Sonntag, 22. Dezember 2024

Kein Spitzenturnen mehr in Heidelberg

Die KTG hat ihre Riege aus der Deutschen Turn-Liga abgemeldet – Zu wenige Turner und zu wenig Geld

Das Jahr 2024 geht für den Sport in der Kurpfalz mit Rückschlägen zu Ende. Kaum eine Woche nach dem Auseinanderbrechen der Ringer-Kampfgemeinschaft Ladenburg/Schriesheim, die als Kurpfälzer Löwen und großen Hoffnungen in die Oberliga gestartet war, hat die Kunstturn-Gemeinschaft Heidelberg ihre Männer-Riege aus der Deutschen Turn-Liga (DTL) zurückgezogen.

In der Saison 2024 hatte die Mannschaft von Trainer Daniel Morres (28) von sieben Wettkämpfen in der 2. Bundesliga Nord nur einen gewonnen, damit aber mit zwei Wertpunkten und -26 Gerätepunkten als Tabellensiebter vor der niedersächsischen TuS Vinnhorst II (2/-36) den Klassenverbleib geschafft. Nun aber, nach einer Sitzung des Vereinsvorstandes, ist Schluss. Die KTG wird 2025 überhaupt keine Mannschaft melden, weder in der 2. noch in der 3. Bundesliga der DTL. 

„Wir haben in der letzten Woche verschiedene Optionen besprochen, doch wir mussten feststellen, dass wir nicht genügend leistungsstarke Turner zur Verfügung hätten, um eine konkurrenzfähige Mannschaft für die 2. oder 3. Liga stellen zu können“, begründete der KTG-Vorsitzende Professor Dr. Henning Plessner die schwerwiegende Entscheidung. Der 59-jährige Psychologe, Direktor des Instituts für Sport und Sportwissenschaft der Universität Heidelberg, führt die KTG seit elf Jahren an und lässt erkennen, dass ihm und seinen Mitstreitenden dieser Schritt nicht leichtgefallen ist: „Wir hatten keine andere Wahl, denn uns fehlen die Ressourcen, um in der DTL zu bleiben.“

Die KTG hätte in eine Riege für 2025 enorm investieren müssen, das weiß auch der turnende Trainer Daniel Morres, für den die jüngste Entwicklung der KTG „sehr bedauerlich“, ja sogar „schockierend“ ist. Nachdem die KTG den Zweitliga-Klassenverbleib nur hauchdünn und mit dem für die letzten beiden Wettkämpfe in Kirchheim gegen Vinnhorst II und in Dillingen gegen die TG Saar II von seinem Studienaufenthalt in Tokio zurückgekehrten Shimon Aoki (20) geschafft hatte, verkündeten außer Aoki auch Leon Wendt (22), der beste KTG-Turner des Jahres, sowie Joel Schauwienold (20) und Lorenz Steckel (19), dass sie 2025 im Ausland studieren werden. „Damit war klar, dass wir zu wenige Turner haben werden“, schätzte Daniel Morres die Lage realistisch ein.

Natürlich hat man in der KTG darüber nachgedacht, die Lücken durch die Verpflichtung von auswärtigen Turnern zu schließen, „doch dafür fehlen dem Verein die Mittel,“ sagte Morres. Das bestätigt Henning Plessner, der das zur Verfügung stehende Geld lieber in die Nachwuchsförderung investieren möchte – wobei man eher von Nachwuchsfindung sprechen müsste, denn hinter der Riege von 2024 klafft ein „Riesenloch. Das nächste Talent, dem wir einen Sprung in die DTL zutrauen, heißt Timon Kanther und ist erst 13 Jahre alt. Timon gehört dem Turn-Team Baden an und turnt gegenwärtig aber in Herbolzheim, weil wir nicht genügend Talente in seinem Alter haben,“ bedauert Henning Plessner und liefert eine mögliche Erklärung: „Durch Corona sind uns sehr viele Talente weggebrochen.“

Nun wird es fünf, sechs Jahre dauern, bis die KTG wieder an einen Start in einer DTL-Liga denken darf. Seit 2007 turnten die Heidelberger auf Bundes-Niveau, 2007, 2009, 2011 und 2015 gehörten sie sogar - mit den Eigengewächsen Andreas und Sebastian Hofer, Kenji Howoldt, Manfred Jäger, Michael Wilhelm, Christian Berczes und anderen – der Bundesliga an. Dan Potra, Flavius Koczi, Christian Rehfeld und Thomas Seitel verstärkten die KTG-Riege und zeigten begeisternde Leistungen. Nur Seitel, inzwischen 36, turnt noch in der obersten Liga. Er ist seit 2018 der Lebensgefährte von Helene Fischer.

Freitag, 6. Dezember 2024

Stade Toulousain neuer Partner des RBW

Der französische Rekordmeister und der Landesverband bilden gemeinsam aus

Der französische Spitzenklub Stade Toulousain und der Rugby-Verband Baden-Württemberg (RBW) gehen in der Ausbildung von Talenten, Ausbildern und Trainern (m, w, d) künftig gemeinsame Wege. Das vereinbarten Émile Ntamack (54), der Direktor der Akademie von Stade Toulousain, und der RBW-Vorsitzende Claus-Peter Bach (67) per Handschlag am 4. Dezember 2024 in München am Rande der Internationalen Sportartikelmesse (ISPO).

„Es ist uns eine Freude, mit Baden-Württemberg als führendem deutschen Landesverband eng zusammenzuarbeiten“, sagte Émile Ntamack. „Es ist uns eine große Ehre, eine Partnerschaft mit dem besten Rugbyverein Europas einzugehen, von der unsere vielen Talente und die Übungsleiter und Trainer unserer Mitgliedsvereine enorm profitieren werden“, freut sich Claus-Peter Bach und fügt hinzu: „Es ist wichtig, dass wir jetzt neue Wege beschreiten, die Augen offenhalten und Neues lernen. Es bringt unsere Spielerinnen und Spieler und unsere Trainerinnen und Trainer nicht weiter, wenn wir immer im eigenen Saft schmoren. Wir müssen uns an den Besten orientieren, um uns zu verbessern.“

Konkret wurde vereinbart, dass die ST-Akademie beim RBW-Sommercamp vom 8. bis zum 13. September 2025 Ausbilder und Trainer nach Heidelberg entsendet, die tagsüber Spielerinnen und Spieler der Altersklassen U10, U12 und U14 schulen und zwischen 17 und 20 Uhr sowie am gesamten Samstag Übungsleiter und Trainer aller Vereine Baden-Württemberg aus- und fortbilden. Die Stunden werden auf die Lizenzaus- und -fortbildung angerechnet, wie RBW-Lehrwart Jan Ceselka festlegte. Beim Sommercamp wird es erstmals auch einen Kurs für Rugby-Anfänger geben.

ST prüft die kurzfristige Teilnahme einer U16-Mannschaft an den Heidelberg Sevens (27. – 29. Juni 2025) und wird die U18- und U16-Auswahlen des RBW in den Herbstferien 2025 zu Trainings und Spielen in Toulouse empfangen. 2026 wird das Ausbildungsprogramm fortgesetzt und auf die Mädchenauswahlen erweitert. Talentierte Spielerinnen und Spieler sowie ambitionierte Trainerinnen und Trainer sind ab sofort zu kurz-, mittel- und langfristigen Hospitanzen in Toulouse willkommen.

Stade Toulousain wurde 1907 gegründet und hat die französische Rugby-Meisterschaft seit 1912 23-mal gewonnen, zuletzt am 28. Juni 2024 durch einen phänomenalen 59:3-Endspielsieg über die Union Sportive Bègles-Bordeaux. Außerdem hat der Verein sechsmal die europäische Champions League um den Heineken-Cup gewonnen, erstmals 1996 mit Kapitän Émile Ntamack, letztmals 2024. Trainer ist der ehemalige Nationalspieler Ugo Mola, der 39 Profis und 24 Talente unter Vertrag hat. Unter den Berufsspielern sind 25 Nationalspieler aus zehn Nationen. Verbindungshalb Romain Ntamack (25) und Flankenstümer Théo Ntamack (22) sind die Söhne von Émile Ntamack. Romain gilt als einer der genialsten Spielmacher der Welt.

Émile Ntamack bestritt das erste seiner 46 Länderspiele als Schlussmann im Mai 1993 in Hannover gegen Deutschland (27:71), gewann 1997 den Grand Slam im Fünf-Nationen-Turnier, Bronze bei der WM 1995 in Südafrika und Silber bei der WM 1999 in Großbritannien. Das 43:31 der Franzosen im Halbfinale von Twickenham gegen Neuseeland (mit Jonah Lomu) zählt zu den größten Rugbyspielen aller Zeiten. Er war 1995 Frankreichs Rugbyspieler des Jahres. 2006 führte er die französische Mannschaft als Trainer zur U21-Weltmeisterschaft.


Sie wagten einen wichtigen Schritt in die gemeinsame Zukunft: Claus-Peter Bach, Émile Ntamack und Thierry Deyber (v.l.).  Foto: privat