„Schwarze Adler“ haben sich Respekt
verschafft
Die deutsche Rugby-Nationalmannschaft
wurde mit viel Beifall ihrer Schlachtenbummler und angemessenem Lob der
Fachleute aus der zweiwöchigen WM-Qualifikation in Marseille entlassen. Das
Team von Kapitän Michael Poppmeier (SC Frankfurt 1880) hat zwar wegen der
10:29-Niederlage gegen Turniersieger Kanada das drittgrößte Sportereignis nach
der Fußball-WM und Olympia verpasst, sich aber mit allen drei Turnierspielen
und vor allem mit dem abschließenden 43:6-Erfolg gegen Kenia Respekt
verschafft.
Im Rugby zählt jeder Sieg und wirkt sich
direkt auf die Weltrangliste aus. Die Deutschen sind auf Platz 29 ins Turnier
gestartet und werden am heutigen Montag erfahren, was der Lohn ihrer Mühen ist.
World Rugby wird die neueste Rangliste veröffentlichen. Im Rugby ist es bei
einer Tournee im Ausland aber auch von Bedeutung, die Serie zu gewinnen, was
den Spielern von Bundestrainer Mike Ford (England) mit 2:1 gelungen ist.
Bill Beaumont (66) hätte seine Serie auch
gerne gewonnen. Der englische Zweite-Reihe-Hüne, der sein Nationalteam 1980 zum
Grand Slam im Fünf-Nationen-Turnier geführt hatte, war im gleichen Jahr Kapitän
der British & Irish Lions, die bei ihrer Südafrika-Tournee mit 0:3
scheiterten und von den „Springboks“ drei Mal bezwungen wurden. Heute ist Bill Beaumont
Präsident von World Rugby und sagte in Marseille: „Die deutsche Mannschaft hat
mich beeindruckt und keinesfalls enttäuscht. Das Team ist auf einem guten Weg
und hat mit Mike Ford, den ich sehr gut kenne, einen exzellenten Trainer. Ich
hoffe, dass sie ihren Weg weiter gehen können und dass es dem Verband gelingen
wird, Rugby gut zu entwickeln.“ Und Gilbert Celli (San Marino), seit zwei
Jahren Generalsekretär von Rugby Europe, sagte: „Gegen Kenia hat mich das
deutsche Team begeistert. Leider waren die Kanadier noch einen Tick besser. Sie
haben es verdient, bei der WM 2019 in Japan zu spielen.“
Darüber gab es in Marseille keine zwei
Meinungen. Das deutsche Team, nach der Nachnominierung von Steffen Liebig
(Heidelberger Ruderklub) für den verletzten Jamie Murphy (Bridgend Ravens) 31
Spieler und 16 Mitglieder des Funktionsstabes, hatte in jedem ihrer drei
Turnierspiele sehr starke, aber auch einige unglückliche Spielphasen. Beim 26:9
gegen Hongkong war die erste Halbzeit (6:6) von überhastetem Spiel geprägt, ehe
Ruhe einkehrte und der Knoten platzte. Bei der Verteidigungsschlacht gegen
Kanada waren die ersten Minuten der zweiten Halbzeit fehlerhaft und
spielentscheidend, als aus dem 7:10 ein 7:17 wurde. Und gegen Kenia wurden in
der ersten Halbzeit (zu) viele Chancen vergeben, ehe die Afrikaner unter den
Augen ihres kontinentalen Präsident Abdelaziz Bougja (Marokko) dem deutschen
Powerplay nicht mehr gewachsen waren und klassisch ausgespielt wurden. Als
Fazit bleibt: Wenn die „Schwarzen Adler“ viel verteidigen müssen und kontern
können, sind sie gut. Wenn sie das Spiel machen müssen und der Gegner nur
wenige Chancen zulässt, haben sie Steigerungspotenzial.
In Marseille war Flankenstürmer Sebastian
Ferreira, in Chambéry unter Vertrag, der beste Spieler aller vier Teams und hat
sich das Prädikat „Weltklasse“ verdient. Bester Punktesammler war Verbinder
Raynor Parkinson vom SC Frankfurt 1880 mit 26 der insgesamt 79 deutschen Punkte
aus vier Straftritten und sieben Erhöhungen. Ferreira erzielte mit drei
Versuchen 15 Punkte, Hakler Kurt Haupt zehn Punkte, Matthias Schösser, Dash
Barber, Jacobus Otto, Steffen Liebig und Harris Aounallah jeweils fünf und
Christopher Hilsenbeck drei Punkte.
Ob Mike Ford die Fünfzehn weiter betreuen
darf, wird sich am 8. Dezember entscheiden, wenn DRV-Präsident Robin Stalker
(Nürnberg) den Führungsgremien seinen Geschäftsplan, den Personalplan und das
Budget vorlegen wird. Kapitän Poppmeier (36) sagte zu seiner Zukunft: „Ich bin
dabei, wenn Ford weitermacht.“ Das gilt auch für andere.
RNZ am 26. November 2018