„Auf einem guten Weg nach Olympia 2020“
Gespräch mit Michael
Schnellbach, Vizepräsident des Deutschen Rugby-Verbandes
Die deutschen
Rugby-Nationalmannschaften haben 2018 außergewöhnliche Erfolge gefeiert. Die
Männer belegten in der Europameisterschaft im klassischen Fünfzehnerrugby den
dritten Rang und haben die Siebenerrugby-EM nach dem vierten und letzten
Turnier in Lodz mit dem zweiten Rang im Gesamtklassement abgeschlossen. Nur
Irland war besser. Die Fünfzehnerrugby-Frauen haben bei der EM in Brüssel
Bronze gewonnen. Da ist es zu verschmerzen, dass die Siebenerrugby-Frauen
nach nur einem Jahr aus der EM-Division 1 abgestiegen sind.
Michael Schnellbach ist
nach der Strukturreform des Deutschen Rugby-Verbandes (DRV) vom Juli 2018 als
Leistungssport-Vizepräsident für alle Nationalteams zuständig. Der 54-jährige
Geschäftsführer der Bundesgartenschau 2023 in Mannheim lebt in
Edingen-Neckarhausen.
> Herr
Schnellbach, zwei Mal Bronze und einmal Silber in der EM – ist Deutschland
plötzlich eine Rugby-Topnation?
Wir sind auf einem
guten Weg, den wir 2012 eingeschlagen haben und der uns zu den Olympischen
Spielen 2020 in Japan führen soll. Die Ergebnisse 2018 sind die Früchte einer
langfristig angelegten Aufbauarbeit, aber ein bisschen Glück gehört auch
dazu.
> Das
Siebenerrugby-Team ist das Aushängeschild Ihres Verbandes. Wie bewerten Sie
diese Vize-Europameisterschaft?
Ich bin unheimlich
glücklich darüber, weil es unserem Team mit Sportdirektor Manuel Wilhelm und
den Trainern Vuyo Zangqa und Clemens von Grumbkow endlich gelungen ist, sich
für gute Leistungen selbst zu belohnen. Wir haben bei drei der vier
EM-Turniere das Endspiel bestritten und liegen im Gesamtklassement vier
Punkte vor dem drittplatzierten Titelverteidiger Russland, sechs Punkte vor
Vizeweltmeister und Olympiafinalist England, zwölf Punkte vor dem
siebenfachen Europameister Portugal, 14 Punkte vor Frankreich, 30 Punkte vor
Italien und 36 Punkte vor Ex-Weltmeister Wales und Olympia-Teilnehmer Spanien.
Wir haben uns in einem Jahr um drei Ränge verbessert.
> Welches sind
die nächsten Aufgaben Ihrer Himmelsstürmer?
Wir haben demnächst
eine Sichtung mit 31 Spielern, von denen wir drei zu einer dreimonatigen
Intensivausbildung an die Stellenbosch Academy nach Südafrika schicken. Das
Team bestreitet Turniere im Oktober in Chester, im Dezember in Dubai, im
Januar in Argentinien, Chile und Uruguay, im Februar in Durban, im März in
Italien und im April in Hongkong, wo wir uns für die World Sevens Series
qualifizieren möchten. Dann folgen vier EM-Turniere und die
Olympia-Qualifikation.
> Der jahrelang
beste deutsche Spieler Fabian Heimpel von der RG Heidelberg war in Lodz nicht
mit dabei. Warum?
Die Trainer haben das
so entschieden, um andere Spieler zu belohnen. Fabs ist weiter im Kader, aber
die Konkurrenz ist größer und besser geworden. Als Beispiel möchte ich den
21-jährigen Tim Lichtenberg von der RGH nennen, der als neuer Kapitän sofort
überzeugt und eine unglaublich gute Saison gespielt hat.
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Wir können inzwischen
aus 45 guten Spielern auswählen und haben semiprofessionelle Strukturen. Elf
Spieler sind Sportsoldaten, drei sind Landespolizisten in Niedersachsen. Die
Stiftung Deutsche Sporthilfe unterstützt die Spieler gut. Wir haben aber auch
ganz fleißige Studenten wie Fabian Heimpel und Carlos Soteras-Merz, die
mitten im EM-Stress ihren Master gemacht haben und nun arbeiten werden.
> Dank der
Betrügereien der Belgier, Rumänen und Spanier ist das Fünfzehnerrugby-Team
auf EM-Platz drei geklettert und darf im November in Marseille um die
erstmalige WM-Teilnahme spielen. Wie sind die Chancen?
Unser großer
Trainerstab unter der Leitung des neuen Bundestrainers Mike Ford arbeitet
daran, den besten Kader zusammenzustellen. Hongkong und Kenia haben wir
früher schon geschlagen, Kanada oder wir werden zur WM nach Japan reisen. Das
spielen wir im direkten Kräftemessen aus. Ich bin gespannt.
> Mike Ford ist
im Weltrugby ein großer Name, er war mit England Vizeweltmeister 2007. Wie
kamen Sie an diesen Toptrainer heran?
Mit Unterstützung von
World Rugby und Dr. Hans-Peter Wild. Mike hatte Interesse und Zeit.
RNZ vom 15. September 2018
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