Sonntag, 30. Oktober 2022

Alles nur eine Frage des Stils?

Über den Untersuchungsbericht zur Intrige gegen DOSB-Präsident Alfons Hörmann


Wer im sonnigen Herbst 2021 die Medienberichte über den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) verfolgte, konnte den Eindruck gewinnen, dass dessen Präsident Alfons Hörmann (62) der größte Schuft auf Erden sei. Nachdem eine „DOSB-Mitarbeiterschaft“ am 6. Mai 2021 eine zweite anonyme E-Mail an Präsidium, Vorstand und einige Medien gesandt hatte, sahen sich Hörmann und die Vorstandsvorsitzende Veronika Rücker (52) schweren Vorwürfen ausgesetzt. Eine erste Nachricht war vier Monate zuvor an Betriebsräte geschickt worden, die wegen der Anonymität des Absenders aber nicht reagierten.

 

„Mehr als ein Drittel der Mitarbeitenden“, heißt es in der E-Mail vom Mai, litten unter einer „Kultur der Angst“ und begründeten, „warum wir eine/n neue/n Präsident/in brauchen“. Der Mann, der in seinen kämpferischen Auseinandersetzungen mit der Politik, manchen Medien, dem IOC und internen Widersachern im DOSB und einigen Fachverbänden stets „Klarheit und Wahrheit“ für sich reklamiert hatte, stand am Pranger. Er habe die im „Haus des Sports“ in Frankfurt geltenden Hygieneregeln verletzt und keine Mund-Nasen-Bedeckung getragen. Er sei fordernd, einschüchternd, rücksichtslos und herablassend aufgetreten, habe gegen Mitarbeitende offenen Tadel geäußert und in einem Fall einen Bleistift in Richtung einer Dame geworfen, die während einer Videokonferenz im gleichen Raum weilte und mit einer anderen Dame schwatzte.

 

Das wirft natürlich Fragen auf: Darf ein Chef heutzutage, also nach der Zeitenwende, noch laut werden? Darf er seine Mitarbeitenden zu Disziplin und Höchstleistungen animieren? Darf er Arbeitsergebnisse einfordern und Kritik äußern, wenn ihm diese zu schlecht erscheinen? Hörmann fühlt sich, wohl bis heute, keines Fehlverhaltens schuldig, zumal ihm eine Ethikkommission unter Vorsitz des vormaligen Bundesministers Thomas de Maizière verschwurbelt bescheinigte, sich zwar kritikwürdig, aber niemals strafrechtlich relevant verhalten zu haben. Fazit der Ethiker: Man könne Hörmann böse sein, aber eigentlich nur aus stilistischen Gründen.

 

Der Präsident aber war tief beleidigt und so verstört, dass er immer weniger zwischen Freund und Feind unterscheiden konnte und im Dezember 2021 seinen Rückzug vom höchsten Amt des deutschen Sports verkündete.

 

Die neue DOSB-Führung unter Präsident Thomas Weikert wollte verstehen, setzte eine „Aufarbeitungskommission“ ein und entband die Mitarbeitenden von Verschwiegenheitspflichten. Die Kommission untersuchte die Causa penibel und legte nun einen 43-seitigen Bericht vor. Sie wurde von namhaften Juristen geleitet: Von der Wiesbadener Rechtsanwältin Christa Thiel (68), der ehemaligen Präsidentin des Deutschen Schwimm-Verbandes und DOSB-Vizepräsidentin für Leistungssport (2010 bis 2014), und von Clemens Basdorf (73), von 2006 bis 2014 Vorsitzender des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofs in Leipzig.

 

Sie haben sich alle Mühe gegeben, Licht ins Dunkel der Intrige zu bringen. Aber auch sie – wie die von Hörmann beauftragten Anwälte, Sprachgutachter und Forensiker – konnten den/die Autor/en der E-Mails nicht identifizieren. Ob sich ihr Blick auch nach Nordrhein-Westfalen und in die Schweiz gerichtet hat, wissen wir nicht.

 

Ihr Urteil über Hörmann besagt: Hygieneverstoß ja – geschenkt. Harscher Umgangston ja – nicht schön, aber auch nicht sooo schlimm. Alle Verdächtigungen Hörmanns, was die Urheberschaft der E-Mails betrifft – nicht zu beweisen. Die Kommunikation des DOSB nach Bekanntwerden der Affäre – eine einzige Katastrophe. Besonders peinlich: Eine Ehrenerklärung des Präsidiums pro Hörmann, von der sich Unterzeichner anderntags öffentlich distanzierten.

 

Kann ein Sportbund mit rund 200 Mitarbeitenden, einer Kommunikations- und Rechtsabteilung nicht professioneller arbeiten? Muss ein Sportverband mit Justiziar „deutlich mehr als 700 000 Euro“ für Anwälte ausgeben? Deshalb: Die Attacken auf Hörmann, aber auch dessen Kampf mit Windmühlen, waren für den Sport nicht gut – und haben viel zu viel Geld gekostet.


Montag, 24. Oktober 2022

Die KTG Heidelberg hat den Klassenverbleib geschafft

Über die 2. Kunstturn-Bundesliga

Die KTG Heidelberg hat den Klassenverbleib in der 2. Kunstturn-Bundesliga Süd „endgültig geschafft.“ Das steht für den 29-jährigen Trainer Michael Wilhelm nach dem unerwartet klaren 43:23 (18:15)-Heimsieg über den Tabellenzweiten KTV Ries fest, mit dem sich die Heidelberger Riege vor 120 Zuschauern auf dem dritten Rang etablierte „und nun nach oben schauen darf“ (Wilhelm).

 

Die von Wilhelm und dem seit rund 15 Jahren mit der KTG verbundenen und aus dem zerstörten Cherson stammenden Ukrainer Oleksandr Babanko betreute Riege, in der sich die 18-jährigen Carl und Lorenz Steckel, Joel Schauwienold und Shimon Aoki prächtig entwickeln, zeigte gegen den Zusammenschluss dreier Vereine aus dem Donautal den besten Wettkampf der Saison, erzielte mit 301,25 Wettkampfpunkten eine Steigerung um acht Zähler und weckte Hoffnungen auf weitere Erfolge in den beiden letzten Wettkämpfen am Samstag bei Aufsteiger MTV Ludwigsburg und am 12. November um 18 Uhr in der Kirchheimer Sporthalle gegen die noch punktlose TG Allgäu. „Unsere starke Teamleistung macht mir Mut“, sagte Michael Wilhelm.

 

In den frühen Abendstunden des Samstags war Wilhelm fröhlich, gelöst und „zufrieden, weil ich mit einem solchen Ergebnis überhaupt nicht gerechnet habe – ich hatte eher das Gegenteil befürchtet.“ Aber gegen das Team des starken Sechskämpfers Lucas Buschmann, der wie der an fünf Geräten aufgebotene Maximilian Henning neun Scorepunkte holte, turnten die Heidelberger kontrolliert, mutig, selbstbewusst und sicher und gewannen am Boden mit 10:2, am Sprung mit 9:4, am Barren mit 8:0 und am Reck abermals mit 8:4. Am Seitpferd gab es ein 3:3, und das 5:10 an den etwas zu heftig schaukelnden Ringen war zu verschmerzen, zumal es Michael Wilhelm auf seine Kappe nahm: „Da habe ich taktisch falsch entschieden.“

 

Überhaupt herrschte in der angesichts der angebotenen spektakulären Leistungen viel zu schlecht besuchten Halle eine sehr angenehme Atmosphäre: Nach freundlichem Applaus zum 57. Geburtstag des KTG-Vorsitzenden Professor Henning Plessner kam es am Barren und Reck zu Zweikämpfen der Spitzenkräfte, die Heidelbergs Japaner Tomoya Kashiwagi gegen den Briten Euan Cox (12,80:12,65) beziehungsweise gegen Maximilian Henning (13,65:12,30) gewann, was die beiden Gäste zum Anlass nahmen, eilig etliche Geräte zu umkurven und ihrem Bezwinger mit Handschlag und kleiner Verbeugung zu gratulieren.

 

Tomoya Kashiwagi ergatterte 22 Scorepunkte, mithin mehr als die Hälfte seiner Riege, und erhielt mit 14,25 am Sprung auch die höchste Wertung. Marvin Rauprich mit einem blitzsauberen Sechskampf und Karl-Ole Gäbler (je 6), Lorenz Steckel (5), Shimon Aoki (3) sowie Joel Schauwienold (1) punkteten ebenfalls. Kashiwagi ist nach fünf Wettkämpfen mit 95 Scorepunkten bester Turner der 2. Liga Süd, Maximilian Henning aus Ries liegt mit 52 Punkten auf Rang fünf.

 

KTG Heidelberg - KTV Ries 43:23 Scorepunkte, 9:3 Gerätepunkte, 301,25:291,65 Wettkampfpunkte, Boden: Marvin Rauprich - Euan Cox 0:2, Karl-Ole Gäbler - Lukas Leonhardt 5:0, Tomoya Kashiwagi - Lucas Buschmann 4:0, Joel Schauwienold - Justus König 1:0 = 10:2.

Seitpferd: Gäbler - Buschmann 0:2, Kashiwagi - Leonhardt 3:0, Shimon Aoki - Maximilian Henning 0:1, Rauprich - Cox 0:0 = 3:3.

Ringe: Lorenz Steckel - Buschmann 0:3, Rauprich - Henning 0:4, Carl Steckel - Cox 0:3, Kashiwagi - Sven König 5:0 = 5:10.

Sprung: Aoki - Henning 0:4, L. Steckel - Buschmann 2:0, Rauprich - Cox 2:0, Kashiwagi - S. König 5:0 = 9:4.

Barren: L. Steckel - Buschmann 3:0, Rauprich - Henning 1:0, Kashiwagi - Cox 1:0, Aoki - Gustav Kern 3:0 = 8:0.

Reck: Kashiwagi - Henning 4:0, C. Steckel - Buschmann 0:4, Rauprich - Kern 3:0, Gäbler - Cox 1:0 = 8:4.

 

Die KTG Heidelberg bleibt Zweitligist, stehend v. l. n. r.: Co-Trainer Moritz Ehrhardt, Trainer Michael Wilhelm, Lorenz Steckel, Marvin Rauprich, Daniel Morres, Physiotherapeutin Jenny Stein und Co-Trainer Oleksandr Babenko; knieend v.l.n.r.: Shimon Aoki, Carl Steckel, Joel Schauwienold, Tomoya Kashiwagi und Karl-Ole Gäbler. Foto: Klaus Kreutz

Freitag, 7. Oktober 2022

"Im Paradies" ist da!

Doch, doch, liebe Leserin, lieber Leser und liebes Leserlein, es ist wirklich reiner Zufall, dass mein neues Buch an dem Tag erschienen ist, an dem der Literatur-Nobelpreis 2022 verliehen wurde. "Im Paradies - Eine Kindheit in Neuenheim" schildert auf 80 reich bebilderten Seiten und in acht Kapiteln das wilde Leben der Kinder in Heidelberg-Neuenheim der frühen 1960-er Jahre.


Das Buch gibt es für 15 Euro in der Buchhandlung Schmitt & Hahn (Brückenstr. 7) und bei Zeitschriften Hillenbrand (Brückenstr. 7) in Neuenheim sowie bei der Rhein-Neckar-Zeitung (Neugasse 2) in der Stadtmitte.

Ihre Bestellungen richten Sie bitte an clauspeterbach@gmail.com - Sie erhalten das Buch sodann per Post und mit Rechnung (15 Euro zuzüglich 3 Euro Versandkosten).

Außerdem  verfügbar: "Zwischenrufe eines Papageis".

Ich wünsche Ihnen ein Lesevergnügen! 
Ihr Claus-Peter Bach