Dienstag, 30. November 2021

Er führte 750 Sportstudierende durchs Staatsexamen

Am 24. November 2021 in Roland Vierneisel gestorben

Während seines Wirkens am Institut für Leibesübungen der Universität Heidelberg, das seit langem Institut für Sport und Sportwissenschaften heißt und einen exzellenten Ruf genießt, hat Roland Vierneisel rund 750 Studierende im Staatsexamen geprüft, nachdem sie bei ihm, dem passionierten Leichtathletik-, Fußball- und Skilehrer, die praktische Sportausübung gelernt und in Vorlesungen und Seminaren alles erfahren hatten, was man in Trainingslehre und Sportgeschichte wissen musste.

 

Roland Vierneisel, am 5. März 1929 in Unterschlüpf im Taubertal als Sohn eines Hauptlehrers und dessen Frau geboren, besuchte nach der Volksschule die Oberschule in Wertheim, die wegen der Kriegsschäden 1945 und 1946 geschlossen war, weshalb das Abitur erst 1950 gefeiert wurde. Ab dem Wintersemester 1950/51 studierte er an der Deutschen Sporthochschule in Köln und belegte Geografie und Geschichte an der dortigen Uni. Nachdem er tüchtig Gas gegeben hatte – wie als Fußballer mit frühen Knieproblemen und als Mehrkämpfer mit Platz fünf im Fünfkampf der deutschen Leichtathletik-Meisterschaften im August 1954 im Hamburger Volksparkstadion, wo der „weiße Blitz“ Heinz Fütterer aus Illingen die Sprints und Friedel Schirmer aus Langenhagen den Zehnkampf gewannen –, war Vierneisel schon 1953 Diplomsportlehrer und bewarb sich bei Professor Otto Neumann in Heidelberg als Assistent.

 

„Ich hoffe, dass Sie bestimmt Wege finden werden für eine angemessene Bezahlung, die der Arbeit eines Sportlehrers an einem Institut für Leibesübungen entspricht“, schrieb der selbstbewusste Bewerber. Neumann, Mannheims 4 x 400-m-Olympiazweiter von 1928, förderte den jungen Kollegen, der nach dem Referendariat am Helmholtz-Gymnasium und einer Anstellung als Studienassessor in Heilbronn ab 1962 als Akademischer Rat an der Uni Heidelberg arbeitete und das Sportinstitut 1994 als Akademischer Direktor verließ. Er war Verwaltungschef des Hauses, das er auf kollegiale, ruhige, freundliche, aber zielorientierte Weise führte. „Roland war ein aufrechter und ehrlicher Kerl, uns Jüngeren immer ein guter Freund“, sagt Helmut Zimmer (80), der Fußball- und Turndozent.

 

Volker Heindel (81), der Basketball- und Handball-Meister und -Lehrer, lernte Roland Vierneisel 1955 während eines Zeltlagers anlässlich der Studenten-Weltmeisterschaft in San Sebastian kennen, woraus sich eine lebenslange Freundschaft entwickelte. Gerne erinnert man sich am Sportinstitut an die Entwicklungshilfe-Projekte und viele Reisen nach Ägypten, Malta und Sambia, an die zahllosen Skikurse in Les Arcs 1600 – Sohn Peter hat nachgerechnet, dass der Vater im grünen Skianzug und mit roten Stiefeln insgesamt vier Jahre seines Lebens in diesem Wintersportort verlebt hat – und an die freitäglichen Tennis-Doppel mit Eberhard Bucke (†), Vierneisels Nachfolger Gerhard Hamsen, Klaus Roth und Helmut Zimmer. Mit 90 Jahren war Roland Vierneisel noch auf der Skipiste und konnte einbeinig wedeln.

 

Nachdem Roland Vierneisel 1958 Helga Peter, die Schwester des Hockey-Olympiasiegers „Michi“ Peter (†) geheiratet hatte, erlebte er mit Freude und Stolz, dass die Söhne Peter (62) und Uli (60) gute Sportler und 1982 mit dem HC Heidelberg deutsche Hockey-Meister wurden. Vierneisel engagierte sich im USC Heidelberg 40 Jahre lang als Leichtathletik-Abteilungsleiter und als stellvertretender Vereinsvorsitzender. Der Bau der Tennishalle und die Organisation des Zehnkampfes 1967 mit Kurt Bendlins Weltrekord sowie der Weltspiele der Gelähmten 1972 in Heidelberg sind auch seine Verdienste.

 

Am 24. November ist Roland Vierneisel im Alter von 92 eingeschlafen. Viele Menschen sind ihm dankbar für seinen Rat, seine Freundschaft und seine Güte.

 

Bildtext

 

Roland Vierneisel, der Verwaltungsdirektor des Heidelberger Sportinstituts, ist im Alter von 92 Jahren gestorben. Foto: Helmut Pfeifer

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