Böses Foul an Alfons Hörmann
Kaum zwei Monate vor der Mitgliederversammlung des Deutschen Olympischen Sportbundes am 4. Dezember in Weimar war der scheidende DOSB-Präsident Alfons Hörmann in Bad Krozingen beim Badischen Sportbund Süd zu Gast und nahm vor den Delegierten der Verbände und Vereine Stellung zu brennenden Themen des Sports – während der abflauenden Coronavirus-Pandemie und nach den Olympischen und Paralympischen Spielen in Tokio.
Der 61-jährige Unternehmer aus Sulzberg im Allgäu, um deutliche Stellungnahmen noch nie verlegen und deshalb in den drei baden-württembergischen Sportbünden hoch geschätzt, sprach Klartext, bedankte sich bei BSB-Süd-Präsident Gundolf Fleischer für Loyalität und kritische Freundschaft und verlieh dem 78-Jährigen die Goldene DOSB-Ehrennadel.
Das Coronavirus hat den Sport beschädigt. Hörmann betonte, dass der Sport entschlossen zur Bekämpfung der Pandemie beigetragen habe, bedauerte aber, dass Politiker und Ministerialbeamte kaum bereit und fähig waren, die Notwendigkeiten des Gesundheitsschutzes in den diversen Sportarten differenziert zu betrachten. Dass die Fußball-Profiligen Vorreiter bei einer schrittweisen Öffnung zur Normalität und damit Vorbild für andere Sparten sein durften, bewertete Hörmann positiv. Doch viele Sportarten mit ebenfalls geringem Ansteckungsrisiko mussten sich benachteiligt fühlen. „Der Schulsport und der Schwimmunterricht waren schon vor der Pandemie in einem erschütternden Zustand“, sagte der DOSB-Präsident an die Adresse der Kultusminister.
Durch die Pandemie und die fehlende Möglichkeit, neue jugendliche Mitglieder für die Vereine zu werben, muss der DOSB einen Mitgliederrückgang verkraften. Während Südbaden mit einem Schwund von 2,1 Prozent und Nordbaden mit 3,14 Prozent (= 24 764 Personen) glimpflich davongekommen sind, liegt der bundesweite Mitgliederverlust 2020 bei zehn bis 15 Prozent. „Schmerzlich ist auch der Verlust an ehrenamtlich Engagierten, den wir auf 20 Prozent beziffern“, sagte Hörmann. Es sei wichtig zu versuchen, diese Mitarbeiter neu zu begeistern. Von der von der Politik zur Verfügung gestellten Pandemiehilfe seien 2020 nur 70 Millionen Euro in Anspruch genommen worden, weil „die überbordende Bürokratie die Vereinsvorstände von einer Antragstellung abgeschreckt hat“.
Dass die Olympischen und Paralympischen Spiele 2020 im Sommer 2021 in Tokio stattgefunden haben, findet Hörmann gut und vor allem deshalb wichtig, weil das IOC so die Mittelverteilung auf die Weltverbände gewährleisten konnte. „80 Prozent des Weltsports wären ohne die IOC-Zuschüsse nicht lebensfähig“, behauptete der DOSB-Präsident, der Olympia in Tokio als Chef der deutschen Delegation erlebt hat und feststellte: „Es war für uns alle ein Pflichtprogramm, aber es hat keinen Spaß gemacht.“ Er habe zwar etliche Medaillengewinne seiner Schützlinge vor Ort erlebt, aber nicht in den Umkleidekabinen gratuliert, „denn ich bin nicht Angela Merkel!“ Zum sportlichen Ergebnis von Olympia äußerte sich Hörmann glasklar: „Im Spitzensport leuchtet die Alarmstufe Hellrot! Und bei den Winterspielen in Peking wird der Absturz im Medaillenspiegel noch größer sein. Mir fehlt wirklich die Fantasie, wie es gelingen könnte, den Schalter umzulegen.“
Hörmann begrüßte es zwar, dass nach Jahren der Stagnation in der Spitzensportförderung der Mittelaufwuchs um 150 Millionen Euro endlich zur Erfüllung der Bedingungen für die Spitzensportreform von 2015 geführt habe, doch werde die Förderung kaum auf die Bedürfnisse in den Sparten zugeschnitten und die Evaluierung der Leistungsfähigkeit von Verbänden sei „eine bürokratische Zumutung.“ Er prophezeite: „Der deutsche Sport wird in zehn Jahren dort erfolgreich sein, wo der Staat nicht mitmischt, und dort scheitern, wo Beamte die Finger im Spiel haben.“ Und er forderte die Delegierten auf: „Sie müssen entscheiden, ob Sie in Deutschland einen freien Sport oder Staatssport wünschen.“
Durch Medienberichte war bekannt geworden, dass der DOSB-Präsident durch einen anonymen Brief von Mitarbeitenden im „Hause des Sports“ beschuldigt worden ist, dort „ein Klima der Angst“ zu verbreiten und Mitarbeitende zu mobben. Forensische Untersuchungen der Staatsanwaltschaft und der Kriminalpolizei haben, so Hörmann, inzwischen aber ergeben, dass keine Mitarbeiterin und kein Mitarbeiter des DOSB diesen Brief geschrieben hat. Vielmehr sei das ein von einem offenbar überehrgeizigen Fachverbandspräsidenten verfasstes und an die Medien durchgestochenes Fake, um Hörmann öffentlich zu diskreditieren. Er habe daraus seine Konsequenzen gezogen und werde sich in Weimar nicht mehr zur Wahl stellen.
Offenbar wird im deutschen Sport gegenwärtig grob gefoult.
Schneller schlauer mit der Rhein-Neckar-Zeitung!
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