Warum nur spielen Frauen Fußball?
Man
könnte die Uhr danach stellen. Im Sommer eines jeden ungeraden Jahres wird an
Stammtischen, wo Männer Erholung von Arbeit und Familie suchen, eine
Grundsatzfrage diskutiert: Warum nur spielen Frauen Fußball? Wer sich als
Christenmensch einbisschen auskennt, hat die Antwortschnell parat, denn sie
steht im Buch der Bücher. Im 1. Buch Mose, Kapitel2 wird beschrieben, wie der
Herr dem ersten Menschen
Adam eine Rippe abknackte,um daraus Eva, das erste Weib, zu basteln. Ob dem
Herrn wirklich bewusst war, was er damit anrichtete,wissen wir nicht. Wir
hinterfragen
es auch nicht, denn
es entspricht gegenwärtig nicht der deutschen Staatsräson, die Taten des
Herrn sowie der Menschenkinder Angela Merkel, Benjamin Netanjahu, Barack Obama,
Wladimir Putin und Thomas de Maizière zu hinterfragen.
Mit Eva führte der
Herr jedenfalls auch Dinge ein, die es vorher im Paradiesund auf Erden nicht
gegeben hatte: Neben der Liebe, von der Männer wie Frauen gleichermaßen
etwas haben, auch Weiberkram wie Eleganz, Charme, Liebreiz, Mode, Chic, Shopping
und Neugier, Jahrhundertespäter auch Strickzeug, Nähnadeln, Küchenherde,
Wischmopps und Spüli, für das sich Männer selten interessieren.Schon in den
Jahren um die Geburt von Gottes Sohn aber delektiertensich Männer in allen
Teilen derWelt, selbst im fernen China oder beiden Azteken, am Spiel mit einem
ballähnlichenSpielzeug, woraus sich überdie Jahrtausende der Fußball mit
Regelnund Spielen bei knapp 40 Grad,der DFB, die FIFA, der Kaiser, JogiLöw und
Sepp Blatter entwickelten.
Debatten am Stammtisch
Weil aber nicht nur
Männer, sondernauch Frauen schon im 1. BuchMose von der Neugier geplagt
werden,war es völlig klar, dass Frauenauch den Fußball entdecken würden.Es
dauerte zwar lange, bis Adamcheckte, was da lief, und er einen dickenHals bekam
– mein Papagei spricht vom „Adamsapfel“ –, aber nachdem derDFB sein von 1955
bis 1970 geltendesstriktes Frauenfußball-Verbot aufgehobenhatte, gab es für die
Frauenin ihrem Lieblingssport kein Haltenmehr. Heute hat der DFB unter
seinen6,7 Millionen Mitgliedern schonüber eine Million Frauen. Deshalb istes
kein Wunder, dass die deutsche Nationalmannschaftvon Anbeginn
derinternationalen Meisterschaften eineFührungsrolle einnimmt.
Es sind immer
Männer, die denFrauen das Spiel mit dem runden Plastikvermiesen wollen. Die
Redakteureeiner bilderreichen Tageszeitungschrieben nach der
0:1-Vorrundenniederlage gegen Norwegen das
böse Wortvon den „Rumpelfüßlerinnen“, und derPotsdamer Turbinen-ankurbler
BerndSchröder vertrat im gleichen Mediumdie Auffassung, dass Männer die
besserenFrauentrainer seien.
Wäre Silvia Neid
ein Mann, so hättesie darauf mit einer Wutrede reagiertwie weiland der
Rumpelfüßler-Trainer Rudi Völler im Dialog mit„Waldi“ Hartmann. Neid aber ist
keine Hauptsünde, wie uns
die KatholischeKirche lehren will, sondern eineDame mit Manieren, die ihren
Ärgerstill mit den Spielerinnen teilte und sieso zu einer wesentlichen
Leistungssteigerunganstachelte. Nach dem EM-Finale sagte sie auch wenig,sie
lachte einfach ein bisschen mehr.
Wenn also in zwei
Jahren erneut dieFrage aufkommen sollte, warum dieFrauen unbedingt Fußball
spielen wollen, wird mein Papagei ganz pragmatisch antworten: Weil es ihnen
Spaß machtund weil sie es können. Dabei ist es unerheblich,dass unser
Praktikant Kilian(14) nach dem 1:0 über Italien dieMeinung geäußert hat, dieses
deutscheFrauenteam werde „von jeder U14-Landesligamannschaft rasiert.“ Dennim
Einklang mit den schulischen Lehrplänenvon Baden-Württemberg sindwir der
Meinung, dass 14-Jährige nichtdie Aufgabe haben, Europameisterinnenzu rasieren.
Sie sollten vielmehr einbisschen mehr trainieren, damit sie auch mal wieder einen Titel gewinnen.
(Linksaußen am 29. Juli 2013)
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