sechs Stadien, das „Home of Rugby“ in Twickenham im Südwesten Londons bietet 82.000 Rugbyfans Platz und ist natürlich auch 2025 ausverkauft.

Eine gute Rolle darf man auch den Franzosen von Trainer Fabien Galthié zutrauen, die Olympiasieger Antoine Dupont zum Kapitän gemacht haben, im Heimspiel gegen Wales vor 81.338 Zuschauern im Stade de France aber die beiden baumlangen Stürmer Charles Ollivon (Toulon) und Thibaud Flament (Toulouse) wegen Verletzungen ersetzen müssen. Klarer Favorit ist Schottland gegen Italien, wofür sich 67.144 Zuschauer Tickets gekauft haben.

Deutschland, 1. Sturmreihe: Schröder (Heidelberger RK), Daniel Wolf (SC Frankfurt 1880). Pearson (Esher RFC), Edene (Frankfurt); Hakler: Tyumenev (Castelsarrasin), Reintges (HRK); 2. Sturmreihe: Marks (RC Vannes), Rayan (Frankfurt), Stein (Frankfurt); 3. Sturmreihe: Renc (TSV Handschuhsheim), Ingle (Maidenhead RFC), Henn (Frankfurt), Windemuth (Germania List); Gedrängehalbs: Menzel (Valence), Piosik (Hannover 78); Dreiviertel: Pretorius (Sao Miguel), Packman (Tonbridge), Leo Wolf (Frankfurt), Plümpe (RG Heidelberg), Lammers (SC Neuenheim), Nikolai Klewinghaus (SCN), Zinzan Hees (RK Heusenstamm), van der Bosch (RGH). 

Europameisterschaft, Division 1, Freitag, 17 Uhr: Rumänien – Deutschland in Bukarest; Samstag, 13 Uhr: Georgien – Schweiz in Tiflis; 19.30 Uhr: Portugal – Belgien in Lissabon; Sonntag, 12.45 Uhr: Spanien – Niederlande in Madrid.

Sechs-Nationen-Turnier, Freitag, 21.15 Uhr: Frankreich – Wales in St. Denis; Samstag, 15.15 Uhr: Schottland – Italien in Edinburgh; 17.45 Uhr: Irland – England in Dublin.

Montag, 27. Januar 2025

Die Generalprobe ist misslungen

Die Rugby-Nationalmannschaft verlor gegen Siedlce mit 19:29 – Am Freitag EM-Auftakt in Rumänien

Im Theater lebt die alte Weisheit, dass auf eine misslungene Generalprobe eine glanzvolle Premiere folgt. Deutschlands Rugby-Fans hoffen, dass dies auch für ihren Sport gilt. Denn eine Woche vor dem Auftaktspiel der Europameisterschaft am Freitag um 16 Uhr (MEZ, 18 Uhr Ortszeit) in Bukarest gegen den Vorjahresvierten Rumänien hat die Nationalmannschaft in ihrem letzten Testspiel über vier Viertel zu jeweils 20 Minuten nur phasenweise überzeugt. Gegen den MKS Pogón Awenta Siedlce, den Spitzenreiter der polnischen Eliteliga, gab es eine 19:29-Niederlage; nach zwei Vierteln führte das Nationalteam von Trainer Mark Kuhlmann (Heilbronn) noch mit 12:7 Punkten.

„Wir wollten unsere Nationalspieler aus der Bundesliga noch einmal gegen einen starken Spielpartner anschauen. Immerhin haben sich Frankfurts Hakler Marcel Becker und Neuenheims Zweite-Reihe-Stürmer Henning Brockmann durch ihren energischen Einsatz in den Vordergrund gespielt“, ordnete Kuhlmann die Begegnung vor 250 Zuschauern auf dem Kunstrasen des Heidelberger Ruderklub richtig ein. Insgesamt aber unterliefen den Schwarzen Adlern, die diesmal in roten Trikots spielten, zu viele Ballverluste und Verteidigungsfehler, so dass das polnische Team mit etlichen Akteuren aus der südlichen Hemisphäre die Lücken zu Versuchen nutzte. Die Spielweise seiner Schützlinge nannte Kuhlmann „rostig“, am Freitag beim vielfachen Europameister früherer Zeiten sollte der ovale Ball geschmeidiger gespielt werden.


Die deutsche Fünfzehn erzielte drei Versuche durch Spielmacher Nikolai Klewinghaus (SC Neuenheim), dessen Vereinskameraden Henning Brockmann und den Frankfurter Flankenstürmer Marcel Henn. Klewinghaus traf mit zwei Erhöhungskicks ins Goal.

Die Mannschaft wird nun bis Mittwoch in Heidelberg trainieren. Am gestrigen Sonntag trafen sieben Profis als Verstärkungen aus dem Ausland ein. Shawn Ingle ist ein cleverer Flanker vom Maidenhead RFC, der als Ingenieur für Red Bull in der Formel 1 tüftelt, Henry Otto Pearson ein 130 Kilogramm schwerer und 1,95 Meter großer Erste-Reihe-Stürmer vom Esher RFC, und Außendreiviertel Howard Packman vom Tonbridge Juddians RFC hatte bereits einige Einsätze in Englands U20-Team. Aus Frankreich kamen Gedrängehalb Tim Menzel von den Valence Romans, Hakler Mikael Tyumenev von CA Castelsarrasin und Zweite-Reihe-Stürmer Eric Marks vom Top-14-Klub RC Vannes. Der Kader wird von dem Verbindungshalb Bader Werner Pretorius vom portugiesischen CR Sao Miguel ergänzt.  

Samstag, 25. Januar 2025

Hohe Auszeichnung für Iris Manke-Reimers

Die Mannheimerin führte Yemisi Ogunleye zum Olympiasieg und erhielt den Trainerpreis des LSV Baden-Württemberg

Iris Manke-Reimers von der MTG Mannheim wurde mit dem Trainerpreis des Landessportverbandes Baden-Württemberg (LSV) ausgezeichnet. Die seit 28 Jahren als ehrenamtliche Leichtathletik-Trainerin tätige Fünfkampf-Silbermedaillengewinnerin der U20-Europameisterschaft von 1977 hat zwischen 2010 und 2014 bereits die Mannheimer Kugelstoßerin und Diskuswerferin Shanice Craft zu Gold bei den Olympischen Jugendspielen, Gold und Silber bei der U20-Weltmeisterschaft sowie Bronze bei der EM geführt. Doch die Trainerpreis-Jury um den LSV-Präsidenten Jürgen Scholz (Sersheim) votierte deshalb für die 64-jährige Iris Manke-Reimers, weil sie gemeinsam mit dem Drehstoß-Experten Artur Hoppe aus Stuttgart ein Netzwerk aufgebaut und ihren 26-jährigen Schützling Yemisi Ogunleye in Paris zum Kugelstoß-Olympiasieg geführt hat. Auch der Deutsche Leichtathletik-Verband schmückte Iris Manke-Reimers mit dem Ehrentitel „Trainerin des Jahres 2024“.

Zum 28. Mal hatte der LSV zur Verleihung seiner Trainerpreise eingeladen, und im Festsaal des Porsche-Museums in Zuffenhausen erhielten auch Yuliya Raskina aus Fellbach-Schmiden, die Trainerin der Gymnastik-Olympiasiegerin Darja Varfolomeev, der Fechttrainer und frühere Mordermittler Michael Kühner (77) vom PSV Stuttgart und posthum der verstorbene Volleyball-Trainer Tore Aleksandersen vom MTV Stuttgart die LSV-Trainerpreise, die rein äußerlich an Hollywoods Oscars erinnern, die aber nicht für schauspielerische Kunst, sondern für jahrzehntelange schweißtreibende Arbeit in Trainingshallen und auf Sportplätzen und für vorbildliche Betreuung und Förderung junger Athletinnen und Athleten vergeben werden.


„Gute Trainerinnen und Trainer leisten mehr als fachliche Anleitung. Sie sind Wegweiser, Ratgeber, Motivator, Optimierer und vieles mehr in einem und haben auch das Wohl der Schützlinge im Blick. Sie haben außerdem ein Gespür dafür, wann Ruhepausen angebracht sind. Das gilt für den Spitzen- wie für den Breitensport, für den Erwachsenen- wiefür den Kinder- und Jugendsport“, sagte Baden-Württembergs Sportministerin Theresa Schopper, die Iris Manke-Reimers und Artur Hoppe als erfolgreiches Trainerteam auszeichnete.

Die Laudatio auf die beiden still arbeitenden Trainer, die nur selten im Rampenlicht stehen, hielt Michael Schlicksupp, der Präsident des Badischen Leichtathletik-Verbandes, der das Auditorium auch wissen ließ, das Iris Manke-Reimers ihre berufliche Tätigkeit in einem Pflegeheim 2023 gekündigt hat, um sich mit voller Aufmerksamkeit und Kraft um Yemisi Ogunleye kümmern zu können. „Wir haben viel Zeit miteinander verbracht, viel gelacht und viel gemeinsam geweint“, blickte die „Trainerin des Jahres 2024“ auf schwierige Wochen und Monate zurück. Denn die Verletzungen, von denen sich die spätere Olympiasiegerin erholen musste, waren schwer und haben die Aufbaupläne öfters zerstört. „Ich sehe Yemi schon an, wenn sie zur Tür hereinkommt, wie es ihr geht“, gab die stets von ihrem Ehemann Michael   unterstützte Iris Manke-Reimers einen Einblick in den Trainingsalltag: „Wir haben natürlich einen Plan, aber Papier ist geduldig. Wir können auch mal fünf Kilo drauflegen oder   runternehmen. Und das tun wir auch!“ Wie es nun weitergehen wird? Iris Manke-Reimers ist eine Frohnatur wie Yemisi Ogunleye: „Wir haben es bis hierher geschafft. Wir schaffen es auch weiter!“

Mittwoch, 8. Januar 2025

Eric Marks hat es geschafft

Der Aachener Rugbystürmer hat einen Stammplatz beim RC Vannes in der Top 14

Von Claus-Peter Bach

Nach dem 14. von 26 Spieltagen der französischen Rugby-Liga Top 14 liegt Aufsteiger RC Vannes zwar – erwartungsgemäß – nicht auf dem ersten, sondern mit 16 Punkten auf dem letzten Tabellenplatz, doch ist der „Stolz der Bretagne“ viel besser als es die Tabelle signalisieren könnte. Vannes hat schon drei Spiele gewonnen – mit 30:20 gegen Lyon, mit 34:28 gegen Castres und mit 23:14 in La Rochelle –, doch auch die beiden Spiele gegen die Pariser Klubs brachten Resultate, die aufhorchen ließen. Gegen Racing 92 gab es eine 24:27-Niederlage, bei Stade Français unterlag Vannes nur mit 31:34 Punkten. Der Verein des Heidelberger Milliardärs Dr. Hans-Peter Wild liegt nach 14 Runden auf dem 13. Rang und hat sieben Punkte Vorsprung vor dem Schlusslicht. Zum Reglement der Top 14: Der Letzte steigt direkt ab, der Vorletzte muss in die Relegation.

Im letzten Spiel vor 11.805 Zuschauern im eigenen Stade de la Rabine wäre der Mannschaft von Cheftrainer Jean-Noel Spitzer beinahe eine Sensation gelungen, denn der RC Vannes musste sich dem Tabellenvierten AS Clermont-Auvergne nur mit 19:20 Punkten geschlagen geben und hätte sogar gewinnen können, „wenn wir in der zweiten Halbzeit an der Gasse nicht drei Ballverluste gehabt und vielleicht einen Straftritt mehr zu den Stangen gesetzt hätten.“ Diese Selbstkritik übt der deutsche Nationalspieler Eric Marks, der nach anfänglichen Einwechslungen seit geraumer Zeit einen Platz in der Anfangsformation der Bretonen hat.

Eric Marks, 1,96 Meter groß und 116 Kilogramm schwer, spielt in der zweiten Sturmreihe. Er ist vor 28 Jahren im schleswig-holsteinischen Heide zur Welt gekommen und mit seinen Eltern im Alter von zwei Jahren nach Aachen gezogen. Beim RC Aachen erlernte er ab seinem elften Geburtstag das Rugbyspiel. 2016 wagte er den Sprung zu Stade Rochelais-Atlantique in die Top 14, seit 2019 spielt er beim RC Vannes, das 2024 in die Eliteklasse aufgestiegen ist. „Unser Ziel ist der direkte Klassenverbleib“, sagt Eric Marks, „und ich bin zuversichtlich, dass wir in den verbleibenden zwölf Spielen den Rückstand auf Stade Français noch aufholen werden. Sieben Punkte sind nichts!“

Die ganze Bretagne, die auf der französischen Rugby-Landkarte so wenig zu finden war wie das Elsass, drückt der Mannschaft von Jean-Noel Spitzer die Daumen. Der 50-Jährige ist in Morbihan im Finistère geboren und betreut die Mannschaft seit 21 Jahren – das ist vermutlich französischer Rekord. Spitzer, den Eric Marks als „charakterstark, ausgeglichen, strukturiert und mit klarer Vision“ beschreibt, führte den Verein aus dem Amateurlager in die Top 14 und ist im Vergleich zu seinem Kollegen Christophe Urios von Clermont-Ferrand ein sehr ruhiger und besonnener Mann. „Ich komme gut mit ihm aus, weil er ehrlich ist und immer sagt, was Sache ist“, bekennt Eric Marks, der sich mit seiner Reservistenrolle zu Saisonbeginn nicht zufriedengab, sondern dem Trainer genau zuhörte, hart an sich arbeitete und sich „physisch wie spielerisch“ deutlich steigerte: „Mein Motto ist: Weiter, immer weiter! Schließlich war es immer mein Ziel, in der Top 14 zu spielen.“ Diese Haltung blieb nicht unbemerkt.


„Wir sind die Repräsentanten der Bretagne“, weiß Eric Marks, der wie seine Teamkameraden von einem Dudelsack-Pfeifer, einen Flötisten und einem jungen Trommler mit der Musik der Region auf den Rasen begleitet wird. Seit dem Erstliga-Aufstieg erfreut sich der Verein einer großartigen Unterstützung durch die regionale Wirtschaft. „Obwohl der Aufstieg erst Ende Juni feststand, ist es unserem Management gelungen, das Vereinsbudget von zwölf und zwanzig Millionen Euro zu steigern, Das ist enorm und fand in der Mannschaft große Anerkennung“, erinnert sich der brünette Lockenkopf aus Deutschland an spannende Monate im Sommer 2024.

Der RC Vannes hat sich für seine schwere Aufgabe klug verstärkt und das frische Geld nicht verplempert. Zum Team des argentinischen Nationalflankers und Kapitäns Francisco Gorrissen (30) stießen als Nummer acht der 36-jährige Sione Kalamafoni (Tonga & Auckland), der aus Wellington stammende 58-fache englische Nationalpfeiler Mako Vunipola (33), der auch mit sechs Berufungen der British and Irish Lions geehrt wurde, sowie die beiden neuseeländischen All Backs Salesi Rayasi (28/Außendreiviertel) und Francis Saili (33/Innendreiviertel). Die Fünfzehn verfügt mit Michael Ruru und Maxime Lafage über ein exzellentes Halbpaar; man ging jedoch auf Nummer sicher und hat mit dem in Wales aufgewachsenen italienischen Nationalspieler Stephen Varnay (23) einen weiteren Gedrängehalb geholt. Dass Eric Marks unter diesen Umständen einen Stammplatz erobert hat, ist aller Ehren wert.

Der 32-fache deutsche Nationalstürmer steht kurz vor dem Abschluss seines Fernstudiums im Bauingenieurwesen und möchte in der Europameisterschaft 2025 wieder für Deutschland spielen. Einem anderen Frankreich-Profi aus Deutschland ist dies leider nicht möglich: Julius Nostadt, Stammspieler in der ersten Reihe des Zweitliga-Tabellenvierten Provence Rugby, hat sich im Spiel gegen seinen ehemaligen Klub U.S. Colomiers einen Bänderriss in der Schulter zugezogen und musste operiert werden.  

 

Mittwoch, 1. Januar 2025

Rugby-Präsident Michael Schnellbach trat zurück

Der 60-Jährige aus Edingen-Neckarhausen hinterlässt einen Verband, der im Chaos zu versinken droht

Michael Schnellbach (60) aus Edingen-Neckarhausen hat zum 31. Dezember seinen Rücktritt vom Amt des Präsidenten des Deutschen Rugby-Verbandes (DRV) erklärt. Das ist bedauerlich, denn der ehemalige Geschäftsführer der Bundesgartenschau 2023 in Mannheim, der nun für die Grünflächen und Parks in der Quadratestadt in leitender Position tätig ist, wurde erst am 9. März 2024 beim Deutschen Rugby-Tag im Olympiastützpunkt Metropolregion Rhein-Neckar in das höchste Amt des seit 2009 olympischen Spitzenverbandes gewählt.

Der ehemalige Stürmer des Heidelberger Turnvereins und deutsche Vizemeister von 1994 hatte sich als Sportwart des Rugby-Verbandes Baden-Württemberg (RBW) große Verdienste erworben und war 2010 vom damaligen DRV-Präsidenten Claus-Peter Bach für das neu geschaffene Amt des stellvertretenden Vorsitzenden für das Siebenerrugby ins DRV-Präsidium gebeten worden. Diesem gehörte er 15 Jahre lang an.

In seinem Brief an die 145 Vereine, der kurioser Weise bereits einen Tag zuvor auf Facebook kursierte, erklärte Michael Schnellbach, dass es sein Ziel gewesen sei, „Gräben zwischen Vereinen, Landesverbänden und dem DRV zu schließen.“ Schnellbach erhebt Vorwürfe: „Leider überschütten einzelne Personen, ein Verein sowie ein Landesverband die Organe des DRV mit seitenlangen Anfragen, Anschuldigungen, Schiedsklagen, Anträgen beim Vereinsregister gegen Beschlüsse des Deutschen Rugby-Tages seit 2018. Dazu kommen Anzeigen bei Finanzbehörden, Staatsanwaltschaften, Berufskammern etc. gegen Organe des DRV beziehungsweise handelnde Personen, so auch gegen meine Person. Hierdurch bedingt“, so fährt Schnellbach fort, „blieb im Ehrenamt bisher leider keine Zeit, sich um die sportliche und strukturelle Weiterentwicklung unseres Verbandes, um SpielerInnen, um MitarbeiterInnen oder um Euch, unsere Mitglieder, zu kümmern, was ich sehr bedaure.“

In der Tat sah sich Michael Schnellbach seit seinem Amtsantritt mit zwei Problemen konfrontiert: Zum einen setzte seit Ende März beim DRV ein erheblicher Verlust an hauptamtlichen Mitarbeitenden ein. Nach dem Bundesstützpunktleiter Alexander Widiker (Heidelberg) haben der Geschäftsstellenleiter Simon Bittler (Heidelberg), die Jugendsekretärin Alena Abbott (Karlsruhe), der Vorstandsvorsitzende und Sportdirektor Manuel Wilhelm (Heidelberg) und Leistungssport-Referent Daniel Booth (Heidelberg) den DRV aus unterschiedlichen Gründen verlassen. Insbesondere Manuel Wilhelm, der an Silvester auch seinen letzten Arbeitstag hatte und künftig für die Hockey-Bundesliga arbeiten wird, wurde von Schnellbach und dessen Amtsvorgänger Harald Hees (Laufach) sehr geschätzt. In den Vereinen und Landesverbänden hat das Ende des Wilhelminischen Zeitalters im deutschen Rugby nicht nur Bedauern ausgelöst.

Zum anderen wurden dem dreiköpfigen Vorstand und dem als Aufsichtsrat wirkenden neunköpfigen Präsidium von Delegierten des Deutschen Rugby-Tages mündlich und seither auch schriftlich Fragen zur finanziellen Situation und einzelnen Ausgaben gestellt, die – obwohl leicht verständlich - nicht beantwortet wurden. Michael Schnellbach beteuerte noch im Juni 2024, zur Klärung der Lage den Good-Governance-Beauftragten des DRV sowie einen externen Wirtschaftsprüfer beauftragt zu haben. Deren Prüfungsergebnisse wurden bis zum Jahresende weder den Vereinen und Landesverbänden noch Mitgliedern des Präsidiums offengelegt.

Fragen sind unter vielen anderen: Warum hat der DRV Geschäftsanteile an der Oktoberfest Sevens GmbH erworben, obwohl diese Gesellschaft zum Zeitpunkt des Kaufes bereits überschuldet war und inzwischen in Konkurs gegangen ist? Von wem hat der DRV diese Geschäftsanteile gekauft? Warum hatte der DRV in den Jahren 2022 und 2023 hohe fünfstellige Kosten für Rechtsberatung? Wie ist der Status der DRV-eigenen Erich-Kraft-Stiftung, die bis zu dessen Tod im Januar 2021 von DRV-Ehrenpräsident Willi Eckert (Hannover) vorbildlich und satzungskonform geführt wurde und von der man seither nichts mehr gehört hat? Warum wurden Schiedsklagen mehrerer Vereine und eines Landesverbandes aus 2020 erst 2024 an das zuständige DRV-Schiedsgericht weitergeleitet?

Möglicherweise ist Michael Schnellbach mit seinem Rücktritt einer drohenden Abwahl zuvorgekommen. Wie Denis McGee, Vorsitzender des Berliner Rugby-Verbandes und als Vorsitzender der Vereinigung der Landesverbände Mitglied im DRV-Präsidium, am 22. Dezember um 11.42 Uhr mitteilte, „hat das Präsidium mehrheitlich den Beschluss gefasst, am 25. Januar 2025 einen Außerordentlichen Deutschen Rugby-Tag einzuberufen. Auf der Tagesordnung stehen die Information der Mitglieder auf Blick auf die aktuelle Situation des Verbandes (unter anderem strafrechtliche und steuerliche Ermittlungen gegen diverse Personen) sowie eine Ab- und Neuwahl von Präsidiumsmitgliedern (Präsident, Vizepräsident Finanzen, Vizepräsident Leistungssport).“

Michael Schnellbach trat nach nur neun Monaten als Präsident des Deutschen Rugby-Verbandes zurück. Foto: privat