Samstag, 5. November 2022

Wo Topathleten richtig stark gemacht werden

Der Olympiastützpunkt Rhein-Neckar ist 50 Jahre alt


Der 5. November 1972 war ein besonderer Tag in der Entwicklung des deutschen Sports. Denn im Neuenheimer Feld 710 wurde das Bundesleistungszentrum Heidelberg eröffnet, das durch das partnerschaftliche Zusammenwirken des Bundesinnenministeriums unter der Leitung von Hans-Dietrich Genscher, Professor Wilhelm Hahns Kultusministerium Baden-Württemberg und der Stadt Heidelberg in nur zweijähriger Bauzeit für 28,2 Millionen Mark errichtet worden war. Die Idee zum Bau dieses Förderzentrums für Basketball, Tischtennis und Volleyball und die Integration einer wettkampftauglichen Schwimmhalle sowie Räumen für das benachbarte Sportinstitut der Universität hatten Heidelbergs Oberbürgermeister Reinhold Zundel und Professor Hermann Rieder.

 

Das BLZ war einzigartig, denn erstmals wurde ein Förderzentrum gebaut, in dem Olympioniken aus mehreren Sportarten unter einem Dach trainieren und wohnen können. Bereits vor der Einweihung wurde in der bereits fertiggestellten Sporthalle, in der 2000 Zuschauer Platz fanden, mit den Weltspielen der Gelähmten, dem Vorläufer der Paralympics, eine bedeutende Veranstaltung zum Erfolg. In dieser Halle fanden der USC Heidelberg und später die MLP Academics bis 2021 ihre sportliche Heimat. Der USC feierte dort am 24. März 1973 durch einen 71:70-Endspielsieg nach Verlängerung über den MTV Gießen seine achte deutsche Basketball-Meisterschaft.

 

Leiter des BLZ, das am 28. November 1997 zum Olympiastützpunkt Metropolregion Rhein-Neckar (OSP) wurde, war von Beginn an der USC-Spieler und Meistertrainer Hans Leciejewski, den alle Welt „Lambi“ nannte und der als Leistungssport-Vizepräsident des Deutschen Basketball-Bundes (DBB) dafür sorgte, dass in Heidelberg viele Basketball-Länderspiele, aber auch internationale Wettkämpfe im Volleyball, Tischtennis und Schwimmen stattfanden. 1981 stellte der Kanadier Alex Baumann (heute 58) im BLZ-Becken einen Weltrekord über 200 m Lagen auf, ehe er 1984 in Los Angeles Olympiasieger über 200 und 400 m wurde.

 

Hans Leciejewski, der 2008 in den Ruhestand ging und von Nicolas Wucherer (Würzburg) abgelöst wurde, verstarb 2017 in Alter von 73 Jahren. Er hat den OSP geprägt und zu einem Servicezentrum des Hochleistungssports ausgebaut, an dem rund 300 Athletinnen und Athleten trainingswissenschaftlich, physiotherapeutisch, sportmedizinisch, orthopädisch, psychologisch und ernährungswissenschaftlich betreut werden.

 

Ein wichtiger Schwerpunkt der Arbeit liegt auf der von Jochen Zürn und Christoph Steinbach koordinierten Laufbahnberatung, denn die Talente sollen nicht nur im Sport, sondern auch in der Schule, im Stadium und im Beruf erstklassige Leistungen erbringen können. „Duale Karriere“ heißt das Zauberwort, Hausaufgabenbetreuung, Stützunterricht, Studienplatzsuche, Ausbildungs- und Arbeitsplatzvermittlung werden angeboten.

Mitarbeitende mit Legendenstatus sind die Doctores Birgit Friedmann und Michael Weiß, die Psychologin Petra Dallmann, der Leistungsphysiologe Joachim Jost, Christel Hopf und Bärbel Heckmann als gute Geister in der Verwaltung und Krafttrainer Helmut Müller (†). Aufgrund ihres Wissens und Könnens ist der OSP weltberühmt. US-Schwimmstar Mark Spitz war ebenso zu Besuch wie fast alle Sportminister aus Afrika.

 

Nachdem Wucherers merkwürdige Tätigkeit nach nur neun Monaten zu Ende gegangen war, kehrte Hans Leciejewski kurzzeitig zurück, ehe Daniel Strigel 2010 vom Mono-OSP der Fechter in Tauberbischofsheim nach Heidelberg wechselte und seither einen der erfolgreichsten Olympiastützpunkte leitet. In Tokio 2021 gewannen die Weitspringerin Malaika Mihambo aus Oftersheim und der Kanute Max Lemke aus Mannheim Goldmedaillen und der Ringer Denis Kudla (27/Schifferstadt) seine zweite Bronzemedaille nach 2016. Kudla hat inzwischen seine Laufbahn beendet und das Abitur nachgeholt. Note: 1,0.

 

Inzwischen ist der OSP Bundesstützpunkt für die in Heidelberg angesiedelten Sparten Boxen, Ringen, Schwimmen und Siebenerrugby, die in Mannheim stationierten Hockeyspieler und Leichtathleten, die in Karlsruhe betreuten Kanuten und Tischtennis-Asse, die Golfenden in St. Leon-Rot und die Gewichthebenden in Leimen. Auch die Handballer, Fußballerinnen und Eishockeyspieler der Kurpfalz werden betreut, während Eiskunstlaufen wegen schwacher Leistungen seinen Stützpunktstatus am Jahresende verliert. Weitere etwa 300 Athleten werden bei Lehrgängen ihrer Nationalteams betreut. Daniel Strigel ist zuversichtlich, dass in Heidelberg auch künftig olympische Erfolge wahrscheinlicher gemacht werden können.

 

„Eine größere Herausforderung ist es, Trainernachwuchs zu finden und zu stärken. Und es wäre ein großer Fehler, auf attraktive Sportangebote für Kinder und Jugendliche zu verzichten“, mahnt der OSP-Leiter.

 

Während der OSP früher von einem Verein getragen wurde (Heinz Janalik und Michael Hölz waren verdienstvolle Präsidenten), so wurde im Zuge der Spitzensportreform des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) der Landessportverband Baden-Württemberg zum Träger der OSPs in Freiburg, Heidelberg und Stuttgart. LSV-Vizepräsident Gert Rudolph (Karlsruhe) führt das Leitungsgremium, dem auch Michael Hölz, Wolfgang Lachenauer, Gordon Rapp und Frank Mantek als Stellvertreter sowie Gert Bartmann (Heidelberg) und Uwe Kaliske (Mannheim) als kommunale Repräsentanten angehören.

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