Dienstag, 20. Juli 2021

„Alle deutschen Athleten sollen gesund nach Deutschland zurückkehren“

DOSB-Präsident Alfons Hörmann zu Olympia in Tokio


Alfons Hörmann (60) aus Sulzberg im Oberallgäu ist seit Dezember 2013 Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). Der frühere Chef des Deutschen Ski-Verbandes führt die deutsche Equipe zu den Olympischen Spielen nach Tokio, wird aber nach verbandsinternen Angriffen Ende des Jahres nicht für eine dritte Amtszeit kandidieren. Claus-Peter Bach blickte mit Alfons Hörmann nach Tokio.

 

Herr Präsident Hörmann, der deutsche Sport geht in Tokio mit einer großen Olympiamannschaft in die Wettkämpfe. Was trauen Sie Ihren Sportlerinnen und Sportlern zu?

 

Wir erhoffen uns einfach, dass die Athletinnen und Athleten des Teams Deutschland ihre bestmöglichen Leistungen zeigen und erneut wertvolle Botschafter unseres Landes sein werden. Aufgrund der Pandemie werden das ganz besondere Spiele, für die Voraussagen noch schwieriger sind als normalerweise. Doch die Athletinnen und Athleten werden wieder einmal ihr Bestes geben.

 

Sie hoffen darauf, dass die deutschen Olympiateilnehmenden beim Wettkampf ihres Lebens Bestleistungen erreichen können. Ist das nach so langer Wettkampfpause überhaupt möglich?

 

Die Athletinnen und Athleten haben sich aus meiner Sicht nach der zeitlichen Verschiebung um ein Jahr hervorragend auf die neuen Bedingungen eingestellt, so dass wir sicher sind, dass sie in Tokio bestens vorbereitet an den Start gehen. Natürlich hat es die Vorbereitung erschwert, dass zum Teil fast das gesamte Wettkampfsystem weggefallen ist. Da fehlt der internationale Vergleich, aber das geht ja allen internationalen Sportlern ähnlich.

 

Wie würden Sie die Vorbereitungen im Vergleich zu Rio 2016 beschreiben?

 

Das ist sicher nicht für alle gleich zu beantworten, es hängt sehr von den individuellen Bedingungen ab und ist auch deutlich unterschiedlich in den verschiedenen Sportarten. Teilweise konnte früh schon intensiv trainiert werden, teilweise erst viel später. Hallensportarten, vor allem auch Zweikampf- und Spielsportarten, hatten es weit schwerer als die, die im Freien individuell trainieren konnten. Aber insgesamt gehen wir schon davon aus, dass nun, ein Jahr später, die Vorbereitung sehr gut war.

 

Die Athletinnen und Athleten hatten zur Vorbereitung ein Jahr mehr zur Verfügung – ist das gut oder schlecht?

 

Auch das kann man nicht für alle gleich beantworten. Für manche war es sogar ein Vorteil, um vielleicht eine Verletzung auszukurieren oder eine dringend notwendige Regenerationszeit einzulegen und dadurch Leistungsverbesserungen zu erreichen, andere dagegen waren im vergangenen Jahr in Topform und kommen vielleicht 2021 nicht mehr ganz an diese Leistungen heran. Die verzögerte Umsetzung der Spiele wird zu Gewinnern und Verlierern führen.

 

Wurde der Kampf gegen das Doping während des weltweiten Sport-Lockdowns konsequent weitergeführt oder haben die deutschen Olympioniken unfaire Wettkampfbedingungen?

 

Auch in diesem Thema besteht dieses Mal eine weit größere Ungewissheit als das bereits unter normalen Umständen der Fall wäre. Keiner kann wohl genau antizipieren, welche Kontrollszenarien weltweit seitens der Wada und der nationalen Antidopinginstitutionen konkret umgesetzt wurden. Die Folgen werden wir vielleicht schon während, aber sicher nach den Olympischen Spielen besser einschätzen können.

 

Auf welche Wettkämpfe freuen Sie sich am meisten, welche Talente wollen Sie besonders intensiv beobachten?

 

Aufgrund der besonderen Rahmenbedingungen wird die Auswahl der Wettkämpfe dieses Mal kein Wunschkonzert, sondern wir werden wohl eher das ansehen, was eben gerade möglich ist. Doch der bunte Mix aus den vielen Sportarten bringt dann so oder so allemal auch interessante Wettkämpfe und Erlebnisse. Ich freue mich einfach darauf, möglichst viele Team D-Mitglieder beim Wettkampf erleben und unterstützen zu können.

 

Und schließlich eine Frage, die doch sein muss: Wo erwarten Sie Ihr Sportdeutschland im Medaillenspiegel?

 

Natürlich wollen wir weiterhin eine der weltweit führenden Nationen bleiben. Doch wir beobachten und bewerten sehr viel individueller: Ist es den Athleten gelungen, in Höchstform bei den Spielen anzutreten? Ist es vielleicht ein junger Athlet oder eine junge Athletin, die allein durch das Erreichen des Halbfinales einen großen persönlichen Erfolg erzielte? Natürlich freuen wir uns über Medaillen. Wir wollen den Erfolg, aber nicht um jeden Preis. Uns ist es mindestens so wichtig, dass die Mitglieder des Teams Deutschland als hervorragende Botschafter des deutschen Sports und unseres Landes auftreten. Und nicht zuletzt: Unser wichtigstes Ziel bei diesen besonderen Spielen ist, dass alle gesund sind, bleiben und gesund wieder nach Deutschland zurückkehren.


Alfons Hörmann führt die deutsche Olympiamannschaft in Tokio an. Foto: dpa



Schneller schlauer mit der Rhein-Neckar-Zeitung! 

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